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Gasumlage: Alle sind stinkig auf Robert Habeck


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Robert Habeck
Das Kartenhaus zerbricht

  • Johannes Bebermeier
Von Johannes Bebermeier

Aktualisiert am 26.08.2022Lesedauer: 5 Min.
26.08.2022, Berlin: Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, äußert sich bei einem Besuch der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur. Im Vordergrund brennt die Kontrolllampe einer Kamera. Die Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur koordiniert im Auftrag der Bundesregierung unter dem Dach der bundeseigenen NOW GmbH die Aktivitäten zum Ausbau der Ladeinfrastruktur in Deutschland. Sie soll beim Planen, Umsetzen und Fördern der Foto: Bernd von Jutrczenka/dpaVergrößern des Bildes
Robert Habeck: Eine erstaunliche Wende. (Quelle: Bernd von Jutrczenka/dpa)
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Robert Habeck muss die Gasumlage nachbessern, selbst die eigenen Leute rücken von dem Projekt ab. Das ist aus vielen Gründen ziemlich heikel.

Robert Habeck braucht eine Weile, aber dann muss auch er eingestehen, dass es so nicht weitergeht. Das mit der Gasumlage, das sei ja eine "im Prinzip richtige Entscheidung", verteidigt er sich zunächst noch. "Eine Legion von Juristen hat mir das so erklärt, dass es nicht anders gehen kann." Niemand habe ja gewusst, wie undurchsichtig der Gasmarkt sei. Alles ganz schwierig, rechtlich heikel, da kann man eigentlich gar nichts machen – das ist Habecks Botschaft, seit Tagen schon.

Doch an diesem Donnerstagabend, an dem der Wirtschaftsminister im westfälischen Münster vor Unternehmern spricht, belässt er es zum ersten Mal nicht dabei. Man habe da, gibt Habeck zu, "natürlich ein politisches Problem". Das habe ihm die letzten 48 Stunden "ganz schön versauert". Es sei "sicherlich moralisch nicht richtig", dass Unternehmen, die "ein Schweinegeld verdient haben", auch die Gasumlage bekämen. Und eben nicht nur die Unternehmen, für die sie eigentlich gedacht ist: solche, die kurz vor der Pleite stehen.

"Also", sagt Habeck irgendwann, "ich will damit nur sagen: Das schauen wir uns noch mal an."

Es ist das etwas verhuschte Eingeständnis, dass ihm bei der Gasumlage etwas passiert ist, das Habeck bislang weitgehend vermeiden konnte: ein kapitaler Bock. Sein Bock. Dem Minister, dem bislang so ziemlich alles zu gelingen schien, ist nun etwas kräftig misslungen. Und das ausgerechnet bei dem Problem, das viele in der Ampelkoalition ohnehin fürchten: den Energiepreisen und der Frage, ob die Leute das eigentlich alles einfach so mitmachen.

Fundamentalkritik vom Koalitionspartner

Es ist eine einigermaßen erstaunliche Wende von Robert Habeck. Nicht deshalb, weil sie nicht geboten wäre, sondern vor allem, weil sie relativ spät kommt. Habeck wirkt inzwischen wie ein Getriebener. Seit Tagen schon wird er für seine Gasumlage kritisiert. Die Union hat sich sogar ein neues Wort ausgedacht, um es dem beliebten Wirtschaftsminister mal so richtig zu zeigen: Die "Chaosumlage" nennt sie sein Projekt.

Doch die Kritik kommt eben auch aus der Ampelkoalition selbst und sie ist heftig. Schon am Montag sagte der Grünen-Wirtschaftspolitiker Dieter Janecek der "taz", man müsse im Zweifel "die Kriterien anschärfen", wenn profitable Unternehmen nicht von sich aus auf die Umlage verzichteten. Am Dienstag forderte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert von Habecks Ministerium, "diese Bereicherung auf Kosten der Gaskunden" müsse "nun klipp und klar" ausgeschlossen werden. Am Mittwoch sagte FDP-Justizminister Marco Buschmann dem Portal "The Pioneer", er "gehe davon aus, dass der Energieminister sich etwas überlegt".

Und Kevin Kühnert legte am Freitag im MDR noch einmal nach. Das "argumentative Kartenhaus" breche zusammen, wenn Unternehmen profitierten, die gar nicht von der Insolvenz bedroht seien. Er meinte damit: Habecks Kartenhaus. "Es sind viele Kolleginnen und Kollegen im Bundestag stinkig", sagte Kühnert. Sie hätten in ihren Wahlkreisen erklärt, dass es um die Rettung vor der Pleite gehe, und merkten jetzt: "Pustekuchen, ist ganz anders." Und das in einer Zeit, in der die Politik "massiv auf Vertrauen angewiesen" sei.

Es ist eine Fundamentalkritik vom Koalitionspartner, neben der die Union mit ihrer "Chaosumlage" fast ein bisschen brav wirkt.

Oder alles bricht zusammen

Noch am Mittwoch hatte sich Robert Habeck mittags vor das Kanzleramt gestellt und seine Umlage verteidigt. Er war da gerade mit Olaf Scholz aus Kanada zurückgekehrt, mit seinen Ministerkollegen hatte er kurz zuvor im Kabinett gesprochen. Müde sah er aus, aber einlenken wollte er da noch nicht.

Der Rechtsanspruch auf die Gasumlage, argumentierte Habeck, müsse für alle gleich sein. Heißt: Unternehmen, denen russische Gaslieferungen ausfallen und die das Gas teuer ersetzen müssen, bekommen Geld. Egal, ob sie in anderen Sparten viel Gewinn machen. Rechtlich alternativlos, und ohne Umlage breche die Energieversorgung zusammen, so das Argument.

Etwas anderes ging am Mittwoch im Erstaunen über Habecks Chuzpe dann ein wenig unter. Dass er das mit den Energiekonzernen und ihren Gewinnen nämlich natürlich auch problematisch findet. "Man muss der Logik des Gesetzes zufolge Gewinne dieser Unternehmen an anderer Stelle besteuern", sagte Habeck. Und meinte damit: die Übergewinnsteuer. Gäbe es sie, so der Gedanke, wäre das mit der Gasumlage gar nicht so schlimm.

Das Problem daran ist nur, dass es nicht so aussieht, als würde die FDP eine Übergewinnsteuer mitmachen. Mal abgesehen davon, dass unklar ist, ob sie bei den Gasumlage-Unternehmen überhaupt greifen würde.

Immer Ärger mit der Umlage

Zu allem Unglück, das kann man dieser Tage leicht vergessen, ist die Sache mit den Krisenprofiteuren längst nicht das einzige Problem der Gasumlage. Noch immer ist etwa unklar, wie und ob Fernwärmekunden und Menschen mit Festpreisverträgen an der Umlage beteiligt werden, mit der die Last ja eigentlich solidarisch auf alle Kunden verteilt werden soll.

Und dann wäre da noch die Posse mit der Mehrwertsteuer. Eigentlich wollte Habeck auf die Umlage keine Mehrwertsteuer erheben, damit der Staat nicht noch zusätzlich profitiert. Doch die EU genehmigte die Ausnahme nicht. Also entschied sich die Bundesregierung, die Mehrwertsteuer auf Gas gleich insgesamt von 19 auf 7 Prozent zu senken.

Dadurch sparen Kunden nun letztlich mehr ein, als durch die Umlage auf den steigenden Gaspreis draufgeschlagen wird. Nicht nur Ökonomen fragen sich deshalb, warum der Staat das Geld dann nicht gleich aus Steuern an die Konzerne überweist. Das Argument des Wirtschaftsministeriums jedenfalls, die durch die Umlage zusätzlich steigenden Preise sollten ein weiterer Anreiz zum Gassparen sein, ist damit hinfällig.

Da nützt es Robert Habeck auch nicht viel, dass die Mehrwertsteuer-Entscheidung dem Vernehmen nach vor allem auf Olaf Scholz zurückgeht.

Ministerium: "Das ist extrem anspruchsvoll"

Wie weiter also mit der Gasumlage? Habeck, so sagt er es am Donnerstagabend in Münster, wolle nun noch einmal ganz genau gucken, "ob wir einen juristisch sicheren Weg finden", diejenigen Unternehmen auszuschließen, die kein Geld bräuchten.

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Die Erwartungen an ihn sind hoch: Die Defizite "müssen schnellstmöglich behoben werden", sagt FDP-Energiepolitiker Michael Kruse t-online. "Der Empfängerkreis sollte so eingeschränkt werden, dass nur Unternehmen Ausgleichszahlungen beanspruchen können, die in eine wirtschaftliche Schieflage geraten sind und bei denen dies auch festgestellt worden ist." Das sei Anfang Juli "die Vereinbarung zwischen den Ampelpartnern" gewesen. Eine "exakte Umsetzung dieses Vorschlags empfehle ich Bundeswirtschaftsminister Habeck deshalb dringend".

SPD-Chefin Saskia Esken machte am Freitag einen Vorschlag, wer über die Bedürftigkeit entscheiden könnte. "Am Ende müssen Wirtschaftsprüfer und muss auch die Bundesnetzagentur die Ansprüche der Unternehmen prüfen", erklärte sie im ZDF-"Morgenmagazin".

Ob es so einfach funktioniert? Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums sagt t-online auf Anfrage: "Die verfassungsrechtlichen Hürden (Gleichbehandlungsgrundsatz) und die Hürden des EU-Beihilferechts sind hierfür hoch." Sie könne noch nicht ins Detail gehen, das Ministerium prüfe aber erneut, wie man die Umlage rechtssicher beschränken könne. Doch sie sagt auch: "Das ist extrem anspruchsvoll."

An der Gasumlage will Habeck aber offensichtlich festhalten. "Die Umlage selbst ist notwendig, um die Gasmärkte am Laufen zu halten und so die Versorgung mit Gas für alle Kunden weiter zu gewährleisten", sagt die Sprecherin. "Unternehmensrettungspakete allein reichen angesichts der sehr angespannten Lage der Gasmärkte gerade nicht." Wegen der Lage und des komplexen Zusammenspiels zwischen Langfristverträgen, Spotmärkten und Ratings "braucht es die Umlage".

Da allerdings sind sich inzwischen nicht alle in der Ampelkoalition mehr so sicher. Wenn sich zeigen sollte, sagte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert am Freitag, dass das juristisch nicht gehe: "Dann kommt der Punkt, wo wir, glaube ich, noch mal die Köpfe zusammenstecken und überlegen müssen, ob uns nicht noch ein besseres Instrument einfällt als die Gasumlage."

Verwendete Quellen
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