"Maischberger" zur "Letzten Generation" Schwester der toten Radfahrerin hat eine Botschaft an Klimaaktivisten
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Anja Umann gibt der "Letzten Generation" eine Mitschuld am Tod ihrer Zwillingsschwester nach einem Unfall. Gefährdung von Menschen sei moralisch nicht vertretbar, sagte sie bei "Maischberger".
Die Umstände des Todes von Sandra Umann sind noch immer nicht abschließend geklärt. Ihre Zwillingsschwester Anja Umann aber sieht auch die Klimaaktivisten von der "Letzten Generation" in der Verantwortung. Vieles würde darauf hindeuten, dass ihre Schwester noch am Leben sein könnte, sagte sie am Mittwochabend in der ARD-Talkshow "Maischberger" – wenn eben durch auf der Straße festgeklebte Protestler ein Rettungsfahrzeug nicht im Stau gestanden hätte. Ihre Botschaft an die "Letzte Generation": "Überlegen, ob Hass, Wut und Zerstörung der richtige Weg ist zur Veränderung."
Die Gäste
- Anja Umann, Modedesignerin
- Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Außenpolitikerin
- Ralf Stegner (SPD), Außenpolitiker
- Hannes Jaenicke, Schauspieler
- Alev Doğan, Journalistin "The Pioneer"
- Wolfram Weimer, Publizist
Umann warf der "Letzten Generation" vor, mit ihren Aktionen Helfer zu behindern: "Da ist der Fall meiner Schwester nur einer, der exemplarisch noch mal ganz stark verdeutlicht, was im schlimmsten Fall passieren kann – ist aber nicht der einzige." Die Berlinerin verwies auf Angaben der Feuerwehr, laut der seit Juli 2022 bei 18 Aktionen der Klimaprotestler 13-mal Rettungskräfte verzögert am Zielort eingetroffen sein sollen.
"Das zeigt in meinen Augen die Problematik, wo die Gefährdung der Sicherheit von Menschen bewusst in Kauf genommen wird, was aus meiner Sicht moralisch und ethisch einfach übers Ziel hinausschießt und nicht mehr vertretbar ist", sagte die 44-Jährige.
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Appell an die "Letzte Generation"
Umann und ihre Schwester hatten ein veganes und nachhaltiges Modelabel gegründet. "Deswegen sind die Ziele der 'Letzten Generation' welche, mit denen wir uns immer identifizieren konnten. Nur haben wir einen anderen Weg gewählt", sagte die Berlinerin. Sie rief die "Letzte Generation" zum Umdenken auf: "Selbst handeln, aktiv was beitragen; versuchen, mit Lösungsansätzen zu überzeugen, statt mit blindem Protest."
Umann sah aber auch eine Mitschuld von Politik und Verwaltungen. "Radfahren in Berlin ist lebensgefährlich", kritisierte sie bei "Maischberger". An dem Ort, an dem ihre Schwester von einem Betonmischer überfahren worden war, würden eine große Baustelle, ein maroder Radweg und eine umständliche Routenführung die Fahrradfahrer auf die Straße zwingen. "Es ist eine Stelle, an der Radfahrer auf der Straße wie Freiwild sind", sagte Umann.
Wenn in einer Großstadt wie Berlin jeden Monat ein Radfahrer getötet werde, müsse sich endlich etwas bewegen. Es gebe aber auch einen "Kampf" zwischen den Verkehrsteilnehmern: "Da einen toleranteren, achtsameren Umgang miteinander zu finden, das wäre sicherlich schon mal ein erster Schritt, wo jeder von uns etwas beitragen könnte."
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Tempolimit "grotesk unwichtig"?
Zuvor hatte in der Kommentatoren-Runde das Tempolimit, das die "Letzte Generation" fordert, für Streit gesorgt. Nur ein Prozent der deutschen Straßen seien ohne Tempolimit, sagte der "Cicero"-Gründer Wolfram Weimer: "Es ist grotesk unwichtig, aber es wird so politisiert." Damit brachte er Schauspieler Hannes Jaenicke zur Weißglut. "Es gibt kein einziges Argument gegen ein Tempolimit. Wir sind das einzige Land der Welt, was es nicht durchkriegt. Ein Erstklässler weiß, dass ein Auto bei 100 Kilometer weniger verbraucht als bei 160", schimpfte er.
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Hitzig ging es erwartungsgemäß auch im Gespräch der Außenexperten Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) und Ralf Stegner (SPD) zu. Die Ampelkoalitionäre werden wegen ihrer unterschiedlichen Haltung zum Ukraine-Krieg von Talkshow-Machern gern als Duo eingeladen. "Müssen wir jetzt Kampfpanzer liefern, nur damit wir zeigen, wir haben eine Führungsrolle?", fragte der Sozialdemokrat. "Ja", bekräftigte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestags. "Es geht darum, auch mal Initiative zu ergreifen."
Weniger erfolgversprechend sind ihrer Ansicht nach Gespräche der Bundesregierung mit dem russischen Machthaber Wladimir Putin. "Ich glaube, dass unser Einfluss auf Putin gen null geht. Es ist gut, dass der Kanzler sich da bemüht. Ich glaube, das interessiert Wladimir Putin null", sagte sie. Die von Stegner stets angemahnte Diplomatie dürfe nur aus einer Position der Stärke heraus geschehen – denn der "unzivilisierte" Kremlchef verstehe nur Stärke.
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Maischberger: "Müssen Sie nicht vorsichtiger sein?"
"Da hat die Welt gestern schon den Atem angehalten", kommentierte Stegner den Einschlag einer Rakete auf polnischem Gebiet, bei dem zwei Männer getötet worden waren. Strack-Zimmermann hatte in der Nacht in einem später gelöschten Tweet geschrieben, dass es sich offenbar um russische Raketen gehandelt hatte. Mittlerweile geht die Nato von einem ukrainischen Querschläger aus.
"Müssen Sie nicht vorsichtiger sein?", fragte Sandra Maischberger die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses. Sei es nicht ein entscheidender Unterschied, ob Russland auf Nato-Gebiet feuere? "Da haben Sie recht", räumte die Liberale ein. Sie warnte davor, den Vorfall der Ukraine anzulasten: "Was nicht passieren darf, ist, dass wir Täter und Opfer verwechseln."
- daserste.de: "Maischberger" vom 16. November 2022"