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Scholz gegen Merz im Kanzler-Duell: Wer sagt ihnen die Wahrheit?


Scholz gegen Merz
Keiner weiß, warum

MeinungVon Sara Sievert

Aktualisiert am 01.10.2024Lesedauer: 4 Min.
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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD): Friedrich Merz will auf seinen Posten.Vergrößern des Bildes
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD): Friedrich Merz will auf seinen Posten. (Quelle: Kira Hofmann/imago)

Olaf Scholz und Friedrich Merz haben etwas gemeinsam: Beide glauben, sie können die Bundestagswahl in einem Jahr für ihre Partei gewinnen – locker. Dabei sind mit ihnen die Aussichten weder für die SPD noch für die Union toll.

Olaf Scholz und Friedrich Merz würden wohl nicht von sich behaupten, viele Gemeinsamkeiten zu haben. Im Gegenteil. Kanzler und Oppositionsführer halten einander für eine Art politischen Totalausfall. Von der Sorge, der andere könnte in der Bevölkerung ein besseres Bild abgeben als man selbst, kann weder bei Scholz noch bei Merz die Rede sein.

In einer Sache haben die zwei Männer dann also doch etwas gemeinsam: Beide sind überzeugt davon, der Bessere zu sein, um die Wahl für ihre Partei gewinnen zu können – ohne Probleme. Scholz, weil er glaubt, gute Arbeit zu machen. Die Menschen haben es nur noch nicht verstanden (aber werden sie noch). Und Merz, weil er denkt, das Land sieht in ihm den Erlöser.

Dass unter vielen Wählerinnen und Wählern eine gänzlich andere Meinung herrscht? Egal. Beide Kandidaten machen es sich hier bislang zu leicht. Denn der Wahlsieg dürfte mit keinem von ihnen einfach werden.

Wer glaubt, die Messe ist gelesen, sollte Laschet fragen

Erst am Wochenende gab es einen Vorgeschmack darauf, wie etwa Friedrich Merz vorhat, mit den eigenen Schwachstellen umzugehen. Denn es ist so: In den vergangenen Monaten kam in der CDU immer wieder die Frage auf, ob das Soziale ausreichend abgedeckt sei. Und ob ein Mann, der Millionen verdient hat, die Mitte der Gesellschaft verstehe. Ein wichtiges Thema für eine Partei, die Wahlen bislang in der Mitte gewonnen hat, sollte man meinen.

Da wird es den ein oder anderen irritieren, dass der CDU-Vorsitzende jetzt in einem Interview mit der "Bild am Sonntag" sagte: "Wirtschaftlicher Erfolg gehört dazu, den darf man auch – man muss nicht protzen – zeigen. Und dann kann man auch andere ermutigen und ermuntern und sagen: Macht es nach."

Also, nicht Merz muss sich ändern, sondern die Deutschen müssen ihre Mentalität ändern.

Tatsächlich ist es in solchen Momenten fast beeindruckend zu beobachten, mit welcher Sicherheit Merz davon ausgeht, dass bei der Wahl im kommenden Jahr für ihn nichts mehr schiefgehen kann. Es stimmt, die Umfragewerte der vergangenen Monate sprechen dafür, dass die Union gute Chancen hat. Immerhin kommen SPD, Grüne und FDP mittlerweile nicht einmal mehr zusammen auf den Wert von CDU und CSU. Nur, jetzt zu glauben, dass die Messe damit gelesen ist, wäre fatal. Wer wissen will, wie lang zwölf Monate dauern können, sollte den ehemaligen Kanzlerkandidaten der Union, Armin Laschet mal fragen. Im September ein Jahr vor der vergangenen Bundestagswahl (also 2020) lag die Union in den Umfragen bei 36,5 Prozent. Das ist wohlgemerkt mehr als jetzt gerade. Am Ende haben sie trotzdem verloren.

Und: Nur weil CDU und CSU jetzt besser dastehen als die unbeliebte Ampel, heißt das noch nicht, dass die Menschen in ihr eine bessere Alternative sehen. Die Persönlichkeitswerte von Merz lassen nach wie vor zu wünschen übrig. Darauf zu hoffen, dass die Wählerinnen und Wähler "den Friedrich schon noch besser kennen und schätzen lernen" (wie sie es in der Partei gerne sagen) ist ungefähr so, wie zu argumentieren, das fehlende Geld im Haushalt werde schon durch den wirtschaftlichen Aufschwung, von dem keiner weiß, wo er herkommen soll, in die Kassen gespült.

Wo bleibt die Sympathie-Offensive? Denn ob die CDU es nun wahrhaben will oder nicht, am Ende hängen Wahlergebnisse mehr denn je am Spitzenkandidaten. Die Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg haben einmal mehr gezeigt, wie entscheidend Persönlichkeiten auf den letzten Metern doch sind.

Scholz' fehlende Strategie: der Wow-Effekt kommt wohl noch

Und dann ist da auf der anderen Seite der Kanzler. Der ein Selbstbewusstsein hat, von dem man sich fragt, woher er es nimmt. Denn dass die SPD 2021 die Bundestagswahl gewonnen hat, lag vor allem auch an der Schwäche der CDU/CSU. Nicht so sehr an der Popularität von Scholz. Trotzdem scheint der fest zu glauben, dass Merz gegen ihn nicht gewinnen kann. Warum? Ja, das weiß keiner so wirklich. Aber Scholz weiß es. Und wir anderen werden schon sehen.

Dabei sinkt die Zufriedenheit mit dem Kanzler von Woche zu Woche. Hinzu kommt die seit Langem verfahrene Situation in der Ampel. Dort torpediert die FDP gefühlt alles, was nicht bei drei auf dem Baum ist. Und bei den Grünen wurde vergangene Woche mit dem Rücktritt der gesamten Parteispitze und dem geschlossenen Austritt des Vorstandes der Grünen Jugend so halb die Partei angezündet. Eine Erschütterung für die Koalition, nach der viele gespannt waren, wie wohl der Kanzler auf sie reagiert. Doch von Scholz keine Spur. Allein Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte dazu am vergangenen Mittwoch, das habe keinerlei Auswirkungen auf die Koalition.

Wer beim Kanzler Führung bestellt, bekommt also mal wieder: nichts.

Wo bleibt die Wende? Wenn Scholz tatsächlich eine Strategie verfolgt, scheint die nicht zu wirken. Es stimmt, dass die SPD bei der vergangenen Bundestagswahl erst auf den letzten Metern im Spätsommer aufholte. Darauf jedoch noch einmal zu setzen, ist mehr als riskant.

Selten hat eine Bundestagswahl die Menschen so früh beschäftigt wie dieses Mal. Vielleicht sogar noch nie. Das liegt wohl auch daran, dass so viel über Neuwahlen gesprochen wird. Und lauscht man in diesen Tagen den Gesprächen auf Marktplätzen, an Stammtischen oder in Bierzelten, hört man mit Blick auf die Entscheidung zwischen Scholz und Merz immer wieder vor allem eines: Verzweiflung.

Statt also vor Selbstbewusstsein zu strotzen, sollten beide Männer einen tiefen Blick in den Spiegel wagen. Eine Wahl zu gewinnen, nur weil der andere am Ende noch unbeliebter ist als man selbst, sollte eigentlich nicht das Ziel sein. Der demokratischen Mitte hilft das jedenfalls nicht.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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