Deutsche Regierung will Migranten zurückweisen Polen lehnt schärfere Grenzkontrollen ab

Polens designierter Botschafter fürchtet weitere Behinderungen an der Grenze zu Deutschland. Auch deshalb mahnt er den neuen Minister Dobrindt in der Asylwende.
Die polnische Botschaft in Berlin hat sich skeptisch über eine Verschärfung der deutschen Grenzkontrollen geäußert, wie sie von CDU-Chef Friedrich Merz und dem designierten CSU-Innenminister Alexander Dobrindt angekündigt wurde. "Die jetzigen Kontrollen an der deutsch-polnischen Grenze sind schon ein Problem für den täglichen Grenzverkehr und das Funktionieren des EU-Binnenmarktes", sagte der Geschäftsträger der Botschaft, Jan Tombinski, der Nachrichtenseite "Politico". Er bezog sich auf bereits geltende Maßnahmen der alten Ampel-Regierung, welche für teils stundenlange Staus auf Straßen von Polen nach Deutschland gesorgt haben. "Wir wünschen daher nicht, dass es zu einer Verschärfung der Grenzkontrollen kommt."
Tombinski, der noch nicht offiziell als Botschafter ernannt ist, aber faktisch als solcher fungiert, fügte hinzu: "Wir stehen natürlich zu unserer Verpflichtung, die europäische Außengrenze – vor allem zu Russland und Belarus – zu schützen, erwarten aber gleichzeitig, dass die Freizügigkeit im europäischen Schengenraum erhalten bleibt." Das Schengen-Abkommen regelt seit 1985 das pass-kontrollfreie Reisen in Europa. Polen war dem Vertrag 2007 beigetreten.
Bedenken zu schwarz-roter Asylwende
Gefragt, ob Polen Zurückweisungen von Migranten akzeptieren würde, erklärte der designierte Botschafter, dass Polen zu seinen "Verpflichtungen im Rahmen der EU-Gesetzgebung" stehe, auch zu denen entsprechend dem neuen Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (GEAS).
Merz hatte angekündigt, die verschärften Kontrollen "vom ersten Tag" der Kanzlerschaft an durchzuführen zu wollen. Sein künftig zuständiger Ressortchef Dobrindt sagte der "Süddeutschen Zeitung": "Es wird sofort Entscheidungen geben." Ziel sei es, auch europäisch mehr zu erreichen. "Ich führe dazu bereits Gespräche mit europäischen Partnern", berichtete Dobrindt. Der designierte Kanzleramtsminister Thorsten Frei (CDU) kündigte im "Spiegel" an, dass zusätzliche Bundespolizisten an die Grenzen geschickt werden. Das sei ein wesentlicher Punkt. "Er wirkt kurzfristig."
Im Koalitionsvertrag haben CDU/CSU und SPD vereinbart: "Wir werden in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn Zurückweisungen an den gemeinsamen Grenzen auch bei Asylgesuchen vornehmen." Zwischen Union und SPD ungeklärt ist aber, ob "in Abstimmung" bedeutet, eine Zustimmung der Nachbarn einzuholen oder sie lediglich zu konsultieren.
Ferner sagte Frei, die neue Bundesregierung werde sich dafür einsetzen, dass "wir gemeinsam mit unseren europäischen Partnern Asylverfahren auch außerhalb der EU abwickeln können, etwa in Staaten in Afrika, die als sichere Drittländer eingestuft sind".
- Nachrichtenagentur dpa