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Frank-Walter Steinmeier: Er will unbedingt – aber lassen sie ihn auch?


Neue Amtszeit für den Bundespräsidenten
Steinmeier will – aber darf er auch?


Aktualisiert am 28.05.2021Lesedauer: 4 Min.
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Steinmeier in Berlin: Der Bundespräsident will gern für eine zweite Amtszeit kandidieren.Vergrößern des Bildes
Steinmeier in Berlin: Der Bundespräsident will gern für eine zweite Amtszeit kandidieren. (Quelle: imago-images-bilder)

Bundespräsident Steinmeier strebt eine zweite Amtszeit an. Die SPD ist begeistert, doch die Union bremst. Vieles deutet darauf hin, dass die Entscheidung erst nach der Wahl im Herbst fällt.

Frank-Walter Steinmeier weiß, dass er dieses Mal scheitern könnte – und er versucht das Risiko gar nicht erst zu verbergen. "Gewissheit gibt es in der Demokratie nicht, auch nicht bei der Wahl des Bundespräsidenten", sagt Steinmeier am Freitagmorgen im Schloss Bellevue bei einem eilig einberufenen Pressestatement.

Zuvor hatte Steinmeier den Satz gesagt, der viele Akteure im politischen Berlin nun unter Zugzwang setzt: "Ich möchte mich für eine zweite Amtszeit als Bundespräsident zur Wahl stellen."

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Steinmeier will es also noch einmal wissen. Ob er allerdings auch darf, das ist alles andere als sicher. Denn für eine Mehrheit in der Bundesversammlung, die den Bundespräsidenten nächstes Jahr wählt, bräuchte er vermutlich die Unterstützung der Union. Und dort sehen viele gerade noch nicht wirklich ein, warum sie den SPD-Mann erneut ins höchste Staatsamt wählen sollten.

Brücken bauen

"Ich möchte unser Land auf seinem Weg in die Zukunft begleiten", sagt Steinmeier am Freitagmorgen, um seine erneute Kandidatur zu begründen. "Es sind bewegte Zeiten. Wir stehen vor wichtigen Wahlen, vor politischen Umbrüchen und vielen offenen Fragen." Ein Bundespräsident gebe dabei nicht die politische Richtung vor. "Aber ein Bundespräsident kann Brücken bauen."

Vor weiteren fünf Jahren Brückenbauen steht allerdings die Wiederwahl. Und die bringt für den Bundespräsidenten noch einige Hürden mit sich. Gewählt wird er durch die sogenannte Bundesversammlung, die sich zu gleichen Teilen aus Vertretern des Bundestags und von den Landesparlamenten entsandten Wahlleuten zusammensetzt. Im Moment sind das insgesamt 1.418. Die Mehrheit liegt also bei 710 Stimmen.

Auch wenn in der Vergangenheit immer mal wieder Bundespräsidenten breite Mehrheiten in der Bundesversammlung, die nur für die Wahl des Staatsoberhauptes zusammenkommt, hatten, bilden sich Mehrheiten eben doch auch an den Parteigrenzen entlang.

Auf die SPD kann Steinmeier natürlich zählen. Und wohl auch auf die Liberalen. FDP-Chef Christian Lindner hatte sich bereits für eine zweite Amtszeit ausgesprochen. Die Grünen sind wohl auch nicht grundsätzlich gegen Steinmeier. Doch selbst wenn die Bundestagswahl im Herbst die Verhältnisse zugunsten von Grünen und FDP verändern sollte, spricht im Moment vieles dafür, dass es bei der Wahl des nächsten Bundespräsidenten am 13. Februar 2022 nicht für eine Mehrheit aus SPD, Grünen und FDP reicht.

In der Vergangenheit war es zudem häufig so, dass die Parteien, die die aktuelle Bundesregierung stellen, auch versuchen, eine Mehrheit für einen Bundespräsidenten zu organisieren. Da im Moment vieles auf ein schwarz-grünes Bündnis im Bund hindeutet, werden vermutlich auch die Parteispitzen von Grünen und Union mitentscheiden, wer nächster Bundespräsident wird.

Steinmeier ist dennoch nun vorgeprescht: Mit seinem Vorstoß setzt er Grüne und Union unter Druck, denn die Aura, die den Bundespräsidenten umgibt, ist noch immer vergleichsweise groß. Einen Wahlkampf gegen ihn zu führen ist schwierig, weil Steinmeier aktuell die ganze Autorität seines Amtes einsetzt.

"Er schafft Vertrauen"

Darauf hofft man auch in der SPD. Und auf die Unterstützung der Union. Sie werde einen so starken Präsidenten nicht verhindern, heißt es aus Kreisen der Parteispitze. Steinmeier habe sich "mit seinem besonnenen und zusammenführenden Wesen, aber auch mit seiner mahnenden Art als Mutmacher während der Pandemie hervorgetan", sagt SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese t-online. "Er ist bei der Bevölkerung beliebt, schafft Vertrauen und ist somit eine unaufgeregte Persönlichkeit in aufgeregten Zeiten."

Bei der SPD heißt es, Union und auch Grüne müssten ja nun erst einmal einen eigenen Kandidaten präsentieren, wenn sie das denn überhaupt wollten. Ein bisschen Druck, sich zu positionieren, obwohl es offensichtlich noch keinen geborenen Kandidaten gibt – auch das ist wohl Teil der Strategie der SPD.

Fraktionsvize Wiese setzt bereits den Ton: "Das höchste Staatsamt darf nicht im allgemeinen Postengeschacher aufgerieben werden", sagt er. Und: "Es wäre ein wichtiges überparteiliches Zeichen, wenn er bei der Bundesversammlung im nächsten Jahr wieder das Vertrauen aller demokratischen Fraktionen erhält." Über die Unterstützung der FDP freue er sich. "Es wäre wünschenswert, dass sich auch die Grünen schon jetzt auf Steinmeier festlegen würden."

"Es ist Zeit für eine Frau"

Doch in der Union sieht die Zustimmung für Steinmeier bislang sehr überschaubar aus. Erwin Rüddel, Chef des Gesundheitsausschusses, sagt t-online: "Die Vorentscheidung über die nächste Bundespräsidentin oder Bundespräsidenten wird sicherlich im Rahmen von Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl getroffen." Die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Gitta Connemann, wählt noch deutlichere Worte: "Es ist Zeit für einen Wechsel. Und es ist Zeit für eine Frau. Frauen können Spitze. Nach 72 Jahren ist es Zeit für eine Bundespräsidentin."

Zu übergroßer Eile neigt man in der Union nicht. Erst einmal, so die Strategie, sollte der nächste Bundestag gewählt werden. CDU und CSU wollen vor allem mitreden. Und da nützt es wenig, einen Kandidaten der SPD zu unterstützen. Aus konservativen Kreisen der Partei heißt es, man müsse als Volkspartei den Anspruch haben, eigene Kandidaten zu unterstützen, und dürfe nicht von vornherein aufgeben. Der einflussreiche haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Eckardt Rehberg, sagt t-online: "Nach meiner Meinung sollten die Wahlen abgewartet werden, ehe personelle Festlegungen erfolgen."

Trotzdem gibt es auch vereinzelt positive Stimmen über Steinmeier. Fritz Güntzler, der stellvertretende Chef der niedersächsischen CDU, sagt dazu: "Ich kann das nur unterstützen. Ich fühle mich von ihm sehr gut repräsentiert." Güntzler sagt über einen eigenen Kandidaten: "Davon habe ich bislang nichts gehört in der Union."

Noch ist die Anzahl der Steinmeier-Unterstützer in der Union also begrenzt. Doch in den nächsten Monaten könnte sie wachsen, je nachdem, welche Koalitionsoptionen sich anbahnen. Falls die SPD sich doch zu einer weiteren großen Koalition durchringen sollte, würde auch die Zustimmung für Steinmeier in der Union stärker werden.

Doch eine Koalition, die eigentlich niemand will, scheint derzeit das einzige Szenario zu sein, in dem die Union beidreht, wenn sie sich nicht der Autorität des Amtes beugen will.

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