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Kritik an Horst Seehofer wächst: "Die CSU hat das Geschäft der AfD betrieben"


Alle gegen Seehofer
"Die CSU hat das Geschäft der AfD betrieben"

Von dpa
21.07.2018Lesedauer: 3 Min.
Innenminister Horst Seehofer (CSU) im brandenburgischen Meseberg: "Wir brauchen keinen ,Masterplan' für die Asylpolitik, sondern einen ,Masterplan' für die Zukunft."Vergrößern des BildesInnenminister Horst Seehofer (CSU) im brandenburgischen Meseberg: "Wir brauchen keinen ,Masterplan' für die Asylpolitik, sondern einen ,Masterplan' für die Zukunft." (Quelle: Ralf Hirschberger/dpa-bilder)
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Nach seinem erbittert geführten Streit mit der Kanzlerin wird es einsam um CSU-Chef Horst Seehofer. Auch im eigenen Lager wird die Kritik an seinem Gebaren immer lauter.

Nach Wochen des erbittert geführten Asylstreits hat Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) die CSU zur Mäßigung aufgerufen. Wenn sich der Koalitionspartner im Bund nicht endlich darauf besinne, "dass es eine gemeinsame Geschäftsgrundlage in Form der Koalitionsvereinbarung gibt, dann werden wir wahrscheinlich ein unruhiges zweites Halbjahr erleben", sagte Niedersachsens SPD-Chef.

Bei vielen Mitgliedern seiner Partei gebe es tiefe Verärgerung über das Gebaren der CSU, die Geduld seiner Partei sei allmählich aufgebraucht. Grünen-Chef Robert Habeck sieht die CSU-Führung gar im "Amok-Modus".

Die CSU unter Parteichef und Bundesinnenminister Horst Seehofer dringt seit langem auf einen schärferen Kurs in der Flüchtlingspolitik und setzte zuletzt Kanzlerin Angela Merkel (CDU) massiv unter Druck. Unionspolitikern zufolge war die Fraktionsgemeinschaft in Gefahr, bis letztlich doch eine Kompromisslösung – auch mit der SPD – gefunden und eine Regierungskrise verhindert wurde. Als Hintergrund des CSU-Vorgehens sehen viele die bevorstehende Landtagswahl in Bayern im Oktober.

Merkel beklagt schroffen Ton

Während die CSU wiederholt mit einem nationalen Alleingang drohte, bekräftigte Merkel am Freitag auf ihrer traditionellen Sommer-Pressekonferenz ihren europäischen Ansatz in der Flüchtlingspolitik noch einmal. Zugleich beklagte die Kanzlerin den oft sehr schroffen Ton in der Auseinandersetzung. Ihrer Ansicht nach führe dies zu Vertrauensverlust und befördere Politikverdrossenheit.

Weil hielt der CSU nicht nur eine Schädigung der politischen Ordnung, sondern auch der Interessen Deutschlands vor. "Die CSU hat, kurz gesagt, das Geschäft der AfD betrieben, und sie betreibt es nach wie vor", kritisierte Weil, der in der SPD als Hoffnungsträger gilt. "Das war ein schweres, politisches Versagen, das wir da erlebt haben und von dem ich auch noch nicht sicher bin, dass es beendet ist."

Seehofer "spielt mit der Rechtsstaatlichkeit"

Auch Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) warnte vor neuem Streit. Der Konflikt habe alle in Deutschland befremdet, sagte der Bundesfinanzminister der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten". Ihn habe "irritiert, mit welcher Selbstverständlichkeit insbesondere die CSU die eigenen Parteiinteressen mit dem Wohl des Staates verwechselt".

Grünen-Chef Habeck pochte auf den Rücktritt des Bundesinnenministers. Die CSU-Führung sei im "Amok-Modus", und Seehofer "spielt mit der Rechtsstaatlichkeit", sagte Habeck den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Das Innenministerium hält er für "erbärmlich geführt" unter Seehofer. "Er löst ja nie ein Problem, sondern löst eines nur durch das nächste ab. Erst Obergrenze, Ankerzentren, dann bricht er die Debatte um Zurückweisung anderswo registrierter Asylbewerber vom Zaun und lenkt von den Missständen beim Migrationsamt Bamf ab." Seehofer war wegen seiner Asylpolitik zuletzt auch parteiintern zunehmend in die Kritik geraten.

"Parolen der AfD übernommen"

Auch in seiner eigenen Partei wächst der Druck auf Seehofer. Der CSU-Politiker Stephan Bloch warf dem Bundesinnenminister vor, mit Ideologie statt mit Inhalten Politik zu machen. Der "Rheinischen Post" sagte Bloch: "Wir brauchen keinen ,Masterplan' für die Asylpolitik, sondern einen ,Masterplan' für die Zukunft." Bloch hatte vor kurzem die CDU/CSU-Plattform "Union der Mitte" gegründet. Sein Mitstreiter und Parteifreund Josef Göppel kritisierte: "Im Streit um Asyl sind Parolen der AfD übernommen worden und in der Wortwahl wurde der bürgerliche Anstand verlassen."

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, warf der CSU eine einseitige Haltung in der Flüchtlingspolitik vor. "In den letzten Monaten hat man aus der CSU im Hinblick auf die Flüchtlingspolitik immer nur davon gehört, wie man Flüchtlinge von uns fernhalten kann", sagte Bedford-Strohm, der auch bayerischer Landesbischof ist, der Tageszeitung "Die Welt". "Davon, dass wir auch eine humanitäre Verpflichtung zur Aufnahme haben, war wenig die Rede."

"Nationalist sein und katholisch sein, das geht nicht"

Zuvor hatte der Vorsitzende der katholischen deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, Seehofer sowie Bayerns Ministerpräsident Markus Söder angegriffen. Marx kritisierte in der Wochenzeitung "Die Zeit" sowohl Seehofers flapsige Bemerkung über die Abschiebung von 69 Afghanen an seinem 69. Geburtstag als auch das von Söder benutzte Wort "Asyltourismus".

Außerdem forderte Marx die CSU zu mehr Respekt für das "Christlich" in ihrem Namen auf: "Eine Partei, die sich für das C im Namen entschieden hat, geht eine Verpflichtung ein – im Sinne der christlichen Soziallehre besonders in der Haltung gegenüber den Armen und Schwachen." Dabei warnte er die CSU vor einem fortschreitenden Rechtskurs. Er halte es für eine falsche Einschätzung einer sehr komplexen Lage, "zu meinen, wir wandern am besten alle nach rechts, weil der Zeitgeist nach rechts wandert". Außerdem stellte Marx fest, "Nationalist sein und katholisch sein, das geht nicht."

Verwendete Quellen
  • dpa
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