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CDU-Parteitag: Kramp-Karrenbauer? Auf Merz lastet der größte Druck


Was heute wichtig ist
Kramp-Karrenbauer? Auf Merz lastet der größte Druck

MeinungVon Florian Wichert

Aktualisiert am 22.11.2019Lesedauer: 7 Min.
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Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.
Friedrich Merz beim 48. Landestag der Jungen Union am vergangenen Wochenende.Vergrößern des Bildes
Friedrich Merz beim 48. Landestag der Jungen Union am vergangenen Wochenende. (Quelle: Felix Kästle/dpa-bilder)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages:

WAS WAR?

Standing Ovations, Tränen der Freude und Erleichterung, Aufbruchstimmung: Am 7. Dezember 2018 um 16.57 Uhr war Annegret Kramp-Karrenbauer die neue Parteivorsitzende der CDU. Gewählt mit 517 der 999 abgegebenen Stimmen (51,75 Prozent) auf dem Parteitag in Hamburg. Die Nachfolgerin von Angela Merkel an der Spitze der Partei – damit schien auch die nächste Kanzlerkandidatur so gut wie eingetütet. Denn Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur, das gehört bei der CDU schon immer zusammen. Kramp-Karrenbauers Rede zuvor? Herausragend. Sie rief zu Einigkeit auf. Starke Forderungen nach "5G an jeder Milchkanne" und "Mut, um Bremsen zu lösen" gingen einher mit prägnanten Sätzen wie "Das C in CDU ist der Leitstern".


WAS STEHT AN?

Ein Jahr später ist wieder zweitägiger Parteitag. Heute um 10.30 Uhr beginnt er. Diesmal in Leipzig. Doch von der Freude ist nichts geblieben. Die Sektlaune von 2018 ist verflogen. Die Aufbruchstimmung? Futsch. Eine Kanzlerkandidatur Kramp-Karrenbauers kann sich selbst in der CDU kaum noch jemand vorstellen. Und kurz vor dem Parteitag wurde auch noch das 2018 von Kramp-Karrenbauer hervorgehobene C entwendet. Zumindest haben Greenpeace-Aktivisten gestern als Protest gegen die "desaströse Klimapolitik" pünktlich zum Parteitag den ersten großen roten Buchstaben des CDU-Logos am Konrad-Adenauer-Haus entfernt.

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Es passt ins Bild, denn Kramp-Karrenbauer hat in einem Jahr im Amt nur wenige Fettnäpfchen ausgelassen. Mit ihr an der Spitze hat die Partei Verluste bei vier Wahlen verbucht – und sie selbst agierte stets unglücklich, ungeschickt und schlecht beraten. Schon 2018 war die CDU gespalten, doch Kramp-Karrenbauer hat die Chance verspielt, neben ihren 517 Wählern von 2018 weitere Mitglieder hinter sich zu bringen. Stattdessen hat sie Unterstützer verloren, während ihr Widersacher von der Wahl des Parteivorsitzes, Friedrich Merz, an Zuspruch gewonnen hat.

Würde bei diesem Parteitag über einen Parteivorsitz oder eine Kanzlerkandidatur abgestimmt, Kramp-Karrenbauer hätte wohl keine Chance gegen Merz. Gut für Kramp-Karrenbauer und schlecht für Merz: Es wird nicht abgestimmt. Im Gegenteil. Die Parteispitze versucht, jede Personaldiskussion rund um den Parteitag zu ersticken. Neben der Wahl einer Vizevorsitzenden in der Nachfolge von Ursula von der Leyen soll es nur um Inhalte gehen. Merz will angeblich keine Revolte, sondern nur "einige wenige Anmerkungen" zu grundsätzlichen Fragen machen. Kramp-Karrenbauer freue sich auf einen "spannenden Austausch" mit Merz.

Die Wahrheit ist: Alle zittern davor, dass die Gräben aufbrechen und es eben doch eine offene Konfrontation gibt.

Denn im Hintergrund werden die Personaldebatten trotz Dementi geführt. Es liegen Anträge der Jungen Union und anderer Parteigliederungen vor, die Kanzlerfrage per Urwahl zu entscheiden, was ein Affront gegen Kramp-Karrenbauer wäre, die als Vorsitzende traditionell das Recht auf den ersten Zugriff auf die Kanzlerkandidatur hat. Führende CDU-Politiker haben sich schon gegen eine Urwahl ausgesprochen – doch auch die Tatsache, dass neben Kramp-Karrenbauer auch Merz in Leipzig reden wird, birgt Brisanz. Greift er doch an? Riskiert er gar einen Putsch, wie Tim Kummert in seiner Analyse fragt?

Kramp-Karrenbauer hat längst in den Kampfmodus geschaltet. Sie versucht seit Wochen, den entscheidenden Befreiungsschlag zu landen, wie mit ihrem schlecht ausgeführten Vorschlag einer von UN-Truppen gesicherten Schutzzone in Nordsyrien. Oder mit Ansagen an ihre Kritiker. Weil das noch nicht von Erfolg gekrönt war, sind sich Kommentatoren einig: Der Druck auf AKK ist kaum noch zu toppen.

Aber stimmt das? Gibt es mit Friedrich Merz nicht jemanden, der eigentlich noch viel mehr Druck hat?

Schließlich ist es der 64-Jährige, der um seine letzte Chance auf das Kanzleramt kämpft. ER verlor 2002 den Fraktionsvorsitz, den Angela Merkel für sich beanspruchte. ER trat 2004 nach zwei Jahren als ihr Stellvertreter zurück und verabschiedete sich letztlich als Verlierer Stück für Stück ganz aus der Politik. ER sah bis 2018 offenbar keine Chance, auf die politische Bühne zurückzukehren. Und ER wollte nach Merkels Rückzug vom Parteivorsitz noch einmal angreifen, verpatzte dann die entscheidende Rede und unterlag erneut – diesmal Kramp-Karrenbauer.

Der Hype um Merz rund um den Parteitag ist noch größer als der um Kramp-Karrenbauer – und die Erwartungen sind ungleich höher. Die CDU-Delegierten fiebern noch mehr auf seine Rede hin als auf die der Parteichefin. Merz droht mit einer schwachen Rede endgültig ein Verlierer-Image.

Hält die große Koalition bis 2021, ist dies die letzte Chance auf eine Kanzlerkandidatur von Merz. Hält er in Leipzig eine ähnliche Rede wie vor einem Jahr in Hamburg, ist sie vielleicht schon vertan.

Der CDU-Parteitag in Leipzig: Offiziell soll es nur um Inhalte gehen – inoffiziell geht es um alles. Deshalb halten wir sie auch in unserem Newsblog auf dem Laufenden.


In Schwerin beginnt heute um 15 Uhr der dreitägige Bundeskongress der Jusos. Etwa 300 Teilnehmer werden erwartet, Kevin Kühnert stellt sich zur Wiederwahl. Einen Gegenkandidaten gibt es aller Voraussicht nach nicht. Alles andere als ein deutliches Ergebnis wäre eine Überraschung. Zum Auftakt des Kongresses wird Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) zu den Delegierten sprechen.

Spannender als die Wiederwahl ist derzeit allerdings der Ärger, den Kühnert mit seiner Ankündigung provoziert hat, sich für einen Stellvertreterposten im neuen SPD-Bundesvorstand zu bewerben, der im Dezember gewählt wird.

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner sagte einen Tag nach Beginn der Stichwahl der SPD-Mitglieder zum Parteivorsitz der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Aus Respekt vor dem Mitgliedervotum finde ich die Ankündigung eigener Karriere-Ambitionen bei anderen nicht gut und äußere mich auch selbst erst dann, wenn das Ergebnis des Votums feststeht." Das wäre nach dem 29. November. So lange wollte Kühnert nicht warten.

In der "Süddeutschen Zeitung" sagte er, dass es nach zwei Jahren Kritik an seiner Partei an der Zeit sei, diesen Schritt zu gehen, anstatt die Verantwortung anderen zu überlassen. Kühnert ist der größte Unterstützer des Duos Norbert Walter Borjans/Saskia Esken für den Parteivorsitz. Dass er unabhängig von ihrer Wahl einen Stellvertreterposten anstrebt, spricht für ihn.


Außenminister Heiko Maas ist heute in Hiroshima in Japan. Er will der Zehntausenden Opfer des ersten Atombombenangriffs vor 74 Jahren gedenken. Anschließend nimmt er am G20-Außenministertreffen in Nagoya teil. Eines der Themen: die Bemühungen um nukleare Abrüstung.

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WAS LESEN ODER ANSCHAUEN?

Während CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer wackelt und die SPD noch auf der Suche nach einer neuen Spitze ist, ist er die Konstante in der Regierungskoalition: Bayerns Ministerpräsident, Landesvater und CSU-Parteichef Markus Söder. Entsprechend deutlich kann er sich derzeit äußern – zum Beispiel im Interview mit meinen Kollegen Tim Kummert und Daniel Schreckenberg.

Er hat eine Botschaft an die CDU für den Parteitag ("Ich hoffe, dass keine Personaldebatten geführt werden"), er greift die AfD ("Sie ist nicht eine bessere Union und sie ist nicht bürgerlich, sondern die neue NPD") und die Grünen an ("Die Grünen sind wieder eine reine Verbotspartei geworden"), er will das Klimapaket auf den Prüfstand stellen und spricht über eine Kanzlerkandidatur. Öffnet sich am Ende das Fenster für einen CSU-Kanzlerkandidaten, wenn Merz, Kramp-Karrenbauer und Co. schwächeln?


"Manche Eltern brechen zusammen, andere schreien und werfen sich auf den Fußboden."

Der teils plötzliche und überraschende Tod von Kindern und Neugeborenen gehört bei ihr zum Alltag: Lena Fengler ist Kinderintensivpflegerin im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Sie betreut in der Regel ein bis drei Kinder zwischen 0 und 18 Jahren – je nachdem, wie schwer krank die Kinder sind. Nicht jedes von ihnen überlebt, obwohl es womöglich lange gekämpft hat. Im Interview mit Sophie Loelke im Rahmen unserer Themenwoche "Abschied" berichtet Fengler über ihren persönlichen Umgang mit schwer kranken Kindern, Todesfällen und über Abschiedsrituale der Eltern.


Dieser Mann ist eine TV-Legende. Er ist bekannt für markige Sprüche, die Moderation von TV-Klassikern und auch für seine bunten Hawaii-Hemden. Allerdings ist Jürgen von der Lippe in den vergangenen Jahren von den Bildschirmen verschwunden. Warum? Ganz einfach: Weil er keine Lust mehr hat.

Zum Interview mit t-online.de kommt der 71-jährige Entertainer im Piratenhemd – und erklärt, warum er lieber Bücher schreibt und damit auftritt, statt an TV-Formaten mitzuwirken. Was ihn am modernen Fernsehen stört, hat er meinen Kolleginnen und Kollegen Janna Specken, Martin Trotz und Axel Krüger hier verraten.


Wir leben in einer Leistungsgesellschaft, die schwer mit Fehlern und Scheitern umgehen kann. Besonders gravierend ist das im Fußball. Nach einem schlechten Spiel werden Profis und Trainer von Fans und Medien kritisiert und verdammt. Nach mehreren schlechten Spielen werden sie aussortiert, gefeuert und ersetzt.

Was für Erwachsene schon lange gilt, betrifft mittlerweile selbst Jugendliche oder Kinder. Mit 14, 15 Jahren werden sie zu Superstars erklärt, so wie Dortmunds Youssoufa Moukoko, der als Jugendspieler ein Tor nach dem anderen schießt und einen Rekord nach dem anderen knackt.

Ante Covic hat jahrelang Jugendliche und Kinder trainiert – und warnt nun im Interview mit Jannik Meyer und Benjamin Zurmühl vor den teils schlimmen Auswirkungen. Heute ist Covic Trainer der Profis von Hauptstadtklub Hertha BSC Berlin.


DIE GUTE NACHRICHT

Das Ziel waren Spenden in Höhe von 25.000 Dollar – tatsächlich wurden es mehr als eine Million australische Dollar (rund 600.000 Euro), die nun von den Buschbränden in Australien betroffenen Koalas zugutekommen sollen. Laut "GoFundMe" erzielte diese Kampagne mehr Spenden als jede andere derartige in diesem Jahr. Die Spenden kamen von mehr als 20.000 Menschen aus diversen Ländern.

Gut so. Denn Tierschützer gehen davon aus, dass bei den verheerenden Buschbränden in diesem Monat allein im Bundesstaat New South Wales Hunderte Koalas verendet sind. Eine Koala-Klinik nördlich von Sydney rettete zuletzt 31 der Beuteltiere und will die Spendengelder für Trinkwasserstationen und ein Aufzuchtprogramm verwenden.


WAS AMÜSIERT MICH?

Falls Ihnen das Aufstehen heute schwer fällt: Mit Annegret Kramp-Karrenbauer gibt es jemanden, dem es womöglich noch schwerer fällt.

Ich wünsche Ihnen einen hervorragenden Wochenendspurt und ein schönes Wochenende. Am Montag schreibt wie gewohnt Florian Harms für Sie.

Ihr

Florian Wichert
Stellvertretender Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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