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Annalena Baerbock: Sie hatte sich verloren – ein Porträt


Annalena Baerbock
Sie hatte sich verloren

  • Johannes Bebermeier
Von Johannes Bebermeier

Aktualisiert am 21.09.2021Lesedauer: 11 Min.
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Annalena Baerbock auf dem Grünen-Parteitag Mitte Juni: "Scheiße!"Vergrößern des Bildes
Annalena Baerbock auf dem Grünen-Parteitag Mitte Juni: "Scheiße!" (Quelle: Steffi Loos/imago-images-bilder)

Wie konnte das bloß passieren? Im Frühjahr sahen viele Annalena Baerbock schon als Kanzlerin. Nun kann sie froh sein, Ministerin zu werden. Die Geschichte einer Frau, die ihre historische Chance verpasst hat.

Momente der Wahrhaftigkeit sind selten in Wahlkämpfen. Damit es sie bei all den durchorchestrierten Auftritten doch mal gibt, muss schon einiges zusammenkommen. Für Annalena Baerbock sind es Mitte Juni auf dem Parteitag der Grünen: ein pennender Tontechniker, ein nicht abgeschaltetes Mikrofon und viel Frust nach einem eher mäßigen Auftritt der Kanzlerkandidatin.

Eigentlich sollte Baerbocks Rede dem Wahlkampf neuen Schwung geben. Doch schon, als sie die Bühne verlässt, nach einigen langen Sekunden gequälten Lächelns im Applaus der Parteifreunde, ist vom Schwung nicht mehr viel übrig.

Baerbock sagt ein Wort, das sie in diesem Wahlkampf wohl sehr oft gedacht, aber sonst nie öffentlich ausgesprochen hat. Ein Wort, das die vergangenen Monate alles in allem und gemessen an den hohen grünen Erwartungen ziemlich gut zusammenfasst.

Annalena Baerbock sagt: "Scheiße!"

Die drei großen Ansprüche, die verloren gingen

Man kann das vergangene halbe Jahr der Annalena Charlotte Alma Baerbock, 40 Jahre, anhand einer Kurve und drei Fehlern erzählen. Es ist eine recht simple Geschichte. Sie handelt von einem Höhenflug in den Umfragen nach Baerbocks Nominierung als Kanzlerkandidatin Mitte April. Auf 26, 27, sogar 28 Prozent ging es hoch, das Kanzleramt schien in greifbarer Nähe.

Und sie handelt von Baerbocks Fehler-Trias und dem Absturz in den Umfragen von Platz eins auf Platz drei: von den zu spät gemeldeten Nebeneinkünften, ihrem schludrigen Lebenslauf und ihrem zusammenplagiierten Buch.

Es ist eine einprägsame Geschichte, die nicht ganz falsch ist, aber auch nicht ganz richtig. Denn so einfach ist es eben nicht. Allein, weil der Absturz in den Umfragen schon vor den drei großen Fehlern begann. Und Fehler ja nicht unbedingt heißen müssen, dass es niemals wieder aufwärts gehen kann.

Die ganze Sache ist natürlich komplexer. Wer Baerbock in den vergangenen Monaten begleitet, mit ihr gesprochen und viele ihrer Auftritte miterlebt hat, der konnte eine Kanzlerkandidatin beobachten, die sich auf dem Weg ins Kanzleramt verloren und erst wieder zu sich gefunden hat, als es längst zu spät war für ihr großes Ziel.

Und vor allem konnte man eine Kandidatin beobachten, die unterwegs die drei zentralen Ansprüche aus dem Blick verloren hat, mit denen sie und ihr Co-Chef Robert Habeck die Grünen in den vergangenen Jahren groß gemacht hatten.

Die Grünen wollten, erstens, mutig für Veränderung eintreten – und nicht wieder durch Veggie-Day-Scheingefechte in die Defensive geraten. Sie wollten, zweitens, die Breite der Gesellschaft ansprechen, also möglichst für alle wählbar sein – und nicht mehr nur für ihre grüne Stammklientel. Und sie wollten, drittens, eine andere Art etablieren, Politik zu machen: weniger Schönreden, weniger Gegockel, weniger Kokolores.

All das hat Baerbock ihren Zuhörern auf der Wahlkampftour selbst tagein, tagaus von den kleinen grünen Bühnen auf den Marktplätzen dieser Republik zugerufen. Und all das hätte vielleicht sogar zum Erfolg führen können. Zumindest zu mehr Erfolg.

Doch es waren genau diese drei großen Ansprüche, an denen Annalena Baerbock und die Grünen in diesem Wahlkampf immer wieder selbst gescheitert sind. Und so ist letztlich auch ihr historischer Anspruch auf ein grünes Kanzleramt mitgescheitert.

Anspruch eins: Mut zur Veränderung – oder doch lieber nicht

Schon Ende Mai zieht sich Annalena Baerbock in eine Festung zurück, ganz buchstäblich. Es ist ein warmer Sommerabend in Magdeburg, in gut einer Woche wählt Sachsen-Anhalt einen neuen Landtag. Die Kanzlerkandidatin soll die Wahlkämpfer unterstützen. Im Innenhof der Festung Mark ist eine Bühne aufgebaut, die Zuhörer sitzen auf Bierbänken in der Sonne und warten auf Baerbock.

Es ist der Tag, an dem der "Spiegel" Baerbock auf dem Cover mit einer Sonnenblume zeigt, allerdings zerzaust und im Sturm. "Willkommen in der Wirklichkeit" lautet der Titel. Neben den vielen unziemlichen Angriffen auf Baerbock, den Fake News und den Kampagnen gegen sie, ist auch ihr erster wirklicher großer Fehler öffentlich geworden: die zu spät gemeldeten Nebeneinkünfte.

Baerbock könnte das für diesen Tag vergessen machen. Sie, die erste grüne Kanzlerkandidatin, könnte durch die Reihen der Zuhörer spazieren und mit ihnen ein paar nette Worte wechseln. Sie könnte mit den Kindern schäkern und sich nahbar zeigen, eigentlich liegt ihr das. Doch Baerbock geht nicht zu den Menschen, sie geht nicht mal an ihnen vorbei. Sie steigt aus dem Backstage-Bereich von hinten auf die Bühne, spult ihr Programm ab, und verschwindet schnell wieder auf gleichem Weg.

Bloß kein Kontakt.

Später werden Fotos auftauchen, die zeigen, dass sie sich die Namen der lokalen Grünen-Politiker in die Hand geschrieben hat. Ausgerechnet sie, die dafür bekannt ist, sich Details gut merken zu können. Mit der Lockerheit aber ist es eben schon an diesem Sommerabend Ende Mai vorbei. Bevor der Bundestagswahlkampf überhaupt richtig beginnt.

Mitte Juni dann, auf dem Parteitag, von dem vor allem ihr "Scheiße!" in Erinnerung bleiben wird, ist es eher noch schlimmer. Inzwischen sind diverse falsche Angaben in ihrem Lebenslauf bekannt geworden. Am ersten Tag spricht Baerbock kein einziges Wort zum Parteitag, zu Journalisten schon gar nicht.

Als sie am zweiten Tag ihre Rede gehalten hat, sitzt sie abends allein auf einem Plastikstuhl vor der Bühne. Der große Druck ist erst mal weg, also lässt sie sich von einem Gespräch überzeugen. Es ist ein Hintergrundgespräch, man darf daraus als Journalist nicht zitieren. Aber es entsteht der Eindruck einer Kanzlerkandidatin, die schon jetzt einmal durch den Wolf gedreht ist. Der Eindruck einer erschütterten Frau. Die heiße Phase des Wahlkampfs liegt da noch Wochen entfernt.

Und mit der Lockerheit verlässt Baerbock eben auch der Mut.


Mitte Juli lässt stundenlanger Starkregen mehrere Flüsse in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz über die Ufer treten. Die Flut zerstört ungezählte Häuser, mehr als 180 Menschen sterben. Die Klimakrise lässt solche Extremwetterereignisse häufiger werden. Die Grünen wissen das. Und sie wissen auch, dass die Menschen ihnen im Kampf gegen die Erderhitzung am meisten zutrauen.

Es ist ihr Thema, und damit ist die Flut ihre Chance in diesem Wahlkampf, darauf aufmerksam zu machen, wie wichtig die Grünen gerade jetzt sein könnten. Doch sie tun das nicht. Annalena Baerbock startet stattdessen die Operation Verschwindibus. Die Grünen haben Angst vor dem Vorwurf, sie würden die Katastrophe instrumentalisieren. Ihnen fehlt der Mut. Also sprechen sie lange gar nicht übers Klima. Baerbock fährt zwar irgendwann in die Flutgebiete, aber deutlich später als ihre Konkurrenten, und ganz ohne Presse.

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Es wird keine Fotos und keine Fernsehbilder von Baerbock aus dem Matsch geben. Stattdessen versuchen die Grünen es Tage später mit ganz vielen Wörtern. Drei verschiedene Papiere werden sie vorstellen mit diversen klugen und wichtigen Maßnahmen. Nur ist die große Aufmerksamkeit für die Flut da längst weg.

Und mit ihr auch die große Chance für die Grünen in diesem Wahlkampf.

Anspruch zwei: Die Breite der Gesellschaft – oder doch lieber die Klientel

Ende August steht Annalena Baerbock auf dem Platz der Kieler Matrosen und ruft zum Systemwechsel auf.

Ein Zuhörer hat ihr nach ihrer Rede eine Frage zur Zukunft der Landwirtschaft gestellt. Es ist ein Herzensthema der Grünen, aber auch eines, mit dem sie regelmäßig die konventionellen Landwirte vergrätzen. Baerbock legt gleich damit los.

Man müsse die "Agrarförderung komplett vom Kopf auf die Füße stellen", fordert sie. Damit nicht "große Massentierhaltungsanlagen", in denen "so gut wie keiner arbeitet, und wo auch kein gutes Essen rauskommt", genauso viel Geld bekämen wie kleine bäuerliche Betriebe. "Das System müssen wir endlich beenden!"

Jeder Bauer ohne romantisches Biohöfchen dürfte sich denken: Na, danke auch. Es ist das alte grüne Wir-gegen-sie, die Guten gegen die Bösen.

Knapp 100 Kilometer weiter östlich, in Travemünde, steht einen Monat zuvor Robert Habeck am Hafen. Auch er wird nach der Zukunft der Landwirtschaft gefragt. Aber er klingt bei seiner Antwort ganz anders.

In Zeiten der Not, erzählt Habeck, habe die Politik einst entschieden, die Landwirtschaft auf Effizienz zu trimmen, damit alle satt werden. "Das haben die Bauern famos eingelöst." Nur wegen der dadurch gesunkenen Preise könnten sich die Leute heute neben dem Lebensnotwendigen auch Vergnüglichkeiten leisten.

Man müsse das vor aller Kritik einmal sagen, findet Habeck: "Landwirte, das habt ihr gut gemacht!" Nur sei eben das, was damals notwendig war, heute das Problem. Nicht nur für Umwelt und Tiere, sondern auch für die Landwirte selbst.

Habeck und Baerbock kommen in der Sache zum gleichen Ergebnis. Nur kommt bei Habeck die Anerkennung für die Bauern zuerst, bei Baerbock kommt sie zu kurz. Man könnte das als Petitesse abtun. Doch es ist ein Beispiel dafür, wie nach und nach der Anspruch verschwindet, ein möglichst breites gesellschaftliches Bündnis zu schmieden, mit dem die Grünen eigentlich die großen Herausforderungen angehen wollten.

Raus aus der bequemen, grünen Blase, rein in die Mehrheitsfähigkeit. Für die es eben mehr braucht als ein Bündnis aus Biobäuerinnen und Reformhausgängern.

Es gibt Menschen, die denken, dass die Grünen ihre Chance auf ein solches breites Bündnis schon mit der Nominierung von Baerbock geschmälert haben. Politische Beobachter, aber auch Grüne selbst. Weil Habeck als derjenige gilt, der in der politischen Mitte besser ankommt.

Doch man muss diese Ansicht gar nicht teilen, um dem breiten Bündnis im Wahlkampf beim Schrumpfen zuzusehen. Etwa wenn Baerbock lieber in vielen kleinen Podcasts ihre Ohnehin-schon-Stammwähler bespaßt, statt großen Zeitungen wie der "Bild am Sonntag" oder großen Nachrichtenportalen wie t-online ein Interview zu geben. Also Medien, mit denen sie auch Menschen erreichen würde, die nicht sowieso schon ihre Fans sind.

Auch thematisch schrumpfen die Grünen im Wahlkampf von einer Partei mit vielen Themen wieder zu einer Partei mit vor allem einem Thema: dem Klimaschutz.

An einem Montag Anfang September beschließt das der Bundesvorstand in geheimer Sitzung ganz offiziell. Für den letzten großen Auftritt vor der Wahl, den Parteitag am vergangenen Wochenende, entscheidet sich die Parteispitze damals, kein breites Beschlusspapier mit vielen wichtigen Themen vorzubereiten. Man entscheidet sich für einen quasi monothematischen Leitantrag, der erklären soll, warum Klimaschutz und gute Wirtschafts- und Sozialpolitik keine Gegensätze sind.

Es ist kein mutiger Beschluss für die Schlussoffensive, sondern im Kern ein defensiver Antrag. Er stellt sich dem Vorwurf entgegen, den die Grünen den gesamten Wahlkampf über ertragen mussten und wohl nicht nachhaltig genug entkräften konnten: dass man sich Klimaschutz leisten können müsse, als Staat, als Wirtschaft und als Mensch.

Es ist der Versuch, zu retten, was noch zu retten ist. Also bei 15 Prozent in den Umfragen nun wenigstens noch die Reformhausgängerinnen und Biobauern an die Wahlurnen zu locken. Für das große Bündnis, so sehen es die Grünen offensichtlich, ist es längst zu spät.

Anspruch drei: Eine neue Art, Politik zu machen – oder doch Kokolores

Mitte Juli sitzt Robert Habeck bei Markus Lanz im ZDF und versucht, so viele Scherben aufzukehren wie möglich. Zwei Wochen zuvor waren Plagiate in Annalena Baerbocks schnell zusammengeschustertem Buch aufgeflogen. Die Schlagzeilen überschlugen sich – schon wieder.

Und diesmal überschlugen sich die Grünen gewissermaßen zurück: "Das ist der Versuch von Rufmord", sagte ein Sprecher. "Bösartig" sei das. Die Partei schaltete öffentlichkeitswirksam den Promianwalt Christian Schertz ein, der im Ruf steht, im Zweifel jeden wegzubeißen, der im Unrecht ist oder auch im Recht, eigentlich egal.

Einmal kräftig auf die Gorilla-Brust trommeln und hoffen, dass schon irgendjemand Angst bekommt – so lautet diese Strategie. Sie ist von Anfang an bei den Grünen intern hochumstritten. Und zeigt aus Sicht mancher, dass das Aufrüsten des Kampagnenteams für die Bundestagswahl auch mit externen Beratern einer stringenten Wahlkampflinie manchmal mehr schadet als hilft.

Habeck versucht bei Lanz gar nicht mehr, den "Kladderadatsch" schönzureden. Man habe sich da "kommunikativ völlig verrannt", sagt er, geradezu "unangemessen reagiert". Es sei "ein Fehler" gewesen, der wohl auch passiert sei, weil die vergangenen Monate schwierig gewesen seien. "Dann liegen die Nerven manchmal blank."

"Mich hat das geärgert", sagt Habeck, der damals selbst im Urlaub war und sich Nudeln auf seinem Campingkocher warmgemacht hat, wie er erzählt. Also nicht eingreifen konnte, soll das heißen.

Es ist allerdings mehr als nur ärgerlich für die Grünen. Es ist der manifestierte Bruch mit einem Prinzip, das sie in den vergangenen Jahren groß gemacht hatte, seit Baerbock und Habeck Vorsitzende sind. Und eben genau Teil der anderen Art von Politik, die die Grünen machen wollten. Und von der sie zumindest in Wahlkampfreden sagen, dass sie sie immer noch machen wollen.

Auch das gibt Habeck in dieser bemerkenswerten Lanz-Sendung ganz offen zu: "Viel unserer Arbeit bestand darin, den Menschen keinen Scheiß zu erzählen", sagt er. Es ist das Prinzip "Kein Kokolores": Fehler wirklich Fehler zu nennen und nicht schönzureden, weil man das in der Politik eben so macht. Sich nicht allwissend zu geben, sondern die politische Unerhörtheit mitzudenken, dass man auch mal falsch liegen kann.

Sich auf die Gorilla-Brust zu trommeln, ist das genaue Gegenteil von alldem.

Es sind vielmehr die "alten Schützengräben", wie es Baerbock selbst nennt, in die die Grünen im Wahlkampf dann doch öfter zurückfallen, als vielen von ihnen lieb gewesen wäre.

Die bittere Ironie der Geschichte

Als die heiße Phase eigentlich erst beginnt, als Baerbock und Habeck Anfang August auf dem Bilderbuch-Marktplatz von Hildesheim stehen und ihre Wahlkampftour durch Deutschland einläuten, ist es für die Grünen wohl einfach schon zu spät.

In den Umfragen sind sie unter 20 Prozent gerutscht, in den nächsten Wochen geht es noch ein bisschen weiter abwärts, aber nicht mehr viel. Die bittere Ironie der Geschichte ist, dass Baerbock in diesen Wochen die beste Phase ihres Wahlkampfs hat. Sie legt ihre Unsicherheit ab und steigert sich fast von Rede zu Rede.

Ob die Routine sie einfach immer besser werden lässt oder ob es bei der nötigen Unerschrockenheit hilft, dass das Kanzleramt jetzt ohnehin außer Reichweite scheint und sie nur noch gewinnen kann, ist am Ende eine müßige Frage. Wahrscheinlich spielt beides eine Rolle.

Unter der Oberfläche jedoch macht sich in der Partei zu dieser Zeit längst Ernüchterung und ja, auch ein vernehmbares Murren breit. Grüne beklagen sich, dass sie an Wahlkampfständen viel Gegenwind bekommen. Nicht für ihre Inhalte, das sind sie gewöhnt. Sondern für ihre Kanzlerkandidatin, das ist neu.

Es werden auch längst die ganz grundsätzlichen Fragen diskutiert. War es richtig, dass Habeck und Baerbock allein und für sich ausgehandelt haben, wer sich von ihnen um das Kanzleramt bewirbt? Wäre eine Urabstimmung der Mitglieder nicht besser gewesen? Und hätte da nicht vielleicht doch Habeck gewonnen?

An eine Kanzlerin Baerbock glaubt selbst Baerbock irgendwann nicht mehr. Sie erhebt diesen Anspruch seit Wochen eigentlich nur noch, wenn sie explizit danach gefragt wird, weil alles andere einer Kapitulation gleichkäme. Wenn sie eigenständig formulieren kann, spricht sie von einer Regierung mit starken Grünen.

Und diese Regierung ist ja auch nach wie vor sehr wahrscheinlich, ob sie nun Ampel heißt oder Jamaika oder sogar Rot-Grün. Die Grünen werden ihr Ergebnis der vergangenen Bundestagswahl wohl auch deutlich steigern, damals lagen sie nur bei 8,9 Prozent.

Doch auch die meisten Grünen wissen natürlich, dass ihr eigener Anspruch ein ganz anderer war. Und dass 17 Prozent oder weniger kein gutes Ergebnis wären, wenn man in den vergangenen Jahren lange Zeit teils deutlich über 20 lag.

Schon am Wahlabend also, wenn Grüne in den Elefantenrunden der Republik erklären müssen, wie sie ihr Ergebnis finden, wird sich zeigen, wie ernst sie es noch meinen mit ihrer neuen Art von Politik.

Sie können dann ehrlich sein und das wahrscheinliche Scheitern eingestehen – oder sich noch mal kräftig auf ihr geschrumpftes Gorilla-Brüstchen trommeln. Diesmal wäre das in jedem Fall mehr als eine Frage des politischen Stils. Es wird die erste Antwort darauf sein, ob Annalena Baerbock und die Grünen wieder zu sich selbst finden, nachdem sie sich verloren haben.

Oder eben nicht.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen, Gespräche und Recherchen im Wahlkampf
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