Emotionaler Selenskyj bittet Macron in Telefonat um Hilfe
Am ersten Kriegstag telefonierten die Staatschefs der Ukraine und Frankreichs. Ein Video des GesprΓ€chs zeigt, wie fassungslos die beiden MΓ€nner waren.
In den sozialen Netzwerken ist ein Video aufgetaucht, das einen kurzen Ausschnitt eines Telefonats zwischen Wolodymyr Selenskyj und Emmanuel Macron zeigt. Der ukrainische und der franzΓΆsische PrΓ€sident sprechen am Morgen der russischen Invasion, dem 24. Februar, miteinander. Sichtlich ΓΌberrascht von den Worten Selenskyjs fragt Macron nach: "Das heiΓt also, sie [die Russen] haben SpezialkrΓ€fte nach Kiew geschickt?"
Selenskyj, damals noch nicht der kΓ€mpferische Kriegsheld, als der er heute gefeiert wird, antwortet resigniert: "Γberallhin, ja. Nach Kiew, Odessa ... von Belarus aus. Wir kΓ€mpfen ΓΌberall. Es ist nicht das Gleiche wie 2014. Es ist viel mehr."
Bemerkenswert ist an dieser Stelle, wie ruhig Selenskyj seinem franzΓΆsischen Amtskollegen von der umfassenden russischen Invasion berichtet. Zu diesem Zeitpunkt marschierten russische Truppen vom Osten, SΓΌden und Norden her in die Ukraine ein. Viele Experten gingen zu diesem Zeitpunkt davon aus, dass Russland innerhalb weniger Tage Kiew erobert.
Macron versteht Selenskyj sofort. Der franzΓΆsische PrΓ€sident verschrΓ€nkt die HΓ€nde unter dem Kinn, sein Blick ist ernst. Die Worte des ukrainischen Kollegen treffen den PrΓ€sidenten sichtlich. "Ja, es ist klar: Das ist ein totaler Krieg", sagt Macron. "Totaler Krieg", bestΓ€tigt Selenskyj.
Zum Abschluss des kurzen Clips appelliert Selenskyj emotional an Macron und bittet ihn um Hilfe: "Ich denke, es ist sehr wichtig, dass du mit Putin sprichst und versuchst, eine Antikriegskoalition zu bilden. Wir sind sicher, dass die europΓ€ischen Staatschefs und Biden sich vereinen kΓΆnnen, ihn anrufen kΓΆnnen und ihm sagen kΓΆnnen: Stopp. Er wird ihnen zuhΓΆren." In Selenskyjs Stimme schwingt damals noch Hoffnung mit β eine Hoffnung, die nach ΓΌber einem halben Jahr Krieg und Zehntausenden Toten heute kaum noch besteht.
Macron hΓ€lt weiter Kontakt zu Putin
Frankreichs Staatschef hatte vor und nach dem Beginn der Invasion immer wieder mit Kremlchef Wladimir Putin telefoniert. DafΓΌr musste er teils heftige Kritik einstecken. Vor wenigen Tagen hatte er seine Bereitschaft, Kontakt zu Putin zu halten, verteidigt. Man dΓΌrfe nicht nur mit denen reden, mit denen man einer Meinung sei.
"Wer hat Lust, dass die TΓΌrkei das einzige einflussreiche Land und das einzige Nato-Mitglied ist, das weiterhin mit Russland redet?" Frankreich werde auf der Suche nach einer FriedenslΓΆsung weiter mit Russland reden, in Γbereinstimmung mit dem Kurs der Nato-VerbΓΌndeten.
"Aufspaltung Europas ist Kriegsziel Russlands"
Der franzΓΆsische PrΓ€sident hatte Europa angesichts des Kriegs in der Ukraine am Donnerstag erneut zum Zusammenhalt aufgerufen. "Man darf eine Spaltung Europas nicht zulassen", sagte Macron in Paris. Weder dΓΌrfe Europa sich denen anschlieΓen, die sich verstΓ€rkt in den Krieg einschalten wollten und dessen Ausweitung riskierten, noch kΓΆnne man LΓ€ndern im Osten der EU eigenstΓ€ndige Aktionen zugestehen.
"Die europΓ€ische Einigkeit ist der SchlΓΌssel", sagte Macron. "Die Aufspaltung Europas ist eins der Kriegsziele von Russland. Deshalb ist es unsere Verantwortung, die EuropΓ€ische Union und ihre StΓ€rke in diesem Kontext zu wahren."
Am 24. Februar begann Putins Invasion in die Ukraine. Seitdem sind Tausende Zivilisten und Zehntausende Soldaten getΓΆtet worden. Millionen Menschen sind auf der Flucht. Der Krieg in der Ukraine verursacht Sanktionen westlicher LΓ€nder gegen Russland und Energiekrisen in ganz Europa.
- Dokumentation: Ein PrΓ€sident, Europa und der Krieg (franzΓΆsisch)
- Nachrichtenagentur dpa