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Offensive gegen die Ukraine? Putins perfider Plan


Entscheidende Offensive? Putins perfider Plan

Von Patrick Diekmann

Aktualisiert am 06.02.2023Lesedauer: 5 Min.
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Ukrainische Soldaten im Dezember in der Region Bachmut: Besonders im Osten der Ukraine werden erneut erbitterte KΓ€mpfe erwartet. (Quelle: Spencer Platt)
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Putin setzt darauf, dass Russland die Ukraine mit noch mehr Soldaten bezwingen kann. Geht sein Kriegsplan auf – oder kommen die Leopard-Panzer gerade noch rechtzeitig?

Es ist die Hâlle auf Erden: Die ukrainische Stadt Bachmut gehârte in den vergangenen Monaten zu den am stÀrksten umkÀmpften Orten in der Ukraine. Viele HÀuser sind zerstârt, ganze Straßenzüge zerbombt, die meisten Bewohner haben die Stadt lÀngst verlassen.

An vielen Straßen haben die ukrainischen Verteidiger SchützengrÀben ausgehoben und Verteidigungslinien errichtet. Die Stadt ist mittlerweile eine Festung, die die Ukraine erfolgreich verteidigen kann. Noch.

Bachmut im August und im Januar: Satellitenbilder und Aufnahmen aus der Stadt machen das Ausmaß der Zerstârung in der umkÀmpften Region deutlich.

Denn Russland schickt sich erneut an, die Stadt in den kommenden Wochen einzunehmen. SpÀtestens mit Beginn der erwarteten Frühjahrsoffensive dürfte sich Putins perfider Plan zeigen: Er will die ukrainischen Verteidiger überrennen, sie durch die schiere Grâße der Armee ersticken, solange die Ukraine ihm noch kein schweres KampfgerÀt entgegensetzen kann.

Hat der Westen, hat auch Deutschlands Kanzler Olaf Scholz (SPD) also zu spΓ€t reagiert, die Lieferung von Panzern zu lange hinausgezΓΆgert?

Schon jetzt ist der Blutzoll auf beiden Seiten hoch, Bachmut gilt schon lange als Fleischwolf in diesem Krieg. MilitΓ€rexperten berichten von KΓ€mpfen wie im Ersten Weltkrieg. Die Ukrainer harren in SchΓΌtzengrΓ€ben aus, Anfang Januar bei bis zu minus zwΓΆlf Grad, in einer Mischung aus Matsch und Schnee.

Die russische Armee schickt immer wieder neue Angriffswellen von Soldaten dagegen, die in das Sperrfreuer der Ukrainer rennen, und nahm die ukrainischen Stellungen mit Artillerie unter Feuer. Bachmut ist lΓ€ngst zu einem schrecklichen Symbol fΓΌr das Grauen des russischen Angriffskrieges geworden.

Aufnahmen aus der Ukraine: Sie zeigen, wie die grausame Methode "Menschenwelle" ablΓ€uft. (Quelle: t-online)

Hat der Westen zu lange gezΓΆgert?

Doch die kommenden Wochen dΓΌrften noch schlimmer werden – und zwar auch deshalb, weil die Ukraine Putin nicht viel entgegensetzen kann. Zwar sollen die Kampfpanzer westlicher Bauart nun geliefert werden. Allerdings ergeben sich daraus fΓΌr die Ukraine gleich mehrere mΓΆgliche Probleme:

Erstens: Das schwere GerÀt aus dem Westen kommt mutmaßlich zu spÀt an. Zweitens: Die Zahl der Panzer ist mit etwas mehr als 100 Stück überschaubar. Anders ausgedrückt: Die Hilfe des Westens ist zu gering und kommt zu spÀt, um kurzfristig auf den Gefechtsfeldern etwas Àndern zu kânnen. Die Abrams- und die Leopard-1-Panzer kânnten gar erst im Herbst oder noch spÀter in der Ukraine eintreffen. Das sind keine guten Nachrichten für Kiew.

Ukraine-Krieg: Der aktuelle Frontverlauf.
Ukraine-Krieg: Der aktuelle Frontverlauf.

Hoffnung macht lediglich, dass die vorher kalkulierten Liefertermine vom Westen oft unterboten wurden. MΓΆglich ist also, dass die Panzer doch frΓΌher ankommen. Genaue Termine sind nicht bekannt, nicht zuletzt, weil das westliche BΓΌndnis Moskau keinen taktischen Vorteil verschaffen will. Doch selbst dann gilt: Die ukrainischen Soldaten mΓΌssten erst einmal an den Waffensystemen ausgebildet werden – was abermals wertvolle Zeit kostet.

Es braucht dringend Munition

Damit allein jedoch enden die Probleme fΓΌr die Ukraine nicht. Denn neben den viel diskutierten Panzern selbst braucht das Land in seinem Verteidigungskampf vor allem eines: Munition.

Was bringt es der ukrainischen Armee, wenn sie die modernsten Waffensysteme im Land hat, aber gleichzeitig auf nichts schießen kann? Deutlich wird das schon jetzt beim Flugabwehrpanzer Gepard. Die Versuche der Bundesregierung, etwa in Brasilien und in der Schweiz um Munition zu werben, blieben ohne Erfolg.

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Ukrainische Soldaten sitzen auf einer Haubitze: Kommen die westlichen Panzer noch rechtzeitig? (Quelle: STRINGER)
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UngeklΓ€rt sind außerdem andere logistische Fragen. Neben dem Munitionsnachschub geht es dabei vor allem um Ersatzteile fΓΌr Reparaturen – und darum, wie sich die Panzer in der Ukraine ΓΌberhaupt bewegen lassen. Denn: Die Panzer sind mit einem Gewicht von mehr als 60 Tonnen extrem schwer – womΓΆglich zu schwer fΓΌr die ukrainischen BrΓΌcken, wie t-online mehrfach aus Sicherheitskreisen erfuhr.

Ukrainische Soldaten werden knapp

Neben dem Material muss sich die ukrainische Armee auch Sorgen um personellen Nachschub machen. Mittlerweile gibt es im Land die sechste Mobilisierungswelle, sogar MΓ€nner, die 60 Jahre und Γ€lter sind, werden eingezogen. Das zeigt: Auch der Ukraine gehen die Soldaten aus, was angesichts der extrem langen Frontlinie schon bald ganz neue Herausforderungen darstellen kann.

Denn schon jetzt haben russische Truppenstationierungen in Belarus dafΓΌr gesorgt, dass auch die Ukraine Truppen im Norden lassen muss, um die Flanke und Kiew im Notfall abzusichern. Da die westlichen VerbΓΌndeten keine Bodentruppen in die Ukraine schicken werden, wird ein langer Abnutzungskrieg fΓΌr die Verteidiger immer schwieriger zu gewinnen.

Ukrainischer PrΓ€sident Wolodymyr Selenskyj: Selenskyj hat nach Skandalen um Korruption und Bereicherung im Staatsapparat ein entschlosseneres Vorgehen gegen Fehlverhalten angekΓΌndigt.
Wolodymyr Selenskyj: "Wir werden so lange kΓ€mpfen, wie wir kΓΆnnen" (Quelle: Efrem Lukatsky/dpa)

LΓΆsen kann die ukrainische FΓΌhrung diese vielschichtigen Probleme auf zwei Arten: Entweder sie erobert in einem mΓΆglichst kurzen Zeitraum ihr besetztes Staatsgebiet zurΓΌck – oder sie zieht sich auf weniger LandflΓ€che zurΓΌck, die einfacher zu verteidigen ist.

Letzteres ist fΓΌr Kiew natΓΌrlich undenkbar, denn PrΓ€sident Wolodymyr Selenskyj mΓΆchte nach den russischen Massakern in Butscha und Irpin keinesfalls einen Teil seiner BevΓΆlkerung diesem Schicksal aussetzen.

Deshalb soll auch Bachmut nicht fallen. "Wir werden so lange kΓ€mpfen, wie wir kΓΆnnen", sagte Selenskyj am Freitag zum Abschluss eines EU-Ukraine-Gipfels in Kiew. Bachmut sei eine "Festung". Selenskyj forderte vom Westen erneut mehr Waffen, um Russlands Angriffe abwehren zu kΓΆnnen. "Je weitreichendere Raketen wir haben, je besser unsere Artillerie ausgerΓΌstet ist, desto schneller endet die Aggression Russlands und um so garantierter wird der Schutz der europΓ€ischen Sicherheit und Freiheit."

Doppelstrategie der russischen Armee

Unklar ist dagegen, wie die Situation momentan auf russischer Seite aussieht. Putin scheint jedenfalls kaum Probleme damit haben, die eigenen mobilisierten Truppen zu opfern – das zeigen die aktuellen KΓ€mpfe im Osten der Ukraine. Kiew geht davon aus, dass derzeit mehr als 420.000 russische Soldaten in der Ukraine kΓ€mpfen.

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Das deckt sich mit den SchÀtzungen der US-Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW), die in einem Bericht davon ausgeht, dass die russische Armee 150.000 der mobilisierten KrÀfte noch gar nicht eingesetzt habe. Andere Experten denken außerdem, dass die Mobilisierung in Russland nicht aufgehârt hat und dass weiterhin verdeckt MÀnner eingezogen werden.

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KΓ€mpfe im Osten der Ukraine: Putin sieht seine Armee mittelfristig im Vorteil. (Quelle: Evgeniy Maloletka)

Zwar gibt es deutliche Anzeichen dafΓΌr, dass Russland Nachschubprobleme bei moderner Technologie, Halbleitern und gelenkten Raketen hat, aber konventionelle Munition mΓΌssten Putins Truppen eigentlich noch ausreichend in ihren Depots haben.

Russland scheint momentan eine Doppelstrategie zu fahren: Einerseits kΓΆnnte nun eine weitere Offensive beginnen, um den Rest der vΓΆlkerrechtswidrig annektierten ukrainischen Gebiete zu erobern. Andererseits haben russische Truppen Verteidigungslinien angelegt, um zu verhindern, dass die Ukraine wie im SpΓ€tsommer schnelle GelΓ€ndegewinne erzielen kann.

Aber ist die russische Armee in der Lage, eine weitere Offensive zu fahren, oder hat diese bereits begonnen? Diese Frage ist schwer zu beantworten. Einerseits mΓΆchte Putin wahrscheinlich wieder in die Offensive kommen, bevor die westlichen SchΓΌtzen- und Kampfpanzer auf den Gefechtsfeldern erscheinen. Anderseits sieht er sich mittelfristig im Vorteil, weil er glaubt, ΓΌber mehr Soldaten und Material zu verfΓΌgen.

Kaum Erfolge fΓΌr Russland: Blufft Putin?

Für eine geplante russische Offensive spricht, dass laut ukrainischen Angaben russische Kriegsschiffe im Schwarzen Meer Stellung beziehen. Außerdem haben die russischen Behârden im besetzten ukrainischen Oblast Luhansk den Internet-Mobilfunkdienst blockiert, wahrscheinlich um eigene Truppenbewegungen zu kaschieren, meinen Experten. Denn immer wieder melden ukrainische Partisanen russische Stellungen und Konvois.

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Ukrainische Soldaten in Bachmut: Bislang konnte Russland die Stadt nicht erobern. (Quelle: Chris McGrath)

Defensiv hat der Kreml aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt. Auf den von Russland besetzten Gebieten – auch auf der Krim – geht die russische Armee gegen ukrainische Spione vor. Außerdem legt die russische Armee ihre Munitionsdepots nun weiter weg von der Front an, um ukrainischen Angriffe mit dem US-System Himars zu entgehen. Deswegen bittet Kiew nun auch um Raketen mit grâßerer Reichweite.

Letztlich jedoch kann niemand ernsthaft sagen, wie gut die russischen Truppen aktuell in der Ukraine aufgestellt sind. Die Drohungen mit einem Großangriff kânnten ein erneuter Bluff sein. Offen ist damit auch die Antwort auf die Frage, ob die westlichen Panzer zu spÀt ankommen, oder ob sie noch gerade rechtzeitig eintreffen.

Fest steht, da sind sich MilitΓ€rexperten einig: Die ukrainische Armee braucht eigentlich eine eigene Angriffswelle, um einen langfristigen starren Stellungskrieg zu vermeiden. Russland nutzt dagegen die Zeit, um immer weitere Verteidigungslinien anlegen zu kΓΆnnen. Trotz der westlichen Waffenlieferungen lΓ€uft die Zeit also gegen die Ukraine – und fΓΌr Wladimir Putin.

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Verwendete Quellen
  • understandingwar.org: Russian Offensive Campaign Assessment
  • deutschlandfunk.de: Ermahnung fΓΌr den "Landsturm"
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Von Sophie Loelke, Adrian RΓΆger
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