Newsblog zum Ukraine-Krieg Russland feuert Gleitbomben auf Charkiw – "reiner Terrorismus"
Den zweiten Tag in Folge greift Russland Charkiw an. Die Bundeswehr äußert sich zu "Operation Spinnennetz". Alle Entwicklungen im Newsblog.
Inhaltsverzeichnis
- Drohnenkrieg gegen Russland: Elitekrieger in Campingstühlen
- Russland feuert Gleitbomben auf Charkiw – junge Frau tot
- "Operation Spinnennetz": Bundeswehr äußert sich
- Trump: Ukraine liefert Putin Grund für Angriffe
- Russland wirft Ukraine vor, Gefangenenaustausch zu verzögern
- Charkiw meldet schwersten Angriff seit Kriegsbeginn
Samstag, 7. Juni
Drohnenkrieg gegen Russland: Elitekrieger in Campingstühlen
Im Krieg der Fußsoldaten sind Drohnen zur wichtigsten Waffe geworden. Einblick in das Handwerk einer ukrainischen Eliteeinheit im Krieg gegen Russland. Lesen Sie den ganzen Artikel hier.
Russland feuert Gleitbomben auf Charkiw – junge Frau tot
Russland hat nach den schwersten Luftangriffen seit Kriegsbeginn auf die ostukrainische Stadt Charkiw am frühen Abend erneut Gleitbomben im Stadtzentrum abgeworfen. Eine 30 Jahre alte Frau sei getötet worden, teilte Militärgouverneur Oleh Synjehubow bei Telegram mit. Demnach gab es auch mehr als 40 Verletzte, wie Präsident Wolodymyr Selenskyj mitteilte. "Das macht militärisch keinen Sinn. Reiner Terrorismus", sagte er.
Russland habe vier Gleitbomben im Stadtzentrum abgeworfen; zwei Gebäude einer Kindereisenbahn, Zugwaggons und zwei Privathäuser seien beschädigt worden, sagte Synjehubow. Es handele sich um einen beliebten Ort, an dem Familien samstags ihre Freizeit verbringen.
Erst am Morgen hatte Bürgermeister Ihor Terechow nach den russischen Luftschlägen vom Vorabend von drei Toten berichtet. 21 Menschen seien bei dem Angriff auf Wohnhäuser verletzt worden, darunter ein Säugling und ein 14-jähriges Mädchen. An verschiedenen Orten in der zweitgrößten Stadt des Landes waren nach ukrainischen Angaben 53 Drohnen, vier Gleitbomben und eine Rakete eingeschlagen. Das nahe an der Grenze zu Russland gelegene Charkiw ist immer wieder Ziel russischer Angriffe. Moskau führt seit mehr als drei Jahren einen zerstörerischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.
"Operation Spinnennetz": Bundeswehr äußert sich
Der ukrainische Drohnenangriff vom vergangenen Wochenende auf teils weit entfernte russische Ziele hat nach deutschen Angaben wahrscheinlich etwa zehn Prozent der strategischen Bomber Russlands beschädigt. Bei der Operation "Spinnennetz" habe wohl Schäden an mehr als einem Dutzend Flugzeugen gegeben, sagte Generalmajor Christian Freuding in einem YouTube-Podcast vom Samstag. Dabei gehe es um Maschinen der Typen TU-95 und TU-22 sowie A-50-Aufklärungsflugzeuge.
Die A-50, die ähnlich wie die AWACS-Flugzeuge der Nato für die Situationserkennung aus der Luft zuständig seien, seien wahrscheinlich nicht einsatzbereit gewesen, als sie getroffen wurden, so Freuding. Sie könnten wohl aber auch nicht mehr für Ersatzteile verwendet werden. Das sei für Russland ein Verlust, denn es gebe nur noch eine Handvoll dieser Flugzeuge.
Geheimoperation im Ukraine-Krieg: USA schätzen Russlands Verluste
Die USA schätzen laut Insidern aus ihren Reihen, dass der Drohnenangriff der Ukraine bis zu 20 russische Kampfflugzeuge getroffen hat, von denen etwa 10 zerstört wurden. Experten zufolge dürfte Russland Jahre brauchen, um diese zu ersetzen.
Trotz der Verluste geht Freuding aber nicht von unmittelbar weniger russischen Angriffen auf die Ukraine aus, da das Land immer noch 90 Prozent seiner strategischen Bomber besitze, die neben Bomben auch ballistische und Marschflugkörper abwerfen könnten.
Allerdings gebe es eine indirekte Auswirkung für Russlands Fähigkeiten im Ukraine-Krieg, da die verbleibenden Flugzeuge mehr Einsätze fliegen müssten. Das nutze sie schneller ab. Zudem habe der ukrainische Angriff eine enorme psychologische Auswirkung. Russland habe sich in seinem riesigen Territorium sicher gefühlt, was auch erkläre, warum die Flugzeuge kaum geschützt gewesen seien. Das werde sich nun ändern.
Laut Freuding griff die Ukraine zwei rund 100 Kilometer von Moskau entfernte Flugplätze sowie den Flugplatz Olenya in der Region Murmansk und den Flugplatz Belaya mit Drohnen an, die mit Hilfe von künstlicher Intelligenz trainiert wurden. Ein fünfter Angriff auf den Flugplatz Ukrainka in der Nähe der chinesischen Grenze sei gescheitert.
Ukraine meldet Abschuss eines russischen SU-35-Kampfjets
Nach Angaben der ukrainischen Luftwaffe ist es gelungen, ein weiteres russisches Kampfflugzeug abzuschießen. Bei dem Abschuss in der russischen Region Kursk soll es sich um einen Kampfjet vom Typ Su-35 handeln. Unabhängig bestätigen ließ sich der Verlust für Russlands Luftwaffe allerdings nicht.
Trump: Ukraine liefert Putin Grund für Angriffe
US-Präsident Donald Trump hat den jüngsten ukrainischen Schlag gegen die russische Luftwaffe kritisiert. "Sie haben Putin einen Grund geliefert, das Land in Grund und Boden zu bomben", sagte Trump an Bord der Air Force One auf die Frage eines Reporters zur ukrainischen "Operation Spinnennetz", bei der kürzlich Dutzende russische Flugzeuge zerstört oder beschädigt worden sein sollen. "Als ich die Bilder sah, dachte ich, jetzt geht's los, jetzt schlagen sie wieder zu", fügte Trump mit Blick auf Russland hinzu.
In den vergangenen Nächten hat Russland ukrainische Städte wieder massiv mit Kamikazedrohnen und Raketen angegriffen. Bei dem bislang schwersten Angriff auf die Stadt Charkiw im Nordosten des Landes starben in der Nacht zu Samstag nach Angaben des Bürgermeisters drei Menschen, 22 seien verletzt worden. Auch in anderen Landesteilen gingen russische Geschosse nieder. Die ukrainische Armee sprach von insgesamt 206 Drohnen, zwei ballistischen sowie sieben anderen Raketen. Zehn Orte seien getroffen worden.
Russland greift die Ukraine seit fast dreieinhalb Jahren immer wieder unprovoziert an. Auf Videoaufnahme der "Operation Spinnennetz" war außerdem zu erkennen, dass einige der angegriffenen Flugzeuge bereits Marschflugkörper unter ihren Tragflächen montiert hatten – was auf einen unmittelbar bevorstehenden Angriff hindeutet. Militärexperten halten russische "Racheakte" auch deshalb für unwahrscheinlich, weil die Angriffe viel Vorbereitungszeit brauchen. Auch die jüngsten russischen Angriffe gegen die Ukraine dürften daher schon vor der ukrainischen "Operation Spinnennetz" geplant worden sein.
Russland wirft Ukraine vor, Gefangenenaustausch zu verzögern
Russland hat die Ukraine zur Umsetzung eines vereinbarten Gefangenenaustauschs und der Übernahme von 6.000 getöteten Soldaten aufgefordert. Die russische Seite warte mit 1.212 tiefgefrorenen Leichen in Kühlschränken am Übergabepunkt, teilte Moskaus Verhandlungsführer Wladimir Medinski bei Telegram mit. Auch die anderen Überreste seien auf dem Weg.
- Eigene Recherche
- Nachrichtenagenturen dpa, AFP und Reuters