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Effenberg über Lisa Müller: "Als Spieler dürftest du den Verein verlassen"


Zu Lisa Müller
"Machst du das als Spieler, darfst du den Verein verlassen"

MeinungEine Kolumne von Stefan Effenberg

Aktualisiert am 06.11.2018Lesedauer: 5 Min.
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t-online.de-Kolumnist Stefan Effenberg. Im Hintergrund: Die Allianz Arena in München. Der FC Bayern ist einer der Schwerpunkte des Ex-Nationalspielers. 2001 führte er den Verein als Kapitän zum Sieg in der Champions League.Vergrößern des Bildes
t-online.de-Kolumnist Stefan Effenberg. Im Hintergrund: Die Allianz Arena in München. Der FC Bayern ist einer der Schwerpunkte des Ex-Nationalspielers. 2001 führte er den Verein als Kapitän zum Sieg in der Champions League. (Quelle: imago-images-bilder)

Die Frau von Thomas Müller hat dem FC Bayern geschadet. Wie Kovac trotzdem die Kurve kriegt und warum der BVB jetzt Favorit ist.

Heute, Mittwoch oder spätestens Donnerstag wäre es bei mir so weit. Dann würde es kribbeln und ich würde als Spieler wissen: Dieses Topspiel am Samstag, bei dem es um so viel geht, das werden wir gewinnen! Man spürt das einfach.

Die Woche im Schatten des Spitzenspiels

Dortmund gegen Bayern, Erster gegen Dritter – die ganze Woche steht im Schatten des Bundesliga-Spitzenspiels, auch wenn beide Vereine bis dahin natürlich noch einmal in der Champions League spielen.

So ein Samstag wie der kommende ist eigentlich wie gemacht für Bayern, um sich zu befreien – es kann aber genauso gut in die andere Richtung gehen.

Der FC Bayern hat nur einen Vorteil

Die Vorteile liegen nämlich beim BVB. Man braucht kein Fußballexperte zu sein, um das zu erkennen. Dortmund ist der Favorit. Sie liegen in der Tabelle vier Punkte vorn und haben das, was Bayern fehlt: Diese Unbekümmertheit, dieses Unverkrampfte. Sie kommen überhaupt nicht ins Grübeln und gewinnen auch die schwächeren Spiele. Sie haben mit Lucien Favre einen Trainer, der Bayern nicht unterschätzen wird. Und sie können auf sieben Punkte davonziehen, was fast drei Siege Vorsprung bedeuten würde. Das ist eine riesige Motivation.

Der FC Bayern hat nur einen einzigen Vorteil. Dass Dortmund vorher noch ein ganz schwieriges Spiel in Madrid hat – und Bayern zu Hause mit Athen den vermeintlich leichteren Gegner.

Bayern wird zu Recht scharf kritisiert

Für mich ist es unverständlich, wie die Bayern in diese schwierige Situation geraten konnten. Sie sind sehr dominant in die Saison gekommen. Sie wurden schon in den Himmel gelobt – völlig zu Recht. Nun werden sie scharf kritisiert – und auch das zu Recht. In zu vielen Spielen sind sie deutlich unter ihren Möglichkeiten geblieben.

Das Problem ist dabei die Art und Weise, wie sie Fußball spielen. Der FC Bayern steht normalerweise für Dominanz und Ballbesitz, strahlt Torgefahr aus, kreiert Chancen. Mittlerweile klappt nicht mal das.

Wut-Pressekonferenz? Heute wären sie schlauer

Ich glaube, dass die Rotation von Niko Kovac ein gewichtiger Punkt war, warum es diesen Bruch im Spiel gegeben hat. Rotation mag erst mal in Ordnung sein, wenn aber ein paar Spieler verletzt ausfallen wie Tolisso, Coman und aktuell auch noch Thiago, dann ist es schwer nachzuvollziehen, wenn man sie nicht einstellt.

Bayern hat derzeit viele Probleme. Dazu gehört auch die Außendarstellung. Was die Wut-Pressekonferenz gegen die Berichterstattung über den Verein angeht, sind sie wahrscheinlich heute schlauer und würden das anders regeln.

Die Reaktion der Bayern wirkte unsouverän

Dann hat Lisa Müller mit ihrer Aktion bei Instagram natürlich Öl ins Feuer gegossen. Als ihr Mann Thomas gegen Freiburg (1:1) spät von Kovac eingewechselt wurde, postete sie ein Bild davon mit dem Spruch "Mehr als 70 Minuten, bis der mal nen Geistesblitz hat". Jeder macht Fehler. Sie hat damit allerdings dem ganzen Verein geschadet – Niko Kovac sowieso und dazu allen, die die Verpflichtung von Kovac vorgenommen haben. Das war respektlos und unnötig in dieser Situation. Machst du das als Spieler, dann darfst du im Winter den Verein verlassen.

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Ich finde es gut, dass sie sich gleich entschuldigt hat. Dass Bayern das gleich auf der Homepage verkünden musste, wirkte allerdings wenig souverän. Das hätten sie sich sparen können.


Lisa Müller trägt nicht die Schuld an der Situation der Bayern, aber sie hat es nicht einfacher gemacht für Niko Kovac. Die Kritik an ihm ist ohnehin schon riesig. Ich bin einer der wenigen, die glauben, dass er die Situation meistert.

Ich würde lieber die Spieler hinterfragen, nicht Kovac

Man darf nicht vergessen, dass er auch schon kroatischer Nationaltrainer war und eine gewisse Erfahrung hat. Der menschliche Umgang bei Bayern München und die Führung der Superstars sind das alles Entscheidende, und da hat Niko Kovac seine Stärken – auch wenn es derzeit nicht so scheint.

Ich würde deshalb lieber die Spieler hinterfragen und in die Pflicht nehmen – sofern diese noch mal in der Lage sind, ihre Leistung abzurufen. Thomas Müller, Franck Ribéry, Arjen Robben, Mats Hummels oder Robert Lewandowski haben über Jahre 60 oder 65 Spiele im Jahr gemacht. Da ist die Frage, ob sie körperlich noch in der Lage sind, noch ein paar Jahre auf diesem Niveau zu spielen. Und ob sie überhaupt bereit sind. Ich glaube, das ist das Problem.

Die Altersgrenze hat sich verschoben

Früher warst du mit 29 oder 30 im besten Fußballeralter, dann hattest du noch drei, vier gute Jahre und dann warst du durch. Dann war die MLS eine Alternative oder Katar. Aber auf dem europäischen Spitzenniveau wurde es schwierig. Das hat sich alles nach vorne verschoben, weil die Spieler immer früher mit 18 oder 19 Jahren schon dauerhaft spielen und der Verschleiß hoch ist. Da gehört eine Selbstreflexion dazu, die du irgendwann an den Tag legen musst, um das zu erkennen und zu akzeptieren.

Kovac-Entlassung wäre eine herbe Niederlage für den Verein

An Stelle von Kovac würde ich es jetzt so machen: Ich würde den Spielern wie Ribéry oder Müller, die jetzt offenbar unzufrieden sind, sagen: "Den Karren, den wir jetzt in den Dreck gefahren haben, den holt ihr jetzt wieder mit raus. Ich lasse euch jetzt bis zum Winter immer spielen – und dann gibt es ein Zeugnis." Wenn es nicht funktioniert, haben Millionen von Fans und die Öffentlichkeit gesehen, dass es so ist. Dann kann Kovac sie immer noch rausnehmen – dann beschwert sich darüber aber niemand mehr.

Nach dem relativ schnellen Rauswurf von Ancelotti, einem der erfolgreichsten Vereinstrainer Europas, wäre es eine ganz herbe Niederlage für den Verein und die Verantwortlichen, wenn das mit Kovac am Ende auch nicht klappt. Deshalb sagte Uli Hoeneß auch, er werde Kovac "bis aufs Blut verteidigen." Er weiß das nämlich auch.

Brazzos Reaktion war wohl nicht optimal

Genau wie Brazzo (Hasan Salihamidzic, Anmerkung der Redaktion). Er wurde am vergangenen Wochenende mit der Frage konfrontiert, ob der Job von Kovac bei einer Niederlage in Dortmund in Gefahr sei. Seine Antwort, bevor er sich wegdrehte: "Fragen Sie bitte solche blödsinnigen Fragen nicht."

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Ich bezweifle, dass das die optimale Reaktion war. Es ist klar, dass diese Frage kommt – dann kann ich mich da anders drauf vorbereiten und dann positionieren. Da reicht es eben nicht zu sagen: "Intern ist es wichtig, dass wir ihm das Vertrauen aussprechen." Nein! Es ist auch wichtig, dem Trainer öffentlich das Vertrauen auszusprechen.

Brazzo muss schnell lernen

Er hätte sagen können: "Sie haben doch die Aussage von Uli Hoeneß gehört. Das unterschreibe ich. Wir werden Kovac bis aufs Blut verteidigen, jetzt bis zum Winter durchziehen und die Spieler in die Pflicht nehmen." So musst du Bayern führen. Das ist nichts gegen Brazzo, aber er muss einfach schnell lernen in dieser schwierigen Phase.

All das geht natürlich nur bis zu einem gewissen Punkt – das hat Ancelotti auch erfahren. Wenn sich Spieler wirklich schon abwenden, dann wird es eng. Aber wenn der Trainer dann gehen muss, ist auch klar, dass die Spieler zu viel Macht haben.

Eine Super League braucht kein Mensch

Ich hoffe, dass es nicht so kommt. Ein spannender Endspurt bis zum Winter wird es aber allemal. Da ist noch richtig Zündstoff drin.


Und das wiederum zeigt, dass wir eine Super League, über die in den letzten Tagen diskutiert wurde, überhaupt nicht brauchen. Natürlich geht es bei dem Projekt vor allem um finanzielle Interessen. Für die Bundesliga wäre es aber eine fatale Entwicklung, wenn der FC Bayern und Borussia Dortmund rausgehen würden. Sportlich braucht niemand eine Super League. Mit der Champions League gibt es bereits den perfekten Wettbewerb für die besten Klubs, sich zu messen.

Transparenzhinweis
  • Stefan Effenberg ist Botschafter des FC Bayern München und sagt dazu: „Ich repräsentiere den FC Bayern, insbesondere im Ausland. Mein Engagement hat keinen Einfluss auf meine Kolumnen bei t-online. Hier setze ich mich weiterhin kritisch und unabhängig mit dem Fußball auseinander — auch und insbesondere mit dem FC Bayern.“
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