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DFB: Hansi Flick unter Druck – Er weiß, was dann passiert


Flick vor den Schicksalsspielen
Dann ist er seinen Job los

Von Benjamin Zurmühl

Aktualisiert am 09.09.2023Lesedauer: 5 Min.
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Hansi Flick: Der Bundestrainer braucht dringend gute Ergebnisse.Vergrößern des Bildes
Hansi Flick: Der Bundestrainer braucht dringend gute Ergebnisse. (Quelle: IMAGO/BEAUTIFUL SPORTS/Wunderl)

Hansi Flick hat trotz der schwachen Bilanz der vergangenen Monate die Rückendeckung des DFB. Doch gegen Japan und Frankreich muss er liefern.

Egal, wie Hansi Flick seine Spieler auf die kommenden Länderspiele vorbereitet, auf Graugänse wird er wohl nicht mehr setzen. Bei der WM in Katar zeigte der Bundestrainer ein Video über den "Flug der Graugänse", um seine Spieler zusammenzuschwören für die erste Partie gegen Japan. "Lasst uns von den Gänsen lernen und gemeinsam unseren großen Flug machen", ist zu Beginn des Clips zu lesen.

Viele Reaktionen der Spieler sind in der Amazon-Doku "All or Nothing" nicht zu sehen, doch die Gesichter der Nationalspieler, die die Zuschauer eingeblendet bekommen, sind nicht sonderlich begeistert. Der "große Flug" wurde ohnehin zu einer Bruchlandung nach drei Spielen.

Flicks kämpferisches Versprechen

Wie damals heißt auch in der aktuellen Länderspielpause der erste Gegner Japan. Zwei Testspiele stehen für den Bundestrainer und seine Mannschaft an. Für Flick sind es entscheidende, denn der 58-Jährige steht unter Druck. Nach dem enttäuschenden WM-Aus und nur einem Sieg in fünf Spielen im Kalenderjahr 2023 ist die ohnehin angespannte Stimmung rund um den DFB noch einmal ernster geworden.

Gegen Japan am Samstag (ab 20:45 Uhr im Liveticker bei t-online) und Frankreich am Dienstag (ab 21 Uhr im Liveticker bei t-online) braucht es gute Leistungen und gute Ergebnisse, um Flicks Position als Bundestrainer zu stärken. "Hansi weiß natürlich auch mit seinem Trainerteam, dass er gefordert ist", hatte DFB-Sportdirektor Rudi Völler im Juni nach den sieglosen Partien gegen die Ukraine, Polen und Kolumbien gesagt.

 
 
 
 
 
 
 

Flick weiß, was passiert, wenn auch die Duelle gegen Japan und Frankreich enttäuschend enden. Er wäre seinen Job los. Der Traum von der Heim-EM wäre für ihn Geschichte. Öffentlich lässt sich Flick davon aber nichts anmerken, gibt sich kämpferisch. Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte er: "Ich kann versprechen, dass wir gut vorbereitet sind. In den vergangenen Wochen bin ich zu vielen Spielern gereist, wir haben über die Zukunft gesprochen, welche Erwartungen ich habe, welche Rollen die Spieler erfüllen müssen. Die Gespräche geben mir Zuversicht, dass die Mannschaft verstanden hat, was auf uns zukommt."

Erinnerungen an die WM 2014

"Die Zeit der Experimente ist vorbei", sagte Hansi Flick vor fast genau einem Jahr nach der 0:1-Niederlage gegen Ungarn in der Nations League. Den gleichen Satz hätte man vom Bundestrainer vor der Kadernominierung für die anstehenden Länderspiele erneut erwarten können. Doch Flick sagte ihn nicht. Er sagte dem RND: "Es gab eine Zäsur, eine neue Phase hat begonnen: Ab jetzt wollen wir die Kernmannschaft einspielen lassen."

Denn ein Experiment bahnt sich trotzdem an. Weil Deutschland auf den Außenverteidiger-Positionen keine Spitzenklasse zur Verfügung hat, wird Flick wohl auf eine Abwehrkette zurückgreifen, die an die WM 2014 erinnert. Nico Schlotterbeck, gelernter Innenverteidiger, hat offenbar links hinten die Nase vorn. 2014 war es Benedikt Höwedes, der aus der Mitte auf die Außenbahn rückte. Rechts hinten setzt Flick auf Joshua Kimmich, der eigentlich im zentralen Mittelfeld zu Hause ist. Seine spielerische Stärke will der Bundestrainer genauso nutzen, wie er es als Co-Trainer von Joachim Löw beim WM-Titel mit Philipp Lahm tat. Ob das der richtige Schachzug ist, darüber lässt sich streiten.

Die Kombination aus Schlotterbeck und Kimmich auf den Außen passt zu dem, was Flick schon im vergangenen Jahr im Spielaufbau sehen wollte. Er stellte immer einen defensiven und einen offensiven Außenverteidiger auf. Wenn beispielsweise die Wahl auf Jonas Hofmann für rechts fiel, bekam auf der linken Seite Thilo Kehrer den Zuschlag. Er blieb zur Absicherung bei den Innenverteidigern.

Wenn Deutschland also auf Japan und Frankreich trifft, wird Kimmich viele Freiheiten nach vorne haben, während Schlotterbeck sich neben Antonio Rüdiger und Niklas Süle positioniert. Benjamin Henrichs und Robin Gosens, die beiden einzigen Außenverteidiger im Kader, sind beides eher offensive Typen, spielen bei ihren Vereinen auf der linken Seite in einer Fünfer-Abwehrkette. Für das Gleichgewicht bräuchte es auch hier einen defensiveren Verteidiger auf der anderen Außenbahn. Neben Schlotterbeck auf links, kann das auch Süle auf rechts sein.

Zwei schmerzhafte Verletzungen

Im Mittelfeldzentrum wird weder Joshua Kimmich noch Leon Goretzka spielen. Denn Letzterer wurde bei der Nominierung nicht berücksichtigt. İlkay Gündoğan wird der Schlüsselspieler in der Mitte sein. An seiner Seite voraussichtlich Emre Can, der ihm den Rücken freihalten und die "Drecksarbeit" erledigen soll.

Davor hätte Hansi Flick wohl gerne Jamal Musiala im offensiven Mittelfeld aufgestellt. Doch der Dribbelkünstler des FC Bayern fällt verletzt aus. Gleiches gilt für Mittelstürmer Niclas Füllkrug, der ebenfalls fest eingeplant war. Für den Neu-Dortmunder nominierte Flick Thomas Müller nach. Während Füllkrug ein klassischer Mittelstürmer ist und mit seiner Physis im Offensivspiel Bälle mit dem Rücken zum gegnerischen Tor festmachen kann, liegen Müllers Eigenschaften woanders. Er ist eher eine "Hängende Spitze", die hinter einem Torjäger wie Füllkrug spielt.

Trotzdem entschied sich Flick dazu, keinen klassischen Mittelstürmer – wie Kevin Behrens von Union Berlin – mitzunehmen. Ein Risiko, denn nun sind Kai Havertz, Serge Gnabry und Thomas Müller seine Optionen. Keiner von ihnen fühlt sich im Sturmzentrum wirklich wohl. Doch einer von ihnen muss dort spielen. Den Beginn macht voraussichtlich Kai Havertz.

Ein neuer Kapitän

Mit einem Schachzug erhofft sich Flick ebenfalls einen Effekt. İlkay Gündoğan ist jetzt der neue Kapitän. Während der Abwesenheit von Manuel Neuer und Thomas Müller war es Joshua Kimmich, der die Binde trug. Nun ist Müller wieder dabei, Kimmich zählt ebenfalls zum Kader, doch Flick setzt auf den Mittelfeldmann vom FC Barcelona, der im Sommer mit Manchester City das Triple aus Meisterschaft, Pokal und Champions League gewann. Kimmich ist ab sofort sein Vize.

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Die beiden Profis hätten sich zu dieser Lösung bekannt, "das Ganz auszuführen. Das gibt uns eine neue Energie", erklärte Flick. Gündoğans Erfahrung und sein Selbstbewusstsein aus den vergangenen Monaten kann die angeknackste Nationalelf gut gebrauchen.

"Ich freue mich sehr über das Vertrauen vom Bundestrainer, vom gesamten Team. Es ist eine große Ehre für mich, der Kapitän zu sein und diese noch relativ junge Mannschaft auf den Platz führen zu dürfen. Ich weiß, dass das eine große Verantwortung mit sich bringt", kommentierte der 32-Jährige die Entscheidung.

Mit neuer Abwehr, neuem Kapitän und einem riskanten Plan im Sturm will der Bundestrainer also die Wende schaffen. Wenn ihm die gelingt, klappt es vielleicht doch noch mit dem großen Flug. Zumindest in die USA, wo im Oktober die nächsten deutschen Länderspiele stattfinden.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
  • Amazon-Doku "All or Nothing"
  • rnd.de: "Flick und Völler mit EM-Ansage: '... dann sollten wir uns schämen'"
  • Nachrichtenagentur dpa
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