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Gehaltsvorstellung: So viel erwarten Frauen und Männer – und das kriegen sie


Wunsch vs. Realität
So viel Gehalt erwarten Frauen und Männer – und das kriegen sie

  • Christine Holthoff
Von Christine Holthoff

Aktualisiert am 30.09.2020Lesedauer: 4 Min.
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Eine Frau und ein Mann unterhalten sich (Symbolbild): Bei den Gehaltsvorstellungen klafft eine große Lücke zwischen den Geschlechtern.Vergrößern des Bildes
Eine Frau und ein Mann unterhalten sich (Symbolbild): Bei den Gehaltsvorstellungen klafft eine große Lücke zwischen den Geschlechtern. (Quelle: PeopleImages/getty-images-bilder)

Über das ganze Berufsleben hinweg verdienen Frauen halb so viel wie Männer. Die Lücke fängt schon beim ersten Gehalt an – und bei den Vorstellungen der Bewerber.

Wer von der Uni oder Fachhochschule ins Berufsleben startet, grübelt bei der Bewerbung über eine Frage oft besonders nach: Wie viel Gehalt will ich eigentlich bekommen?

Im Schnitt liegen Wunsch und Realität dabei gar nicht so weit auseinander, wie eine Auswertung der Jobplattform Stepstone und dem Beratungsunternehmen Universum zeigt, die t-online exklusiv vorliegt. Vergleicht man hingegen die Erwartungen von weiblichen und männlichen Absolventen sieht das Bild anders aus.

Satte 9.196 Euro liegen zwischen den Geschlechtern, was die Vorstellungen von ihrem ersten Gehalt angeht. Während Männer zum Berufseinstieg durchschnittlich 49.954 Euro brutto im Jahr erwarten, sind es bei Frauen nur 40.758 Euro. Zwar schätzen sich die Hochschulabsolventinnen damit weit realistischer ein als ihre Kommilitonen. Ihr tatsächliches Gehalt liegt letztlich aber auch durchschnittlich 5.623 Euro unter dem der Männer.

"Die reale Lohnlücke zwischen Frauen und Männern entsteht bei vielen schon mit den Gehaltsvorstellungen bei der Bewerbung für den ersten Job – und diese bleibt häufig dauerhaft bestehen", sagt Tina Smetana, Country Manager Germany bei Universum.

Lücke beim Einstiegsgehalt ist nur der Anfang

Über das gesamte Berufsleben – und alle Bildungsabschlüsse – gesehen vergrößert sich die Lücke noch drastischer, wie eine aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung zum Lebenserwerbseinkommen in Deutschland zeigt. In Westdeutschland verdienen Frauen demnach im Lauf ihres Berufslebens 45 Prozent dessen, was Männer verdienen, im Osten sind es 40 Prozent.

Die Gründe dafür sind vielfältig. So verdienen Frauen im Schnitt nicht nur sechs Prozent weniger, wenn sie die gleiche Qualifikation haben und den gleichen Job machen wie Männer. Sie arbeiten zusätzlich auch viel öfter in Berufen, die generell schlechter bezahlt sind, besetzen seltener Führungspositionen und sind vermehrt in Teilzeit beschäftigt. Der Bertelsmann-Studie zufolge führen Kinder zudem dazu, dass das Einkommen von Müttern im Lauf des Berufslebens deutlich sinkt, für das Einkommen von Männern haben sie hingegen kaum Folgen.

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Umso wichtiger ist es laut Experten, dass Frauen zumindest schon einmal an den Stellschrauben drehen, die sie direkt beeinflussen können – wie eben den Gehaltsforderungen. "Ich stelle immer wieder fest, dass vor allem Hochschulabsolventinnen gar nicht wissen, dass Gehälter überhaupt verhandelbar sind", sagt etwa die Verhandlungstrainerin Ljubow Chaikevitch im Gespräch mit t-online.

Die Wirtschaftswissenschaftlerin hat es sich zur Aufgabe gemacht, Frauen fit zu machen, um ein angemessenes Gehalt zu erzielen. "Viele informieren sich inhaltlich über einen Job, aber das Thema Gehalt fällt häufig hinten runter", sagt sie. Männer hingegen seien dafür generell offener und unterhielten sich auch untereinander stärker über Gehälter.

Vorbereitung und Selbstvertrauen verbessern

Chaikevitch empfiehlt Frauen daher, ihren Marktwert ordentlich auszuarbeiten. Oft helfe schon eine simple Online-Recherche. "Man kann sich aber auch Mentorinnen oder Mentoren suchen, Menschen aus der Branche gezielt ansprechen", rät sie. "Auch um herauszufinden, welche überdurchschnittlichen Gehälter möglich sind."

Neben einer besseren Vorbereitung sollten Frauen ihrer Ansicht nach an ihrem Selbstvertrauen arbeiten, indem sie sich ihrer Stärken bewusster werden. "Frauen bewerben sich oft nur auf Stellen, für die sie alle Kriterien erfüllen. Männer sagen sich viel häufiger, 'Ach, komm, ich probier's einfach mal'", sagt Chaikevitch.

Gehaltserwartungen auch bei gleichen Studiengängen unterschiedlich

Tatsächlich erwarten Hochschulabsolventinnen den Stepstone-Zahlen zufolge auch dann weniger Gehalt, wenn sie den gleichen Studiengang gewählt haben wie Männer. Und: Diese Differenz schlägt sich letztlich in den tatsächlichen Gehältern nieder.

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Die größte Lücke in den Erwartungen der Geschlechter klafft bei den Wirtschaftswissenschaftlern. Während männliche Betriebs- oder Volkswirte von einem Einstiegsgehalt von etwa 50.800 Euro ausgehen, sind es bei den Frauen etwa 8.500 Euro weniger, nämlich 42.300 Euro.

Zwar liegen in dieser Absolventengruppe damit beide Geschlechter über dem, was sie anschließend im Durchschnitt bekommen. Männer erhalten allerdings mit 42.350 ziemlich genau das, was Frauen erwartet haben, wohingegen diese mit etwa 39.300 Euro mehr als 3.000 Euro darunter liegen.

Auch Wirtschaftsingenieure überschätzen sich

Ähnlich sieht es bei den Wirtschaftsingenieurinnen und Wirtschaftsingenieuren aus. Auch hier überschätzen sowohl Männern als auch Frauen, was sie zum Berufseinstieg verdienen können. Frauen lagen um etwa 4.600 Euro daneben, Männer um 5.800 Euro.

Erneut zeigt sich dabei: Die höheren Erwartungen und damit wahrscheinlichen größeren Gehaltsforderungen der Männer spiegeln sich auch im tatsächlichen Gehalt wider. Sie bekommen im Schnitt 3.600 Euro mehr als Frauen.

Psychologinnen bekommen 4.000 Euro mehr als sie denken

Deutlich selbstbewusster könnten vor allem Absolventinnen naturwissenschaftlicher Studiengänge auftreten. Während sich ihre Kommilitonen nur um 100 Euro unter Wert verkaufen, liegt das Gehalt von Biologinnen, Chemikerinnen, Pharmazeutinnen und Physikerinnen mit etwa 43.500 Euro rund 2.200 Euro über ihren Erwartungen.

Ein ähnliches Bild geben die Psychologinnen und Psychologen ab. Während die Männer mit einem Einstiegsgehalt von etwa 42.400 Euro rechnen und 41.500 Euro bekommen, erwarten Frauen rund 36.800 Euro – und damit satte 4.000 Euro weniger als sie tatsächlich erhalten.

Zur Methode:
Universum hat für die Analyse rund 47.000 Studierende nach ihren Gehaltsvorstellungen für den ersten Job gefragt. Die Daten wurden im Zeitraum von Oktober 2019 bis April 2020 erhoben. Um herauszufinden, wie realistisch diese sind, hat Stepstone sie mit den Einstiegsgehältern von rund 11.000 Berufseinsteigern mit akademischer Ausbildung und maximal zwei Jahren Berufserfahrung verglichen. Die Daten wurden im Zeitraum von Januar 2018 bis August 2019 erhoben. Bei der Auswertung wurden aus Gründen der Vergleichbarkeit nur die Angaben derjenigen Umfrageteilnehmer berücksichtigt, die in Vollzeit arbeiten. Alle Gehaltsdaten basieren auf Angaben ohne Boni oder anderen variablen Gehaltsanteilen.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Ljubow Chaikevitch
  • Studie der Bertelsmann Stiftung
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