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Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Waffen machen Milliardäre Rheinmetall mit Nato-Power

Der Beschluss zur massiven Erhöhung der Ausgaben für Sicherheit und Verteidigung ist für Anleger wichtig. Denn Gelder gehen ihren Weg.
Fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Sicherheit und Rüstung ziehen Milliarden nach sich. Was jüngst beim Nato-Gipfel versprochen wurde, erfreut Anleger von Rheinmetall bis Hensoldt. Denn die Stimmung für den Sektor bleibt bestens. Die UBS sieht für Rheinmetall bereits ein Kursziel von 2.200 Euro, das von Mediobanco aus Italien unmittelbar nach dem Gipfel direkt getoppt wurde – 2.250 Euro.
Bei der UBS wäre es vermutlich noch etwas mehr, würde man nicht einen Risikoaspekt anführen. Die EU denkt Gerüchten zufolge darüber nach, hohe Gewinne der Rüstungskonzerne im Zuge des massiven Anstiegs der Rüstungsausgaben zu verhindern. "Solche Steuern könnten aber kontraproduktiv mit Blick auf einen deutlichen Ausbau der europäischen Rüstungsproduktion sein", so die Schweizer Großbank. Zudem würden derartige Steuerpläne im Moment auch kaum auf breite politische Unterstützung treffen.

Zur Person
Daniel Saurenz ist Finanzjournalist, Börsianer aus Leidenschaft und Gründer von Feingold Research mit 30 Jahren Börsenerfahrung. Sein Fokus liegt auf langfristigem Vermögensaufbau und aktivem Handel an der Börse basierend auf den Standbeinen Behavioral Finance, technische Analyse, Produkt- und Marktexpertise. Bei t-online schreibt er über Investments und die Lage an den Märkten. Sie erreichen ihn unter https://www.instagram.com/saurenz_invest/
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Der Weg des Geldes
Kompliziert ist es dennoch mit Rüstungsaktien, denn die Charts zeigen, dass Steuergeld quasi auf direktem Weg zu Investoren gelangt. Nahezu linear verhalten sich die Zusammenhänge zwischen Rüstungsausgaben und ebensolchen Plänen mit den Kursverläufen bei Rheinmetall und seinen Mitbewerbern. "Es erinnert an die Corona-Zeit, als jede Wasserstandsmeldung hinsichtlich Impfstoffen die Kurse bei Biontech steigen ließ", finden die Experten vom Smartbroker.
Rüstung schlägt dabei sogar die zwei Buchstaben, die die Börsen international 2025 beflügeln wie einst das Internet in den Neunzigern: KI. "Wer im Analysten-Call gegenwärtig nicht wenigstens KI erwähnt, gilt als gestrig. Wer in einem Fonds aber Rüstungstitel vermissen lässt, der wirkt auch, als hätte er den Zug verpasst“, sagt Franz-Georg Wenner von IndexRadar.
Die zweite Reihe geht mit
Selbst die Aktien von Konzernen mit überschaubarem Militärbezug wie Deutz oder ThyssenKrupp haben sich kursseitig vervielfacht, während Rheinmetall mittlerweile schwerer wiegt als Commerzbank und Mercedes-Benz zusammen. Seit Beginn des Ukraine-Kriegs legte die Aktie um rund 2.000 Prozent zu – allerdings mit schmerzhaften Korrekturen von bis zu 40 Prozent. Volatilität bleibt Trumpf. Rüstung vereint derzeit alles, was Anleger lieben: viel Geld, politische Rückendeckung und eine fast makellose Wachstumsstory.
Die jüngste massive Erhöhung der Ausgaben auf fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) war dazu eine geopolitische Charmeoffensive in Richtung Trump, verbunden mit der Hoffnung, bei den US-Zollplänen glimpflich davonzukommen. Fraglich nur, wie viele EU-Länder solche Pläne mit Blick auf ihre Haushaltslage stemmen können. Dieses Problem taucht dann bei den Verschuldungsquoten wieder auf.
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Planungssicherheit ist alles
Dennoch: Staatsaufträge bedeuten Planungssicherheit, Konjunkturunabhängigkeit und – an der Börse besonders geschätzt – gute Vorhersehbarkeit der Geschäftsentwicklung (Visibilität). Die Rüstungsanteile bei Firmen sind dagegen unterschiedlich, wie Vanyo Walter vom Broker RoboMarkets weiß: Demnach macht die Rüstungs- und Raumfahrtsparte bei Airbus im vergangenen Jahr rund 17 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Beim Triebwerkhersteller MTU liegt die Quote unter zehn Prozent.
Der italienische Rüstungskonzern Leonardo und der britische Konzern BAE Systems sind dagegen beim Geschäft stark auf Nordamerika fokussiert. Dort sind die Verteidigungsausgaben zwar traditionell am höchsten, aber eben zuletzt nicht sprunghaft gestiegen. Es überrascht Experte Walter daher nicht, "dass die Kursrallye hier deutlich zahmer verlief". So seien auch die wesentlich niedrigeren Bewertungen der beiden Konzerne zu erklären.
Die Platzhirsche in Deutschland
Zu den beliebtesten Aktien an Börsenplätzen wie Gettex liegen hingegen zwei Titel aus dem Mdax: Renk und Hensoldt. Die eine Aktie plus 350 Prozent, die andere fast 200 Prozent seit Jahresbeginn. Doch wie stabil ist das Fundament? Bei Renk stammen nur rund zwei Drittel des Umsatzes aus Rüstung, der Europa-Anteil ist kaum höher als 50 Prozent. Hensoldt dagegen ist ein fast lupenreiner Militärwert mit europäischem Fokus – ein klarer Pluspunkt.
Aber: Die Aktie notiert auf Rekordniveau, gut doppelt so hoch wie ihr 200-Tage-Durchschnitt. Historisch gesehen waren solche Phasen stets Vorboten schmerzhafter Rücksetzer. Mehrfach fiel der Titel in den vergangenen Jahren um rund 40 Prozent. Der Sommer könnte bei Rüstung vielversprechend, aber auch zwischendurch richtig volatil werden.
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