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Wirtschaft: Wie Freundlichkeit und gutes Auftreten Sie in die Irre führt


Schlechtes Krisenmanagement
Die teure Naivität der Deutschen

MeinungVon Daniel Saurenz

05.10.2023Lesedauer: 3 Min.
Meinung
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Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.
CEO schaut durchs Fenster auf die SkylineVergrößern des Bildes
Chefetage in einem Konzern (Symbolbild): Unternehmensbosse müssen ständig Entscheidungen treffen und Krisen meistern. (Quelle: gorodenkoff)

Ob in der Politik oder Wirtschaft – freundliches Auftreten allein garantiert keinen Erfolg, auch nicht den finanziellen Erfolg an der Börse.

Freundlicher im Ton und sympathischer im Auftreten als Robert Habeck kann man wohl kaum sein. Deshalb wählten ihn die Deutschen vor nicht einmal drei Jahren zum beliebtesten Politiker. Nicht weit entfernt rangierte damals seine Parteikollegin Annalena Baerbock, die mittlerweile im Außenministerium nicht nur eine lange Fehlerkette vorzuweisen hat, sondern bei ihren Zielen auch wenig zimperlich ist und keinesfalls übervorsichtig agiert.

Auch Habeck zeigte bei allem freundlichen Auftreten, dass er für grüne Dogmen über ökonomische Leichen geht. Abzulesen ist dies sehr gut daran, dass der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe in Deutschland auf einem Level von 40 verharrt. Unter 50 spricht man von Schrumpfung, und in diesem Bereich ist Deutschland somit seit eineinhalb Jahren in einer dicken Rezession.

Daniel Saurenz von Feingold Research begleitet Sie als Experte durch das Börsengeschehen.
Daniel Saurenz von Feingold Research begleitet Sie als Experte durch das Börsengeschehen. (Quelle: Goldlicht Fotografie)

Der Aktienprofi

Daniel Saurenz ist Finanzjournalist, Börsianer aus Leidenschaft und Gründer von Feingold Research. Mit seinem Team hat er insgesamt mehr als 150 Jahre Börsenerfahrung und bündelt Börsenpsychologie, technische Analyse, Produkt- und Marktexpertise. Bei t-online schreibt er über Investments und die Lage an den Märkten, immer unter dem Fokus des Chance-Risiko-Verhältnisses für Anleger. Sie erreichen Daniel auf seinem Portal www.feingoldresearch.de.

Krisenmanagement will gelernt sein

Wer also in Sachen Wirtschaftspolitik und auch in den auswärtigen Angelegenheiten geglaubt hat, Freundlichkeit und nettes Auftreten würden Erfolg garantieren, irrt gewaltig. Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger mag daherkommen wie ein unbeholfener Einsiedler, die nackten Tatsachen sprechen dort jedoch dafür, dass hinter den Kulissen einige gute Entscheidungen getroffen wurden.

An der Börse neigen deutsche Anleger auch dazu, Vorstandsvorsitzenden mit netter Erscheinung und freundlichem Auftreten Vertrauen zu schenken. Kasper Rorstedt bei Adidas kam als netter, verbindlicher Typ vom Dax-Konkurrenten Henkel zu den Franken, und man traute ihm zu, mit seiner ruhigen Art Erfolg zu haben.

Nach wenigen Jahren war die Bilanz desaströs und der Adidas-Kurs ebenso wie das Wachstum gegen die Wand gefahren – nettes Auftreten hin oder her. Im Gegenteil: Rorstedt kriegte eine Affäre um den Rapper Kanye West nicht in den Griff und versagte im Krisenmanagement. "Als Bilanz der Adidas-Aktie in den letzten Jahren bleibt ein Absturz von 335 auf zwischenzeitlich 100 Euro und damit eine Drittelung des Marktwerts auf nur noch 20 Milliarden Euro", rechnet Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets vor.

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Freundlich und erfolglos

Das Paradebeispiel für den vermeintlich netten und gut meinenden CEO aus deutschen Landen ist jedoch Werner Baumann, ehemaliger Boss des Bayer-Konzerns. Er drückte eine vorbereitete Übernahme des umstrittenen US-Saatgutriesen Monsanto durch. Selbst jeder drittklassig informierte Marktteilnehmer konnte sich damals ausmalen, dass versierte US-Anwälte nur auf den Tag X warten würden, um Bayer mit Klagen zu überziehen, die ihnen Monsanto ans Bein gebunden hatte.

Baumann erklärte in seiner ruhigen Art jedoch stets, wie sinnvoll die Übernahme des US-Konkurrenten gewesen sein soll. "Eine Notwendigkeit im hart umkämpften Sektor sollte es sein", so Analyst Molnar. Baumann versprach dabei über Jahre, dass man nur warten müsse, bis sein strategischer Schachzug mit Monsanto Früchte trüge. Wenn er das selbst geglaubt hat, dann war er über alle Maßen naiv. Falls er es nicht glaubte, war er abgezockt und dreist seinen Aktionären gegenüber.

Ist der Ruf erst ruiniert

Denn in Wirklichkeit war es ein Himmelfahrtskommando seitens Bayer, das den ehemals stolzen Konzern aus Leverkusen zu einem Spielball von Klägern machte. Baumann ruinierte nicht nur den Ruf der Rheinländer, sondern zementierte den Börsenwert auch auf Jahre im Bereich unter 50 Euro. "Aus einem Konzern mit weit mehr als 120 Milliarden Wert wurde ein Unternehmen, das nur noch 45 Milliarden auf die Waage bringt", so Salah Eddine-Bouhmidi vom Broker IG.

Seit dem Jahr 2016 planierte Baumann nicht nur Werte, sondern auch die Firmenkultur. Obendrein zeigt ein Konkurrent wie Novo Nordisk, wie gutes Management geht. Im Zeitraum, in dem Baumann bei Bayer mehr als 80 Milliarden vernichtete, legte Novo Nordisk über 200 Milliarden zu. Deutsche Anleger sind leider deutlich stärker in Adidas oder Bayer investiert als in Erfolgsunternehmen wie Novo Nordisk, eben weil sie den auf den ersten Blick freundlich verkauften Geschichten oft glauben wollen. Bayer liegt beim Broker Consorsbank immerhin unter den 15 meistgehandelten Aktien, weit vor Erfolgsgeschichten wie Google, Meta oder McDonalds.

Nett? Gewieft?

Dass der nette Schein bei Baumann womöglich doppelt trügt, erahnt man nicht nur beim Addieren seiner Gehälter und Boni der vergangenen Jahre bei Bayer. Man könnte es auch bei der Wahl seines neuen Arbeitgebers merken. Denn ab Oktober sitzt Baumann beim US-Pharmagroßhändler AmerisourceBergen im Verwaltungsrat. Ende 2022 beschuldigte das US-Justizministerium den neuen Arbeitgeber, einen guten Teil zur großen Opiodkrise beigetragen zu haben, da man unkontrolliert starke Schmerzmittel vertrieben habe. In Politik und Wirtschaft gilt gleichermaßen – abgerechnet wird am Ende.

Transparenzhinweis
  • Der Artikel stellt keine Kauf- oder Anlageberatung dar. Auf Finanzanalysen von Dritten hat die t-online-Redaktion keinen Einfluss.
Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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