Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Anlagetrend der Woche Trump macht die USA zum Sanierungsfall

Der Zinsmarkt sagt die Wahrheit: Diese Weisheit unter Investoren gilt seit Jahrzehnten. Trifft das auch diesmal zu, sollte man sich anschnallen.
Es war ein später Freitagabend, als Moody's zur Axt griff – zumindest symbolisch. Die letzte der drei großen Ratingagenturen entzog den USA die Top-Bonität. Ein Schritt, der nicht völlig überraschend kam – immerhin hatte Moody's den Ausblick bereits im November 2023 von "stabil" auf "negativ" gesenkt –, aber dennoch historisches Gewicht hat: Erstmals seit Jahrzehnten gewährt keine der "Big Three" den Vereinigten Staaten mehr die Bestnote.
Erinnerungen werden wach an den Sommer 2011, als Standard & Poor's den Daumen senkte. Nach wochenlangen Schuldenstreit-Debatten sackte der S&P 500 damals innerhalb von gut zwei Wochen um knapp 20 Prozent ab und blieb noch monatelang nervös. Die aktuellen Marktreaktionen fallen im Vergleich geradezu gelassen aus. Es ist daher eher ein weiterer Kratzer im Lack der vermeintlich unantastbaren Weltmacht.
Signale der Sorge
Doch dieser Lack blättert schon länger. Und es gibt Warnsignale. "Die Rendite 30-jähriger US-Staatsanleihen hat just die Marke von fünf Prozent überschritten", konstatiert Thomas Soltau von Smartbroker. Die US-Staatsschulden liegen bei 38 Billionen Dollar – das entspricht rund 125 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Die USA, ein Sanierungsfall?
"In absoluten Zahlen sind die USA das höchst verschuldete Land der Welt. Die gesamte EU kommt auf rund 14 Billionen Euro oder 80 Prozent des BIP", rechnet Vanyo Walter vom Broker Robo Markets vor. Deutschland liegt bei vergleichsweise bescheidenen 2,5 Billionen. Washington also als König der absoluten Kreditnehmer – jedoch ohne klaren Konsolidierungsplan. Das treibt denn auch den Risikoaufschlag bei den Staatsanleihen nach oben.

Zur Person
Daniel Saurenz ist Finanzjournalist, Börsianer aus Leidenschaft und Gründer von Feingold Research. Mit seinem Team hat er insgesamt mehr als 150 Jahre Börsenerfahrung und bündelt Börsenpsychologie, technische Analyse, Produkt- und Marktexpertise. Bei t-online schreibt er über Investments und die Lage an den Märkten. Sie erreichen ihn auf seinem Portal www.feingoldresearch.de. Alle Gastbeiträge von Daniel Saurenz lesen Sie hier.
Japan steht noch schlimmer da
Großzügig könnte man anführen, dass die prozentualen Schulden bei den Japanern noch weitaus höher liegen, die Demografie dort schlechter aussieht und selbst Japan gerade ein kleines Inflationsproblem in einigen Sektoren hat.
So musste diese Woche der Agrarminister zurücktreten, weil einerseits die Preise für Nahrungsmittel massiv klettern und er andererseits öffentlich erklärte, noch nie ein einziges Kilo Reis selbst gekauft zu haben. Er habe den Reis stets von "Unterstützern" erhalten. Eine Kuriosität im aktuellen Umfeld wirtschaftlicher Probleme in Japan. Der Anleihemarkt dort sendet ebenfalls SOS.
Zinskosten – es wird richtig teuer
Doch zurück zu den Amerikanern. Laut Moody’s sollen die Defizite bis 2035 auf neun Prozent des BIP steigen. "In den kommenden vier Jahren müssen Anleihen im Volumen von 28 Billionen Dollar refinanziert werden", rechnet Experte Walter vor. Mit dem steigenden Zinsniveau haben sich die Netto-Zinszahlungen zwischen 2020 und 2023 verdreifacht. "Inzwischen ist der Schuldendienst der drittgrößte Ausgabenposten im US-Haushalt – noch vor der Verteidigung", so Thomas Soltau.
Tino Steinbusch von der ApoBank findet zudem zurecht, dass "die Märkte zwar nervös sind – und dennoch seltsam ruhig". Anleger, die ebenfalls ruhig sind und auf wieder fallende Zinsen in den USA setzen, können dies sogar selbst umsetzen. Im Derivatebereich ermöglich dies beispielsweise JP Morgan mit seinen Produkten auf steigende Anleihekurse und damit sinkende Zinsen.
Dieser Mechanismus ist wichtig zu verstehen, wenn man auf den Zinsmarkt setzen will. Ein Beispiel ist das Papier mit Wertpapierkennnummer JL04UF. Dort spekuliert man auf steigende Anleihekurse und sinkende Zinsen bei zehnjährigen US-Treasury-Notes. Mit anderen Worten – Investoren können so auf eine Entspannung bei US-Zinsen setzen.
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