Frag t-online Laut Testament enterbt: Bekomme ich wirklich gar nichts?

Jeden Tag beantwortet ein Experte aus der t-online-Ratgeberredaktion eine Leserfrage rund ums Geld. Heute geht es um den letzten Willen.
Wenn Geschwister unterschiedliche Elternteile haben, kann es im Erbfall kompliziert werden. Besonders heikel wird es, wenn ein handschriftliches Testament auftaucht, das einzelne Angehörige bevorzugt. So ist es einem t-online-Leser geschehen. Er schildert folgenden Sachverhalt und möchte wissen: "Mein Halbbruder (gleicher Vater, bereits verstorben) ist gestorben. Seine Mutter legte ein handschriftliches Testament des Halbbruders vor, das sie als Alleinerbin bestimmt. Ist damit für mich jedes Erbrecht verloren?"
Nicht unbedingt. Zunächst aber gilt: Ein handschriftliches Testament ist in Deutschland grundsätzlich wirksam, wenn es eigenhändig geschrieben und unterschrieben wurde (§ 2247 BGB). Es kann die gesetzliche Erbfolge vollständig außer Kraft setzen – auch zugunsten einer einzelnen Person. Der Erblasser kann frei entscheiden, wen er als Erben einsetzt, auch wenn das bedeutet, gesetzliche Erben komplett zu übergehen.
Wenn ein Halbbruder seine Mutter in einem eigenhändigen Testament zur Alleinerbin bestimmt hat und dieses formwirksam ist, haben gesetzliche Erben keinen Anspruch auf einen Erbteil, solange sie nicht pflichtteilsberechtigt sind. Pflichtteilsansprüche haben jedoch nur Kinder, Enkel, Eltern und Ehe- oder eingetragene Lebenspartner. Halbgeschwister haben keinen Pflichtteilsanspruch. Der Pflichtteil ist die Hälfte des gesetzlichen Erbteils (mehr dazu hier).
Erbe nur unter bestimmten Voraussetzungen
Erbberechtigt wäre der Leser also nur unter zwei Bedingungen: Erstens muss sich herausstellen, dass das Testament nicht echt oder nicht gültig ist. Lesen Sie hier, wann ein Testament ungültig wird. Besteht Grund zu dieser Annahme, sollten Betroffene sich anwaltlich beraten lassen und das Testament anfechten. Das hat jedoch nur Sinn, wenn eine zweite Bedingung erfüllt ist: Es dürfen keine Erben erster Ordnung vorhanden sein.
Denn ohne gültiges Testament greift die gesetzliche Erbfolge und die kennt insgesamt fünf Ordnungen (mehr dazu hier). Eltern und Halbgeschwister gehören beide zur zweiten Ordnung. Hätte der Halbbruder also Kinder oder einen Ehepartner hinterlassen, würden nur diese bedacht, da sie zur ersten Ordnung zählen.
Bei einem kinderlosen Halbbruder väterlicherseits, dessen Mutter noch lebt, der Vater aber nicht, treten Halbgeschwister allerdings erbrechtlich an die Stelle des bereits verstorbenen gemeinsamen Vaters. Sie erhalten dann wie die noch lebende Mutter automatisch 50 Prozent des Nachlasses.