Zwei Wirkstoffe zugelassen Tabakentwöhnung auf Rezept: Was Betroffene jetzt wissen müssen

Wer ernsthaft mit dem Rauchen aufhören möchte, bekommt bald Unterstützung von der Krankenkasse – allerdings nur unter bestimmten Bedingungen.
Mit dem Rauchen aufzuhören, fällt vielen schwer. Künftig können sich stark abhängige Raucherinnen und Raucher medizinisch unterstützen lassen – mit Medikamenten, die die gesetzliche Krankenversicherung bezahlt. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss nun beschlossen. Doch: Die Bedingungen sind streng.
Was genau hat der G-BA beschlossen?
Zukünftig dürfen Ärzte die Wirkstoffe Nikotin und Vareniclin zur Tabakentwöhnung auf Rezept verschreiben – auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung. Das gilt aber nur, wenn eine sogenannte schwere Tabakabhängigkeit vorliegt. Diese wird nicht nur über die internationale Klassifikation ICD-10 bestimmt, sondern auch über den Fagerström-Test, einen Fragebogen zur Erfassung der Nikotinabhängigkeit. Wer dort sechs oder mehr Punkte erreicht, gilt als schwer abhängig. Und: Auch wer es trotz eines hohen Risikos für Folgeschäden nicht schafft, mit dem Rauchen aufzuhören, zählt zur Gruppe der schwer Tabakabhängigen. Dazu zählen etwa Menschen mit Asthma, COPD, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Schwangere.
Die ICD-10-Kriterien für Tabakabhängigkeit
Gemäß der International Classification of Diseases (ICD-10) müssen mindestens drei der folgenden sechs Kriterien für die Diagnose Tabakabhängigkeit erfüllt sein: 1) ein starker Wunsch, Tabak zu konsumieren, 2) die verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich des Beginns, der Beendigung und der Menge des Tabakkonsums, 3) körperliche Entzugserscheinungen bei Beendigung oder Reduktion des Tabakkonsums, 4) eine Toleranz, die dazu führt, dass zunehmend höhere Dosen konsumiert werden, 5) Vernachlässigung anderer Vergnügungen oder Interessen zugunsten des Tabakkonsums, 6) anhaltender Konsum, obwohl bereits eindeutig Schäden spürbar sind, wie Leistungseinbußen, Organschädigungen oder psychische Veränderungen.
Zusätzlich muss die Rauchentwöhnung mit Nikotin und Vareniclin im Rahmen eines evidenzbasierten Programms erfolgen – also zum Beispiel in zertifizierten Onlinekursen, Präsenzseminaren oder über bestimmte Gesundheitsapps. Einfach selbst zu Pflaster oder Kaugummi greifen und sich die Kosten erstatten lassen, geht nicht.
Wie helfen die Mittel beim Entwöhnen?
Nikotin kann über Kaugummis, Lutschtabletten, Pflaster oder Sprays eingenommen werden. Es hilft, die typischen Entzugserscheinungen zu lindern. Vareniclin ist ein verschreibungspflichtiges Medikament in Tablettenform, das im Gehirn an dieselben Rezeptoren wie Nikotin bindet – und so das Verlangen nach Zigaretten reduziert. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) bescheinigt beiden Wirkstoffen eine gute Wirksamkeit bei starker Abhängigkeit.
Andere Medikamente wie Bupropion oder Cytisin konnten diese Wirksamkeit laut IQWiG nicht eindeutig belegen – sie bleiben daher außen vor.
Was heißt das konkret für Betroffene?
Wer stark abhängig ist und bereits erfolglos versucht hat aufzuhören, hat Anspruch auf eine einmalige Kostenübernahme. Das legt das Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) fest, das seit 2021 gilt. Erst nach drei Jahren ist ein erneuter Versuch auf Kassenkosten möglich – das wird von Fachleuten kritisiert.
Kritik an den Einschränkungen
Fachleute begrüßen zwar die grundsätzliche Entscheidung, sehen aber Verbesserungsbedarf. Wenn jemand stark abhängig ist, seien Rückfälle normal, erklärt Anil Batra, Koordinator der ärztlichen Leitlinie zur Tabakabhängigkeit im "Deutschen Ärzteblatt". Drei Jahre bis zur nächsten Therapie zu warten, sei realitätsfern. Auch der Fagerström-Test stößt auf Kritik: Wer mehrfach gescheitert ist, aber die nötige Punktzahl nicht erreicht, geht leer aus.
Tobias Rüther, Leiter der Tabakambulanz an der Universität München, bemängelt außerdem, dass nur Programme anerkannt werden, die bestimmten Vorgaben entsprechen. Gerade Menschen mit geringerem Zugang zu digitalen Angeboten könnten so durchs Raster fallen.
Wie geht es weiter?
Der Beschluss muss noch vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) rechtlich geprüft und im Bundesanzeiger veröffentlicht werden. Ein neuer Abrechnungscode für Ärzte ist nicht nötig, da es sich um eine normale Arzneimittelverordnung handelt. Auch der Fagerström-Test ist ein einfacher Selbsttest – ohne bürokratischen Aufwand. Nach Angaben des "Deutschen Ärzteblatts" könnten die Medikamente voraussichtlich in rund drei Monaten verschrieben werden.
- aerzteblatt.de: "Arzneimittel zur Tabakentwöhnung in engen Grenzen erstattungsfähig". (Stand: Mail 2025)
- kinderaerzte-im-netz.de: "Nikotinsucht". (Abrufdatum: Mai 2025)
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.