Große Gesundheitsgefahr Viele Deutsche kennen den Gender Health Gap nicht

Der Gender Health Gap ist in Deutschland weitgehend unbekannt. Dabei stellt er eine reale Gesundheitsgefahr dar.
In Deutschland gibt es nach wie vor große Wissenslücken zum Thema Gender Health Gap. Eine aktuelle Studie des Versicherungskonzerns AXA zeigt, dass 70 Prozent der Befragten nie zuvor von diesem Phänomen gehört haben. Demnach meinten 32 Prozent der Teilnehmer, dass das Geschlecht bei der Behandlung von Krankheiten keine Rolle spiele – unter den befragten Ärztinnen und Ärzten war nur ein Prozent dieser Meinung.
Der Begriff "Gender Health Gap" beschreibt die Tatsache, dass sich sowohl die Entstehung, der Verlauf als auch die Symptome von Krankheiten je nach Geschlecht unterscheiden können. Auch die optimale Behandlung und Dosierung von Medikamenten sind nicht immer gleich für alle Geschlechter – dies aber oft nicht genau bekannt oder erforscht ist.
Medikamente lange nur an Männern erprobt
Das hat verschiedene Gründe. So wurden beispielsweise viele Medikamente über lange Zeit nur oder vorwiegend an Männern getestet. Ein Beispiel dafür ist die Behandlung von Herzinfarkten. Viele Menschen assoziieren einen Herzinfarkt mit einem plötzlichen Brustschmerz, doch dieses Symptom tritt bei Frauen nicht immer auf. Daher werden Herzinfarkte bei Frauen häufig später erkannt und behandelt. AXA erklärte, dass der Gender Health Gap jedoch auch für Männer problematisch sein kann, wenn es zu fehlerhaften Diagnosen und Behandlungen kommt. Er stelle "eine reale Gesundheitsgefahr dar – insbesondere für Frauen", erklärte der AXA-Vorstandsvorsitzende Thilo Schumacher.
Laut der Studie schließt mehr als die Hälfte der befragten Ärztinnen und Ärzte nicht aus, selbst schon einmal eine falsche Diagnose aufgrund geschlechtsspezifischer Unterschiede gestellt zu haben. Zwei Drittel von ihnen gaben an, während ihrer Ausbildung zumindest teilweise auf das Thema geschlechtsspezifische Unterschiede gestoßen zu sein.
Auch das Alter spielt eine Rolle
Ein weiterer Aspekt ist das Alter der Mediziner. Fast die Hälfte der über 60-Jährigen erklärte, dass sie während ihrer Ausbildung keine Inhalte zur geschlechtsspezifischen Medizin erhalten haben. Bei den unter 45-Jährigen war dieser Anteil mit 14 Prozent deutlich niedriger – fünf Prozentpunkte weniger als bei einer ähnlichen Studie im Jahr 2023.
16 Prozent der Befragten berichteten, dass sie sich schon einmal von einer Ärztin oder einem Arzt nicht ernst genommen fühlten. Frauen gaben dies mit 21 Prozent häufiger an als Männer, von denen 13 Prozent diese Erfahrung gemacht hatten.
Wer nicht wisse, "dass es strukturelle Unterschiede in der medizinischen Versorgung – also ein Ungleichgewicht in der medizinischen Behandlung von Frauen gegenüber Männern – gibt, kann auch keine angemessene Behandlung einfordern", erklärte AXA-Betriebsärztin Petra Rodenbücher.
Für die Studie wurden im Mai 2.057 Menschen in Deutschland von YouGov im Auftrag von AXA befragt. Die Antworten der Befragten wurden mit denen von 300 Allgemeinmedizinern verglichen, die DocCheck Insights im April und Mai befragte.
- Nachrichtenagentur AFP
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