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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ärzte Warum sind Sie Urologe geworden?

Wer Arzt wird, kann viele Gebiete wählen. Aber warum wird man ausgerechnet Proktologe und beschäftigt sich mit dem Enddarm? Auch Chirurg oder Urologe zu sein, erscheint Patienten oftmals unverständlich oder gar eklig. Wir haben sieben Ärzte nach ihrer Motivation gefragt.
"Man entkoppelt sich emotional"
Dr. Wolfgang Bühmann ist Urologe. Sich wie er täglich mit den Harnleitern oder der Prostata anderer Männer zu beschäftigen, erscheint vielen unangenehm. "Ich mache das, weil ich auch gebraucht werde", sagt der Facharzt. Die Untersuchung sei für ihn völlig unproblematisch. "Da entkoppelt man sich emotional." Zudem sei das Bild des Urologen in der Öffentlichkeit verzerrt. "35 bis 40 Prozent der Patienten sind Frauen", so Bühmann. "Frauen und Männer sind für den Urologen gleich, denn beide haben Nieren, Harnleiter, Harnröhre und Blase. Beide können Erkrankungen wie Nierensteine oder Nierentumore bekommen." Die rektale Untersuchung von Männer oder die der Prostata sei entgegen des Klischees längst nicht die Hauptbeschäftigung eines Urologen.
Beim Bruder von Oswalt Kolle gelernt
Zu seinem Fachbereich kam Bühmann über eine Annonce in der Zeitung. An der Uni Hannover wurde ein wissenschaftlicher Mitarbeiter gesucht, und man bot ihm an, dass die Weiterbildung durch den Professor persönlich stattfindet, erzählt Bühmann. Dieser Professor war übrigens der Bruder von keinem geringeren als dem Sexualaufklärer Oswalt Kolle.
Chirurg: "Das Ergebnis ist klar"
Dr. Philipp Zollmann arbeitet als Chirurg. Heute hat er eine eigene Praxis und sich auf Handchirurgie spezialisiert. "Es ist für mich ein Traumberuf", sagt der Arzt. Er sei durch viele Zufälle und Verwicklungen zur Medizin gekommen. "Ich wollte immer was mit meinen Händen machen und als Kind habe ich mir gewünscht, Uhrmacher zu werden", sagt der Arzt. "Die Faszination besteht für mich darin, dass ich meine Eingriffe perfekt beherrsche. Das Ergebnis ist klar - ich operiere und danach sind die Menschen geheilt. Das ist sehr dankbar und zahlt sich aus. Es ist ein Beruf, den ich nicht missen möchte." Als Praktikant in der Pathologie und Assistenzarzt habe er allerdings schon Respekt davor gehabt, in menschliches Fleisch hineinzuschneiden.
"Wie bei Arztserien im Fernsehen"
"Aber zunächst hat man immer noch einen anderen Arzt dabei. Nach rund zwei Jahren muss man es dann alleine schaffen. Vom ersten Studientag bis zum abgeschlossenen Facharzt hat seine Ausbildung zehn Jahre gedauert. Doch gerade die Zeit als Assistenzarzt beschreibt er als sehr lehrreich. "Da habe ich auch meine erste Hand reimplantiert. Ich hatte Notdienst, mit dem Hubschrauber kam eine amputierte Hand und es war kein anderer Arzt verfügbar. Dann haben wir 15 Stunden die Nacht durch operiert", so Zollmann. Die Operation sei erfolgreich gewesen, der Mann habe die Hand immer noch. "Das ist wirklich ein bisschen wie bei Arztserien im Fernsehen", beschreibt der Mediziner das Leben als Assistenzarzt.
Gerüche sind manchmal belastend
Dr. Andreas Leodolter ist Gastroenterologe. Er mag seinen Arbeitsbereich, der den gesamten Magen-Darmtrakt umfasst, besonders, weil er vielseitig ist. "Gastroenterologie umfasst auch die Hepatologie und Stoffwechselkrankheiten", erklärt der Facharzt. Bei der Vorstellung, so viel mit dem Darm zu tun zu haben, fragt sich mancher Patient, ob das nicht für den Arzt abstoßend ist. "Von außen betrachtet, erscheinen einige Dinge unangenehm, ein bisschen Helfersyndrom muss man schon haben", so Leodolter. "Aber im Endeffekt ist der Darm ein ganz normales Teil des Körpers. Bestimmte Gerüche sind manchmal belastend, aber nach einer Vorbereitung zur Dickdarmspiegelung ist der Darm komplett sauber. Eine natürliche Scham besteht natürlich bei jedem Patienten, aber ich als Arzt muss und kann da problemlos drüber stehen, es belastet mich nicht, ich sehe nur denjenigen der Hilfe sucht."
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.