t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeGesundheit

Schlüssel, Löffel, Zahnarztbohrer: Das findet ein Internist im Magen


Arme Schlucker
Was ein Arzt so aus den Mägen seiner Patienten fischt

Von dpa
Aktualisiert am 07.09.2016Lesedauer: 3 Min.
Der ehemalige Internist Siegfried Miederer zeigt Gegenstände, die von Patienten verschluckt wurden.Vergrößern des BildesDer ehemalige Internist Siegfried Miederer zeigt Gegenstände, die von Patienten verschluckt wurden. (Quelle: dpa)
Auf Facebook teilenAuf x.com teilenAuf Pinterest teilen
Auf WhatsApp teilen

Immer wieder kommt es vor, dass Gegenstände verschluckt werden. Kindern passiert es aus Versehen, Erwachsene machen es manchmal mit Absicht. Die ungewöhnlichsten verschluckten Objekte seiner Berufslaufbahn präsentiert ein Arzt aus Bielefeld.

Wenn man sieht, was der Mediziner Siegfried Ernst Miederer schon alles in den Mägen seiner Patienten entdeckt hat, kommt man aus dem Staunen nicht heraus. Von Fünfmarkstücken über Rasierklingen bis hin zu Löffel-Teilen reicht die Sammlung des ehemaligen Internisten. Ausgestellt sind die Fundstücke in der Bonner Zweigstelle des Deutschen Museums.

Aus Langeweile Löffel schlucken

"Die vielen Löffelstiele hat ein Mann verschluckt. Er war Insasse einer Justizvollzugsanstalt bei Bonn und erhoffte sich dadurch Abwechslung vom Gefängnis-Alltag." Miederer zeigt auf eine ganze Reihe von Metall-Stielen. Den vorderen Teil des Löffels hatte der "arme Schlucker", wie der 74-jährige Mediziner im Ruhestand ihn lächelnd nennt, abgebrochen, um den gut zehn Zentimeter langen Rest vom Besteck besser durch die Speiseröhre zu bekommen.

"Das brachte mindestens zwei Wochen Krankenhaus. Er kam aus dem Gefängnis heraus und konnte zudem die Pflege der Krankenschwestern genießen." Nachdem der Gefängnis-Insasse mehr als 20 Mal operiert worden war, bot Miederer an, die Gegenstände mit einem Endoskop durch die Speiseröhre zu entfernen - und bereitete mit dieser Aussicht den zweifelhaften Ausflügen in die Freiheit ein Ende. Die Löffelstiele hat Miederer behalten und gesammelt. Fast wirken sie wie eine Trophäensammlung, wenn er sie, aufgereiht neben Rollmopsspießen, Knöpfen und Schlüsseln, auf einem Tablett präsentiert.

"Magen-Funde" im Museum

Die Sammlung steht auch für ein Kapitel Medizingeschichte: Schon Mitte des 19. Jahrhunderts gab es die Idee, einem Patienten mit einer langen Röhre in den Magen zu schauen. Seither wurde kontinuierlich geforscht, bis schließlich 1958 das erste flexible Endoskop vorgestellt wurde. Es erlaubte Miederer bald darauf, verschluckte Gegenstände ohne Operation wieder zutage zu fördern.

Später arbeitete Miederer an der Medizinischen Poliklinik der Universität Bonn an der Entwicklung des ersten Desinfektionsgerätes für flexible Endoskope mit. Heute ist ebenfalls im Museum ausgestellt - neben den "Magen-Funden" aus der Sammlung von Miederer.

Zwischen Ekel und Staunen

"Sie gehören zu unseren besonders stark beachteten Ausstellungsstücken. Immer wieder stehen Besucher davor und wundern sich, dass man ganze Löffel und sogar einen Zahnarztbohrer einfach verschlucken kann", erklärt Museumsleiterin Andrea Niehaus. Den Sensationscharakter zwischen Ekel und Staunen nutzt das Museum, um dadurch die Aufmerksamkeit auf die Geschichte der Endoskopie zu lenken, die mit frühen Endoskopen aus den 1950er Jahren veranschaulicht wird.

Eine Geschichte zu jedem Fundstück

Zu jedem seiner kuriosen Fundstücke kann der ehemalige Chefarzt einer Bielefelder Klinik mit Schwerpunkt Gastroenterologie eine eigene Geschichte erzählen: etwa zu dem Fünfmarkstück, das ein Lehrerssohn beim Raufen mit dem älteren Bruder aus Versehen verschluckt hatte - und das der Vater sofort in die eigene Hosentasche steckte, nachdem der Arzt es aus dem Magen hervorgeholt hatte.

"Ich musste ihm erst einen Fünfer aus meinem eigenen Portemonnaie geben, bevor er mir die Münze für meine Sammlung überließ", erzählt Miederer, der ein Buch mit den interessantesten Begebenheiten rund um die Fundstücke geschrieben hat.

Batterie im Mund "versteckt"

Darin berichtet er auch über die Batterie, die ein Junge im Grundschulalter bei einem Rennen mit Spielzeugautos verschluckt hat. Er hatte die Batterie aus dem Wagen seines sechsjährigen Konkurrenten heimlich im Mund versteckt, um seine Gewinnchancen zu verbessern - und sie nach einem freundschaftlichen Stupser vom Rennstall-Kollegen aus Versehen geschluckt.

Wann Erstickungsgefahr besteht

Nicht immer gehen solche Zwischenfälle glimpflich aus. "Problematisch wird es, wenn sich runde Gegenstände auf den Kehlkopf legen. Dann besteht Erstickungsgefahr", erläutert Miederer. Im Zweifelsfall sollte deshalb ein Arzt aufgesucht werden. So mancher kleine Gegenstand findet jedoch auch von ganz allein den Weg zurück ans Tageslicht und benötigt dabei keine Unterstützung - außer vielleicht eine ordentliche Portion Kartoffelbrei und einige Gläser Wasser.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website