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HomeGesundheitKolumne - Ulrike Scheuermann

Neujahrsvorsätze: Drei Tipps, wie sie wirklich gelingen


Abnehmen, Sport & Co.
Warum wir unsere Willenskraft und Disziplin überschätzen

Eine Kolumne von Ulrike Scheuermann

Aktualisiert am 14.01.2020Lesedauer: 5 Min.
Qualitativ geprüfter Inhalt
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Für diesen Beitrag haben wir alle relevanten Fakten sorgfältig recherchiert. Eine Beeinflussung durch Dritte findet nicht statt.

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Ausdauertraining: Viele Deutsche nehmen sich für das neue Jahr "mehr Bewegung und Sport" vor.Vergrößern des Bildes
Ausdauertraining: Viele Deutsche nehmen sich für das neue Jahr "mehr Bewegung und Sport" vor. (Quelle: Sigrid Olsson/imago-images-bilder)

Mehr Sport, weniger Smartphone, keine Zigaretten: Das neue Jahr ist nur wenige Wochen alt und viele Neujahrsvorsätze schon Geschichte. Drei Wege führen aber zum langfristigen Erfolg.

Voller Optimismus und Elan nehmen wir uns vor, weniger ins Handy zu schauen, abzunehmen, mehr Sport zu treiben und überhaupt: besser und gesünder zu leben. Doch oft sind die guten Vorsätze nach ein paar Wochen verflogen und das Leben geht weiter wie bisher. Warum misslingen die großen Pläne so häufig und wie gehen Veränderungen mit Lust anstatt mit Disziplin und Frust?

Die beliebtesten Vorsätze der Deutschen

Die Vorsätze der Deutschen sind gut erforscht. Repräsentative Umfragen zeigen, dass rund zwei Drittel sich "umwelt- und klimafreundlicher verhalten", "weniger Stress" und "mehr Zeit für Familie und Freunde" vornehmen. Darauf folgen "mehr Bewegung und Sport", "mehr Zeit für sich selbst" und "gesünder ernähren". "Weniger Handy- und Computernutzung" will inzwischen jeder vierte Befragte. Gerade unter jungen Leuten wird das Thema von Jahr zu Jahr wichtiger.

Doch was passiert mit den guten Vorsätzen? Nur die Hälfte hält sie zwei bis drei Monate oder länger durch. Andere Studien ermitteln noch höhere Zahlen von Abbrechern. Viele fangen gar nicht erst an: "Ich muss nur diszipliniert sein und endlich loslegen", höre ich auch immer wieder von Freunden und Bekannten. Wieder andere sind so frustriert von ihrem Scheitern, dass sie langfristig erst recht nichts mehr tun. Die guten Vorsätze gehen dann nach hinten los.

In meinen Self Care Programmen arbeite ich schon lange nicht mehr mit Disziplin und Planung. Das ist langfristig einfach zu frustrierend. Denn der Jo-Jo-Effekt, bekannt vom Abnehmen, tritt eben auch bei anderen guten Vorsätzen auf.

Willenskraft und Disziplin werden enorm überschätzt

Eine Teilnehmerin in meinem Self Care Programm, Martina, wollte sich fitter und leichter fühlen. Sie hatte in den letzten Jahren Fitnessstudios und Diätpläne durchprobiert. Jedes Mal flaute der erste Elan nach ein paar Wochen oder Monaten ab. Sie fühlte sich schlecht, hatte dadurch noch weniger Lust auf Salat und Sport. "Warum bloß?", fragte sie sich frustriert, während sie mit einer Tüte Chips auf dem Sofa saß.

Die Begründung für Martinas Scheitern ist:

  • Wir überschätzen die Wirksamkeit von großen Zielen,
  • setzen uns zu hohe Erwartungen,
  • die außerdem in zu weiter Ferne liegen und
  • unterschätzen zugleich die Bedeutung von konkreten Plänen.

Doch Martina hatte in dieser Hinsicht alles richtig gemacht und die neuesten Regeln der Motivationsforschung beherzigt. Sie hat sich spezifische, nicht zu große und machbar erscheinende Ziele gesetzt. Aus "Ich will fitter werden" hatte sie längst "Ich gehe zweimal pro Woche eine halbe Stunde zum Sport" formuliert. Sie hatte auch schriftlich Wenn-dann-Pläne für kritische Situationen wie Heißhunger festgehalten. Sie wäre auch mit kleinen Erfolgen zufrieden gewesen – doch auch diese blieben aus.

Warum gute Vorsätze langfristig scheitern

Wenn wir etwas nicht wirklich als ganze Person wollen, tun wir es auf Dauer nicht, nur weil jemand uns das sagt. So ist das auch in Beziehungen und im Job – und eben, wenn es um einen rundum gesunden Lebensstil geht.

Wenn der Hausarzt, ein Zeitschriftenartikel oder eine Fernsehpsychologin gute Vorsätze vorgeben, entbrennt meist ein Konflikt. Die Verhaltensregeln werden zum inneren Antreiber, der sagt: "Jetzt mach endlich!" Doch dazu gibt es einen Gegenspieler, den "inneren Schweinehund", der angeblich überlistet werden muss. Er begehrt nach einer längeren Disziplinphase auf und setzt sich gegen das Regime der strengen Regeln durch. So entbrennt ein Kampf mit Phasen des Gewinnens und Verlierens: Sport oder Couch, dick oder dünn, Handy aus oder an.

Das kostet immens viel Kraft, Zeit und Nerven. Im Laufe der Jahre kann es immer frustrierender werden. Entspricht uns das, mit Disziplin und Plänen ständig gegen die eigenen Bedürfnisse anzugehen und uns selbst zu kasteien? Tut es uns gut? Nein. Es gibt andere Wege, wie wir wegkommen von strengen Vorgaben, die zu uns als ganzer Person gar nicht passen.

1. Den Fokus verschieben

Wir können herausfinden, was auf einer tieferen Ebene bei uns los ist: Wofür steht die Schokolade, die bequeme Couch oder die Zigarette? Die meisten "schlechten" Gewohnheiten sind Camouflage-Strategien, um ein tieferes Bedürfnis zu überdecken und sich den Schmerz zu ersparen, wenn wir es fühlen würden. Wenn wir diesen tieferen Bedürfnissen nachgehen, kommen wir auf das, was wir als ganze Person wollen.

Martina begann während meines Self-Care-Programms, bei aufkommendem Heißhunger eine kurze Verzögerung einzubauen. In dieser Lücke spürte sie mit der Zeit immer deutlicher die Sehnsucht nach Gemeinschaft, die sie vorher mit Chips-Knuspern überdeckt hatte. Dieses erst einmal unangenehme Gefühl durfte aufkommen – und der Jieper flaute ab. Später begann sie, diesem Bedürfnis nachzugehen. Sie ging mehr unter Menschen, war in Aktion und Bewegung, bekam Anerkennung und Wertschätzung und vergaß irgendwann, jeden Morgen auf die Waage zu steigen. Als sie registrierte, dass sie vier Kilo abgenommen hatte, interessierte es sie nicht mehr so, denn sie war mit Wichtigerem beschäftigt – ihren Freunden.

2. Den Kompass ausrichten

Wenn wir also unser eigentliches Wollen aufspüren, ist das langfristig immer stärker als Regeln und Pläne. Freude hilft, diesen Kompass für das eigene Wollen zu finden. Wenn wir etwas mit Spaß und Leichtigkeit tun, merken wir, was wirklich zu uns passt und können mehr in diese Richtung gehen.

Ich würde mich zum Beispiel nie im Leben an eine disziplinierte, freudlose Jogging-Routine auf einem Laufband halten. Dafür ist mein Leben einfach zu voll und herausfordernd. Doch ich gehe jeden Morgen eine halbe Stunde im Park laufen. Warum klappt es? Weil ich viel experimentiert habe und es in vollen Zügen genieße: in der Natur und in der Morgenluft zu sein, ein paar Vögel zu hören, meinen Körper sportlich zu spüren, den ganzen Tag danach in guter, heller Stimmung zu sein. Ich grüße andere Laufgenossen schon am frühen Morgen und stärke dadurch mein Verbundenheitsgefühl. Außerdem fokussiere ich meine Gedanken für den Tag und habe dort die besten Ideen. Ich fühle mich rundum lebendig. Es passt zu mir. Es gehört zu meinem "Wollen".

3. Den Alltag nutzen

Alles, was wir tun, sollte nicht nur inhaltlich, sondern auch zeitlich zu uns passen. Mit täglich fünf Minuten haben wir kaum eine Start-Hürde, finden zugleich im Tun noch genussvollere Varianten heraus und aktivieren keine inneren Gegenspieler.

Oft hat auch all das bessere Chancen, was sich lässig und genussvoll in den Alltag einfügt: statt zweimal wöchentlich ins Fitness-Studio steigt Martina jeden Morgen zwei Stationen früher aus dem Bus und genießt die frische Luft bei der restlichen Wegstrecke zur Arbeit. Beim Telefonieren baut sie unauffällig ein paar Tanzschritte ein, die sie an ihre früheren geliebten Tanzkurse erinnern. Und aus dem Klassiker "Treppe statt Rolltreppe" macht sie ein Spiel: "Wer ist schneller oben – die Rolltreppenfahrer oder ich?"

Ulrike Scheuermann ist Diplom-Psychologin und Bestsellerautorin. Seit 25 Jahren hilft sie Menschen dabei, gut für sich zu sorgen. Ihre Self-Care-Programme finden in ihrer Akademie in Berlin statt.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
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