Rechtsruck bei Präsidentschaftswahl Nationalist Nawrocki wird neuer polnischer Präsident

Polen hat gewählt. Am Morgen riefen polnische Medien den rechtskonservativen Kandidaten Karol Nawrocki zum Sieger aus.
Der rechtsnationalistische Kandidat Karol Nawrocki hat die Stichwahl um das Präsidentenamt in Polen gewonnen. Nach Auszählung aller Stimmen bekam der unabhängige Kandidat, der von der nationalistischen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) unterstützt wurde, 50,89 Prozent der abgegebenen Wahlstimmen. Sein Herausforderer, Rafał Trzaskowski von der proeuropäischen Regierungskoalition (KO), erhielt 49,11 Prozent der Stimmen. Das teilte die polnische Wahlkommission mit.
Nawrocki ist offiziell parteilos, trat aber als Kandidat der rechtskonservativen PiS an, Polens größter Oppositionspartei. Die PiS regierte das Land von 2015 bis 2023. Sie legte die Justiz an die Kandare der Politik und lag wegen dieses Eingriffs in die Gewaltenteilung im Dauerzwist mit Brüssel.
Zwar kam 2023 wieder ein Mitte-Links-Bündnis an die Regierung – der frühere EU-Ratspräsident Donald Tusk kehrte als Ministerpräsident zurück. Doch es blieb bei einem Dauerstreit mit Präsident Andrzej Duda, der ebenfalls aus der PiS stammt und nach zehn Jahren im Amt nun kein weiteres Mal antreten durfte. Duda bremste Tusks Reformpläne mit seinem starken Vetorecht. Der Ministerpräsident hoffte, diese Blockade mit dem liberal eingestellten Trzaskowski an der Staatsspitze aufzulösen.
Diese Hoffnungen kann Tusk nun wohl offiziell begraben. Bereits im Wahlkampf hatte Nawrocki angekündigt, liberale Reformen der proeuropäischen Regierung als Präsident blockieren zu wollen.
Schaltet Polen bei der Ukraine-Unterstützung einen Gang zurück?
Polen spielt eine zentrale Rolle in der EU und der Nato. Doch Nawrocki hat sich im Wahlkampf deutlich gegen eine weitere Integration gestellt. Auch in Bezug auf Deutschland könnte sich das Verhältnis verschärfen: Nawrocki fordert weiterhin Reparationen für Schäden aus dem Zweiten Weltkrieg – eine Linie, die stark an die Rhetorik der PiS erinnert.
Seine Nähe zu US-Präsident Donald Trump betonte Nawrocki ebenso wie seine Ablehnung von Vorgaben aus Brüssel. Seine Wahl könnte die bisherige proeuropäische Außenpolitik Polens deutlich verändern.
Polen ist ein wichtiger Unterstützer der von Russland angegriffenen Ukraine. Das Land mit knapp 38 Millionen Einwohnern sieht sich auch selbst von Moskau bedroht und rüstet massiv auf. Anders als in der Slowakei, Ungarn oder Rumänien gibt es in Polen keinen ernst zu nehmenden Politiker, der prorussische Positionen vertritt. In der wichtigsten außenpolitischen Frage, der Unterstützung für die Ukraine, zogen Duda und Tusk denn auch an einem Strang. Dies könnte sich mit Nawrocki ändern, der zum Beispiel gegen einen möglichen Nato-Beitritt der Ukraine ist.
Polen ist tief gespalten
Die über Nacht eingehenden Einzelergebnisse zeigen die tiefe politische Spaltung Polens, das in den vergangenen Jahren große wirtschaftliche Erfolge erzielt hat. Trzaskowski siegte demnach in den großen Städten wie Warschau, Krakau und Łódź, die vom Aufschwung besonders profitiert haben. In kleineren Städten und den ländlichen Regionen Polens lag Nawrocki vorn.
Die Wahlbeteiligung lag bei 71,7 Prozent und damit höher als bei der letzten Präsidentenwahl. Allerdings verfehlte das liberale Lager die Rekordmarke der Parlamentswahl 2023 – damals hatten 74,4 Prozent ihre Stimme abgegeben. Ein Grund dafür könnte laut Beobachtern sein, dass die Bevölkerung die Blockade des PiS-Präsidenten Duda als Stillstand und mangelnde Umsetzung der von Donald Tusk gegebenen Wahlversprechen wahrgenommen hat.
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Wahl zeigt tiefe Spaltung Polens
Vor seiner Kandidatur leitete Nawrocki das Institut für Nationales Gedenken (IPN), das sich mit der Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit beschäftigt. In jungen Jahren war er Amateurboxer und arbeitete während des Studiums als Türsteher in einem Luxushotel. Seine Vergangenheit hat ihm bei manchen Wählern Sympathien eingebracht.
Schon im ersten Wahlgang vor zwei Wochen hatte sich abgezeichnet, dass konservative und rechtsgerichtete Kandidaten eine Mehrheit erreichen könnten.
Präsident ist auch Oberbefehlshaber
Das Präsidentenamt in Polen ist mehr als repräsentativ: Der Präsident ernennt den Regierungschef und das Kabinett und kann Einfluss auf die Außenpolitik nehmen. Vor allem aber kann er mit seinem Vetorecht Gesetze blockieren – wie es zuletzt Duda regelmäßig getan hatte.
Ein präsidiales Veto kann nur durch eine Dreifünftelmehrheit der Abgeordneten im Sejm, dem parlamentarischen Unterhaus, überstimmt werden. Als Oberbefehlshaber der Streitkräfte ernennt der Präsident die höchsten militärischen Befehlshaber und kann im Kriegsfall den Oberkommandierenden der Streitkräfte bestimmen sowie eine Generalmobilmachung anordnen.
- Nachrichtenagenturen dpa
- onet.pl: "Wybory prezydenckie 2025: Zobacz wyniki II tury. Karol Nawrocki zwycięzcą" (Polnisch)