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Hisbollah: Das Drogenimperium der Terroristen


Drogenimperium der Hisbollah
Sie transportieren die Pillen in die ganze Welt

Von t-online, mk

Aktualisiert am 01.10.2024Lesedauer: 4 Min.
Menschen vor dem Konterfei des getöteten Hisbollah-Chefs Hassan Nasrallah: Die Islamisten verbreiten nicht nur Terror, sondern auch harte Drogen rund um die Welt.Vergrößern des BildesMenschen vor dem Konterfei des getöteten Hisbollah-Chefs Hassan Nasrallah: Die Islamisten verbreiten nicht nur Terror, sondern auch harte Drogen rund um die Welt. (Quelle: IMAGO/Hossein Beris/imago)

Gefürchtet ist die Hisbollah vor allem als Terrororganisation. Doch die Islamisten im Libanon gehören auch zu den umtriebigsten Drogenhändlern der Welt.

Amphetamine sind mächtige Substanzen. Wer sie konsumiert, braucht lange keine Nahrung oder Schlaf mehr – und fühlt sich dabei unbesiegbar. Schon Hitlers Schergen nutzten Formen des Stoffes im Zweiten Weltkrieg, genau wie die Terroristen der Hamas. Sie waren bis zum Anschlag high auf Captagon, als sie Israel am 7. Oktober überfielen und mehr als 1.100 Menschen massakrierten, berichteten später israelische Ermittler. In den Taschen vieler überlebender Terroristen fanden sich die Amphetaminpillen, die ihre Verbündeten von der Hisbollah geliefert haben dürften.

Westliche Ermittler beobachten schon seit Jahren den Aufstieg der libanesischen Islamisten zu einem der größten Drogenkartelle der Welt. Mit den Erlösen finanziert die Hisbollah ihren Terrorismus, der auf die Vernichtung Israels und die Errichtung eines Gottesstaats im Nahen Osten zielt. Captagon ist dabei nur ein Standbein in den globalen Geschäften der Hisbollah.

1961 in Deutschland als Mittel gegen die Schlafkrankheit auf den Markt gebracht, stellt heutzutage kein seriöses Unternehmen mehr Captagon her – zu groß ist die Gefahr einer Abhängigkeit. Doch als illegales Aufputschmittel erleben die Pillen seit einigen Jahren einen Boom, vor allem in arabischen Ländern. In Europa werden Amphetamine dagegen meist als pulverförmiges "Speed" konsumiert.

Hisbollah und Assad-Regime bilden "Levante-Kartelle"

Die meisten Captagonpillen werden in syrischen Drogenlaboren hergestellt. Mit dem Ausbruch des Bürgerkriegs 2011 brach die reguläre Wirtschaft in dem Land weitgehend zusammen. Um seine Einkünfte zu sichern, verlagerte sich das Regime von Diktator Baschar al-Assad auf die Drogenproduktion. Kontrolliert wird das Geschäft laut westlichen Ermittlern von Assads jüngerem Bruder Mahir al-Assad. US-Forschern zufolge trug der Captagon-Handel im Jahr 2021 etwa 5,1 Milliarden Euro zum syrischen Inlandsprodukt bei, 2017 waren es demnach noch 1,6 Milliarden Euro.

Unter dem Einfluss der Hisbollah hat sich auch der Libanon seit 2010 zu einem wichtigen Produktionsland für Captagon entwickelt, heißt es in einem aktuellen Bericht der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS). Die Hisbollah ist eng verbandelt mit dem Assad-Regime und half diesem während des syrischen Bürgerkriegs, gemeinsam mit Russland und dem Iran die syrische Opposition auszuschalten. Auch im Drogenhandel arbeiten Assad und die Hisbollah offenbar eng zusammen: Die CDU-nahe KAS nennt die syrisch-libanesischen Netzwerke "Levante-Kartelle"; nach der Küstenregion am östlichen Mittelmeer.

"Captagon-Schwemme" überzieht arabische Länder

"Seit spätestens 2020 überziehen die Levante-Kartelle die gesamte Region mit einer regelrechten 'Captagon-Schwemme'", heißt es in dem Bericht der KAS. Grund dafür sei die stabilere Situation des Assad-Regimes, das seit 2018 wieder die meisten syrischen Grenzübergänge unter Kontrolle habe – und seine Schmuggelaktivitäten seither massiv ausgeweitet habe. Inzwischen soll das Volumen des Geschäfts mit Captagon bei mehr als 14 Milliarden Euro pro Jahr liegen.

Transportiert wird der Stoff dabei laut der KAS zu Wasser, zu Lande und auf dem Luftweg. Allein die jordanischen Behörden hätten seit 2020 etwa 1.700 Grenzübertritte von Schmugglern verhindert, heißt es. Laut dem Weltdrogenbericht der UN von 2023 verdoppelte sich die im Mittleren Osten beschlagnahmte Menge an Captagon von 2020 bis 2021 auf insgesamt 86 Tonnen. Und im Verteilernetzwerk der Levante-Kartelle spielt auch Deutschland eine wichtige Rolle, wie ein laufender Prozess vor dem Aachener Landgericht zeigt.

Deutschland wichtiges Transitland für die Hisbollah

Dort wird zurzeit gegen vier Syrer verhandelt, die im großen Stil mit Captagon gehandelt haben sollen. Insgesamt 3,2 Millionen Captagonpillen fanden Ermittler im Dezember 2023 in einer Garagenanlage in Würselen. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft waren die Drogen für Saudi-Arabien und Jordanien bestimmt, die wichtigsten Zielländer für das Aufputschmittel. Doch die Regierungen in Amman und Riad gehen inzwischen hart gegen Schmuggler vor. Deshalb, so glauben Ermittler des Bundeskriminalamts, ist Deutschland inzwischen zum wichtigen Transitland für Captagon geworden.

Die Pillen werden demnach zunächst nach Europa verschifft, wo sie dann umgepackt und zurück in Richtung Nahost geschickt werden. Auf diese Weise wollen die Schmuggler ihre Routen verschleiern und ihre Ware leichter an den jordanischen oder saudischen Zöllnern vorbeischmuggeln. Von dem Fall in Aachen erhoffen sich westliche Ermittler nun genauere Einblicke in die inneren Funktionsweisen der syrisch-libanesischen Drogennetzwerke. Dabei beschränkt sich die Hisbollah aber nicht nur auf den Captagonhandel in der arabischen Welt.

Hisbollah mischt auch im Kokainhandel mit

Nach Erkenntnissen der US-Drogenbehörde DEA und des US-Finanzministeriums hat die Hisbollah in den vergangenen Jahren auch enge Kontakte nach Südamerika, Afrika und in die USA geknüpft und mischt inzwischen groß im internationalen Kokainhandel mit. Das Geschäftsmodell der Hisbollah beschränkte sich dabei nicht nur auf den Handel mit der Droge, sondern umfasste auch Geldwäsche im großen Stil. Ein Bericht der US-Stiftung "Foundation for Defense of Democracies" (FDD) von 2020 zeichnet dieses Handelssystem auf der Grundlage mehrerer Gerichtsprozesse nach.

In dem konkreten Fall hatte die Hisbollah demnach für kolumbianische Kartelle den Transport und den Verkauf von Kokain im Ausland organisiert und damit monatlich etwa 180 Millionen Euro eingenommen. Diese Gelder schleuste die Hisbollah dann zu Gebrauchtwagenhändlern in westafrikanischen Ländern. Die Autohändler kauften von dem Geld wiederum ganz legal Autos bei europäischen und US-Händlern für den afrikanischen Markt. Die Erlöse aus den Autokäufen gingen dann wiederum nach Beirut, wo die Hisbollah im Namen südamerikanischer Scheinfirmen Konsumgüter in Asien einkaufte. Die Erlöse aus dem Verkauf der Konsumgüter gingen schließlich als Profit zurück an die Drogenkartelle in Kolumbien – abzüglich der Provision für die Hisbollah.

Die Islamisten haben also nicht nur militärisch viel zu verlieren im Kampf gegen die israelische Armee, die seit Montag auch mit Bodentruppen im Libanon kämpft. Bislang ist unklar, wie sich die massiven Schläge Israels gegen die Hisbollah auf deren Drogengeschäfte auswirken. Doch es gibt Hinweise, dass Israel auch gezielt gegen die Hintermänner der Levante-Kartelle vorgeht. So sollen israelische Kampfjets am Wochenende auch die Villa von Mahir al-Assad in Damaskus angegriffen haben. Berichte, wonach der oberste syrische Drogenproduzent bei dem Angriff getötet wurde, haben sich bislang aber nicht bestätigt.

Verwendete Quellen
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