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Türkei provoziert neue Spannungen mit EU – deutscher Marine-Einsatz gestoppt


Deutscher Marine-Einsatz gestoppt
Türkei erhebt schwere Vorwürfe gegen Bundeswehrsoldaten

Von dpa, t-online, sje

Aktualisiert am 23.11.2020Lesedauer: 4 Min.
Fregatte "Hamburg": Die deutschen Soldaten wollten im Rahmen der EU-Mission Irini das türkische Frachtschiff auf Ladung kontrollieren, die gegen das Waffenembargo verstößt (Archivbild).Vergrößern des BildesFregatte "Hamburg": Die deutschen Soldaten wollten im Rahmen der EU-Mission Irini das türkische Frachtschiff auf Ladung kontrollieren, die gegen das Waffenembargo verstößt (Archivbild). (Quelle: Sina Schuldt/dpa)
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Die Mannschaft der deutschen Fregatte "Hamburg" wollte vor Libyen

Die Türkei provoziert trotz drohender Sanktionen neue schwere Spannungen mit Deutschland und der EU. Nach Angaben der Bundeswehr erzwang Ankara am Sonntag den Abbruch eines Einsatzes deutscher Marinesoldaten zur Kontrolle des UN-Waffenembargos gegen Libyen. Aus dem Bundestag kam scharfe Kritik. In Brüssel wurde darauf hingewiesen, dass beim nächsten EU-Gipfel am 10. und 11. Dezember über mögliche weitere Strafmaßnahmen gegen die Türkei gesprochen werden soll.

Nach Angaben des Einsatzführungskommandos waren die deutschen Soldaten am Sonntagabend rund 200 Kilometer nördlich der libyschen Stadt Bengasi per Hubschrauber an Bord eines verdächtigen Frachtschiffes gegangen, um die Ladung zu kontrollieren. Wenig später legte dann allerdings die Türkei als Flaggenstaat ein Veto gegen die Durchsuchung des Containerfrachters ein. Die deutschen Soldaten mussten daraufhin den Einsatz abbrechen. Im Video oben oder hier sehen Sie Aufnahmen des Einsatzes an Bord.

Türkische Besatzung war kooperativ

Um die Risiken einer nächtlichen Rückkehr zur Fregatte "Hamburg" zu vermeiden, blieben sie jedoch noch bis zum Sonnenaufgang an Bord der "Rosaline A". Die Besatzung des türkischen Containerschiffes habe sich während des ganzen Einsatzes kooperativ gezeigt, hieß es.

Ob das Nato-Land Türkei seine Veto-Möglichkeit gegen die Durchsuchung nutzte, weil die "Rosaline A" wirklich Waffen oder andere verbotene Güter an Bord hatte, blieb zunächst unklar. Denkbar wäre auch, dass sie lediglich noch einmal ihren Widerstand gegen die als parteiisch angesehene EU-Operation "Irini" zum Ausdruck bringen wollte, in deren Rahmen der Einsatz der Bundeswehrsoldaten erfolgte.

Einsatz im Rahmen von EU-Operation

Dafür könnte auch sprechen, dass der Auftrag zum Boarding durch den griechischen Befehlshaber der Operation "Irini" gegeben wurde. Wegen türkischer Erdgaserkundungen im östlichen Mittelmeer ist das Verhältnis zwischen Ankara und Athen derzeit äußerst angespannt. Griechenland hat zusammen mit Zypern auch dafür gesorgt, dass beim EU-Gipfel im Dezember weitere Sanktionen gegen die Türkei diskutiert werden sollen.

Ankara: "heuchlerische und gesetzeswidrige Behandlung"

In Ankara wurde Kritik am Vorgehen der Türkei unterdessen zurückgewiesen. "Wir protestieren gegen diese Aktion, die ohne Befugnis und mit Gewaltanwendung durchgeführt wurde", teilte das Außenministerium mit. Diese "heuchlerische und gesetzeswidrige Behandlung" von türkischen Frachtschiffen, die nach Libyen unterwegs seien, "ist keinesfalls zu akzeptieren."

Obwohl sich der Kapitän kooperativ gezeigt habe und über die Ladung des Schiffes Auskunft gegeben habe, hätten bewaffnete Kräfte eine stundenlange Prüfung durchgeführt, hieß es weiter. "Am gesamten Personal, einschließlich dem Kapitän, wurde zwangsweise eine Leibesvisitation durchgeführt". Man werde Entschädigung beanspruchen. Das Schiff sei zum libyschen Hafen Misrata unterwegs gewesen und habe Farbmaterial und Hilfsgüter geladen.

Ausbleibende Reaktion als Einverständnis gewertet

Aus dem Einsatzführungskommando in Potsdam hieß es dagegen, die Türkei sei über die Pläne für die Durchsuchung des Schiffes informiert worden und habe vier Stunden lang nicht reagiert. Dies sei gemäß der Einsatzregeln als stillschweigendes Einverständnis für das Boarding gewertet worden.

Der Einsatz zur Waffenembargo-Kontrolle war von der EU gestartet worden, weil in Libyen seit dem Sturz des Langzeitherrschers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 Bürgerkrieg herrscht. Die Regierungstruppen werden von der Türkei unterstützt, ihr Gegner, General Chalifa Haftar, von Ägypten, Jordanien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Russland. Zuletzt einigten sich die Konfliktparteien Ende Oktober auf einen Waffenstillstand. Ob er hält, gilt aber als unsicher.

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EU-Sanktionen auch gegen türkisches Unternehmen

Zuletzt wurden EU-Sanktionen gegen Unternehmen verhängt, die Schiffe, Flugzeuge oder andere Logistik für den Transport von Kriegsmaterial bereitgestellt haben. Konkret geht es um drei Firmen aus der Türkei, Jordanien und Kasachstan. Mit der Sanktionierung von Unternehmen aus mehreren Länder wollte die EU auch deutlich machen, dass sie nicht wie von der Türkei behauptet nur Waffenlieferungen an die libysche Regierung verhindern will, nicht aber an den gegnerischen Milizenführer Haftar.

Für Deutschland, Frankreich und Italien ist eine Lösung des Libyen-Konflikts auch wichtig, weil die chaotischen Zustände das Geschäft von Schlepperbanden begünstigen, die Migranten illegal über das Mittelmeer nach Europa bringen.

FDP-Politikerin: Handeln der Türkei ist "Unding"

Aus dem Bundestag kam am Montag scharfe Kritik am Vorgehen der Türkei. Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann rief Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) auf, umgehend Stellung beziehen. "Es ist ein Unding, dass die Türkei zum wiederholten Male versucht, die Kontrolle ihrer Schiffe zu behindern", kritisierte die verteidigungspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion. "Wenn wir das zulassen, können wir die Mission beenden."

Die Linken-Politikerin Sevim Dagdelen forderte, als Konsequenz der Ereignisse müsse die Bundesregierung endlich die Waffenexporte an die Türkei und alle anderen "Libyen-Brandstifter" stoppen.

Deutsche Rüstungsexporte in die Türkei

Kurz zuvor war bekannt geworden, dass die deutsche Rüstungsindustrie seit 2004 Kriegsschiffe oder Teile dafür im Wert von 1,5 Milliarden Euro in die Türkei exportiert hat.

Solche Rüstungslieferungen sind inzwischen wegen des Konflikts der Nato-Partner Griechenland und Türkei um Erdgasvorkommen im östlichen Mittelmeer höchst umstritten. Bisher unterbindet die Bundesregierung nur den Export von Rüstungsgütern an die Türkei, die im Syrien-Krieg eingesetzt werden können. Güter für den "maritimen Bereich" werden aber weiter genehmigt und ausgeführt.

Die Regierung des EU-Partners Griechenland hat Deutschland vor einigen Wochen aufgefordert, den Exportstopp auf Kriegsschiffe auszuweiten. Das betrifft insbesondere den Bau von sechs U-Booten der Klasse 214, die in der Türkei unter maßgeblicher Beteiligung des Konzerns ThyssenKrupp Marine Systems montiert werden.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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