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Krise auf dem Mittelmeer: Sebastian Kurz kritisiert Seenotretter


Krise auf dem Mittelmeer
Kurz erhebt Vorwürfe gegen Seenotretter

Von reuters, afp, cwe

Aktualisiert am 07.07.2019Lesedauer: 4 Min.
Sebastian Kurz: Der frühere österreichische Bundeskanzler kritisiert die Seenotretter auf dem Mittelmeer.Vergrößern des BildesSebastian Kurz: Der frühere österreichische Bundeskanzler kritisiert die Seenotretter auf dem Mittelmeer. (Quelle: imago-images-bilder)

Um die Seenotrettung im Mittelmeer entbrennt eine immer größere Debatte. Jetzt kritisiert auch Österreichs Ex-Regierungschef Sebastian Kurz die Arbeit der Retter. Italiens Innenminister greift zu drastischen Worten.

Der frühere österreichische Regierungschef und ÖVP-Vorsitzende Sebastian Kurz hat den Einsatz von privaten Hilfsorganisationen als Seenotretter im Mittelmeer kritisiert. Er halte es für falsch, wenn sich Nicht-Regierungsorganisationen daran beteiligten, Menschen illegal nach Europa zu bringen, sagte Kurz der "Welt am Sonntag". "Sie wecken damit nur falsche Hoffnungen und locken damit womöglich unabsichtlich noch mehr Menschen in Gefahr."

Solange die Rettung im Mittelmehr mit einem Ticket nach Europa verbunden sei, machten sich immer mehr Menschen auf den Weg. "Wenn wir sicherstellen, dass jeder, der sich illegal auf den Weg macht, zurückgebracht wird in sein Herkunftsland oder in ein Transitland, werden wir die illegale Migration stoppen, das Geschäft der Schlepper zerstören und das Wichtigste: das Ertrinken im Mittelmeer endlich beenden", sagte Kurz weiter.

Salvini nennt Retter "Schakale"

Italien hat seine Häfen für Rettungsschiffe mit Flüchtlingen an Bord geschlossen. Vor rund einer Woche war die deutsche Kapitänin Carola Rackete in Italien festgenommen worden, nachdem ihr Schiff trotz des Verbots im Hafen der Insel Lampedusa angelegt hatte. Am Samstag legte das Schiff "Alexa" der italienischen Hilfsorganisation Mediterranea in Lampedusa an. Ein drittes Schiff, die "Alan Kurdi" der Organisation Sea-Eye mit 65 Migranten an Bord, nahm am Sonntag Kurs auf Malta, nachdem der italienische Innenminister Matteo Salvini mit einem harten Vorgehen gedroht hatte.

Salvini von der rechtsradikalen Lega schrieb nach dem Andocken des Schiffes bei Twitter, bei der Crew der "Alex" handele es sich um "Schakale". Er verbot den Menschen, das Schiff zu verlassen. Daraufhin forderte Mediterranea den Vizeregierungschef per Twitter auf, "die unnötige Grausamkeit" zu beenden und alle von Bord zu lassen.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) kritisierte seinen italienischen Kollegen Salvini und forderte diesen auf, die Dauerkrise der Rettungsschiffe im Mittelmeer zu beenden. "Wir können es nicht verantworten, dass Schiffe mit geretteten Menschen an Bord wochenlang im Mittelmeer treiben, weil sie keinen Hafen finden", schrieb Seehofer am Samstag in einem Brief an Salvini. Der wies das prompt zurück. Eher würde er die Migranten per Bus direkt in die deutsche Botschaft in Rom fahren lassen, sagte er in einem im Internet verbreiteten Video.

Migranten verlassen die "Alex"

"Wir können nicht abwarten, bis an Bord der Notstand ausbricht. Jetzt muss sich zeigen, ob andere europäische Regierungen die harte Haltung Italiens teilen oder den Menschen einen sicheren Hafen anbieten", sagte Sea-Eye-Einsatzleiter Gorden Isler der Deutschen Presse-Agentur am Samstag am Telefon. Ohne Hilfe von außen werde die Lage in zwei bis drei Tagen kritisch an Bord. In Malta werde die "Alan Kurdi" voraussichtlich am Sonntagmittag eintreffen.

Unterdessen erhielten die Menschen an Bord des italienischen Rettungsschiffes "Alex" Erlaubnis, in Lampedusa an Land zu gehen. Das Schiff mit 41 aus dem Mittelmeer geretteten Migranten war zuvor entgegen des Verbots Salvinis in den Hafen der italienischen Mittelmeerinsel eingelaufen. Damit folgte die "Alex" dem Beispiel des deutschen Rettungsschiffes "Sea-Watch 3", das vor einer Woche trotz Verbots unter dem Kommando der Kapitänin Carola Rackete mit 40 Migranten nach Lampedusa gefahren war.

Salvini hatte zunächst gesagt, er erlaube auf keinen Fall, dass jemand von der "Alex" an Land gelange. Er werde weiter Italien verteidigen. Die gegenteilige Entscheidung habe dann am späten Abend die Finanzpolizei zu Ermittlungszwecken getroffen, teilte das Innenministerium später mit. Sie untersteht dem Wirtschaftsministerium und nicht Salvinis Innenministerium, der damit sein Gesicht wahren konnte. Die "Alex" sei beschlagnahmt worden und gegen den Kapitän werde wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung ermittelt.

Der relativ kleine Motorsegler ist nach Angaben der Hilfsorganisation Mediterranea nur für 18 Menschen zugelassen. Es waren aber 60 Menschen an Bord. Die hygienischen Verhältnisse und der Wassermangel waren zuletzt nach Angaben von Mediterranea katastrophal.

Seehofer fordert europäische Lösung

Seehofer hatte in einem Schreiben an Salvini rasche europäische Lösungen in gemeinsamer Verantwortung für die aktuellen Seenotrettungsfälle angemahnt. "Ich appelliere daher eindringlich an Sie, dass Sie Ihre Haltung, die italienischen Häfen nicht öffnen zu wollen, überdenken", fügte Seehofer hinzu. Deutschland hatte der EU-Kommission angeboten, Migranten von den Rettungsschiffen aufzunehmen. "Auch im Fall der "Alan Kurdi" und der "Alex" sind wir im Rahmen einer europäisch-solidarischen Lösung bereit, einen Teil der aus Seenot Geretteten aufzunehmen", sagte Seehofer am Samstag.

Bei Salvini stieß er damit auf taube Ohren. "Die Bundesregierung bittet mich, italienische Häfen für die Schiffe zu öffnen? Absolut nicht", erklärte er. "Wir fordern die Merkel-Regierung auf, den Schiffen die deutsche Flagge zu entziehen, die Menschenhändlern und Schmugglern helfen, und ihre Bürger, die die italienischen Gesetze missachten, zurückzuholen", fügte er hinzu.


Salvini war mit dem Versprechen angetreten, die illegale Einwanderung nach Italien zu stoppen. Er konzentriert sich dabei vor allem auf medienwirksame Aktionen gegen private Rettungsschiffe, obwohl die vergleichsweise wenige Migranten nach Italien bringen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen Reuters, AFP
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