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US-Militär schießt Flugobjekt über Alaska ab: Der Ufo-Glaube gefährdet die USA


Abschuss über Alaska
Die Zeit des Wegduckens ist vorbei


Aktualisiert am 11.02.2023Lesedauer: 5 Min.
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Eine F-22 über dem US-Bundesstaat Alaska (Archivbild): Die USA hat russische Militärflugzeuge abgefangen.Vergrößern des Bildes
Abschuss eines unbekannten Flugobjekts: Eine F-22 über dem US-Bundesstaat Alaska. (Quelle: Ssgt. James Richardson/U.S. Air via www.imago-images.de)

Ausgerechnet der hochmoderne US-Militärapparat hat die Gefahr durch einfache Ballon- und Drohnentechnologien wohl unterschätzt. Schuld war wohl auch ein ausgeprägter Ufo-Glaube.

Es war in den letzten Monaten der Trump-Regierung. Da verkündete das US-Verteidigungsministerium im August 2020 die Gründung einer Task Force. Im Pentagon beschäftige sich ab sofort eine Spezialabteilung mit "Unidentified Aerial Phenomena", also mit nicht identifizierten Luftphänomenen. Was bei vielen verlacht wurde als Trumps neue Ufo-Abteilung, hatte aber offenbar schon damals einen ernsten Hintergrund.

In diesen Tagen wird diese unter Donald Trump eingeführte Task Force plötzlich wieder hochaktuell. Kritiker fragen sich, weshalb das Pentagon trotz des Wissens um derartige unbekannte Flugkörper bislang offenbar lange tatenlos blieb. Mit einem Mal aber scheint die gesamte US-Regierung alarmiert zu sein. Es spricht einiges dafür, dass die Amerikaner ausgerechnet simple Drohnen- und Ballontechnik als Gefahr unterschätzt haben.

Trumps Weltraum-Affinität

Nachdem die USA vor wenigen Tagen einen chinesischen Spionageballon abgeschossen hatten, brachte die amerikanische Luftwaffe am Freitag ein unbekanntes und mutmaßlich unbemanntes weiteres Flugobjekt über dem Bundesstaat Alaska zum Absturz. Die Hintergründe sind bislang unklar. Ein außerirdisches Ufo dürfte es aber aller Wahrscheinlichkeit nach nicht sein.

Warum steigen erst jetzt Kampfjets auf und feuern Raketen ab? Denn das Pentagon hegte schon unter Trump Bedenken, weil nicht zu identifizierende Flugkörper insbesondere über US-Militärbasen gesichtet wurden. Zwar war die Herkunft dieser Objekte offenbar damals noch unklar. Drohnen und Ballons aus China oder Russland, die wertvolle Informationen sammeln könnten, waren aber bereits ein naheliegender Verdacht. Der Fokus wurde jedoch eher auf mögliche außerirdische Ursprünge gelegt. Zudem soll die neu gegründete Ufo-Einheit im Pentagon lediglich aus einem kleinen Büro bestanden haben, in dem einige Beamte ohne große Finanzmittel vor sich hin arbeiteten.

Das Pentagon veröffentlicht damals im Sommer 2020 drei bislang als geheim eingestufte Videos, die unbekannte Flugobjekte zeigten. Trump nannte solches Filmmaterial "verdammt krass" und sagte, er frage sich, "ob das echt ist". Der ehemalige US-Präsident hatte da bereits den Ruf, eine eher belächelte Weltraum-Affinität zu haben. Im Dezember 2019 hatte Trump die "United States Space Force" ins Leben gerufen. Seither besitzen die USA als einzige Nation der Welt eigenständige Weltraumstreitkräfte.

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"Massives Versagen der US-Militärgeheimdienste"

Warum ist darüber hinaus aber bis heute so wenig passiert? Tyler Rogoway, Chefredakteur des in den USA bekannten Militärfachblogs "The War Zone", erhob bereits 2019 Vorwürfe gegen das Pentagon. In einem Artikel warf er den amerikanischen Militärstrategen "grobe Untätigkeit" bezüglich der ungeklärten Luftphänomene vor. Es gebe eine "Lähmung der Systeme", die eigentlich die wichtigsten Militärtechnologien der USA schützen sollten. Das weise auf ein "massives Versagen der US-Militärgeheimdienste" hin, so Rogoway. Der hochmoderne Militärapparat nehme ausgerechnet die niedrigschwelligen Technologien nicht ernst genug.

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Rogoway machte eine speziell amerikanische Ufo-Manie mitverantwortlich für die Blindheit bezüglich der realen Gefahr. Gegnerische Mächte seien mit diesen einfachen Mitteln in der Lage, "hochwertige elektronische Geheimdienstdaten" über die USA zu sammeln. Kritische Daten, die sonst nur sehr schwer verlässlich zu bekommen seien. Die Verantwortlichen im US-System seien eine Gefahr für die nationale Sicherheit, weil sie durch einen "Mangel an Vorstellungskraft, Neugier und Kreativität" ein "nahezu perfektes Vakuum geschaffen" hätten, das "Feinde ausnutzen könnten und wahrscheinlich in erstaunlichem Maße ausgenutzt haben", so Rogoway 2019.

Während das Pentagon jahrzehntelang zu möglichen außerirdischen Besuchern geschwiegen hatte, gab es zuletzt eine deutliche Öffnung, wenn es um Beobachtungen geht. Im Mai vergangenen Jahres beschäftigte sich sogar das amerikanische Repräsentantenhaus mit dem Thema. Damals hieß es, dass viele Sichtungen Rätsel aufgeben würden. Der Vizedirektor des Marine-Geheimdienstes (ONI), Scott Bray, sagte seinerzeit, die Ufo-Taskforce in seiner Behörde habe keine Hinweise darauf, dass unter den unerklärlichen Himmelsobjekten solche außerirdischen Ursprungs seien. Woher sie dann kamen, sagte er aber auch nicht.

Grüne Flugobjekte waren offenbar Drohnen

Im Oktober 2022 sorgte dann ein Geheimpapier für Aufsehen in den USA, über das die "New York Times" berichtete. Das brisanteste Ergebnis: Einige der Phänomene können angeblich auf chinesische Militärspionage zurückgeführt werden. Demnach handelte es sich bei mehreren vermeintlichen Ufos um relativ gewöhnliche Drohnentechnologie, mit der China nach Angaben der Beamten versuche, mehr über die Ausbildung US-amerikanischer Kampfpiloten zu erfahren. Auch bei anderen Ufo-Sichtungen werde ein Zusammenhang mit Peking vermutet.

Bereits im Mai 2022 hatte das Pentagon bekannt gegeben, dass zuvor veröffentlichte Bilder von grünen Dreiecken durch Überwachungsversuche erklärt werden könnten. Bei den Flugkörpern, die wie außerirdische Schiffe aussähen, habe es sich um Drohnen gehandelt, die durch Nachtsichtgeräte fotografiert worden seien.

Alaskas Senatorin ist wütend

Untätigkeit ist 2023 ein Vorwurf, den insbesondere das Lager der Republikaner an die Biden-Regierung richtet. Dass der chinesische Ballon von vergangener Woche nicht gleich nach seiner Entdeckung über Land abgeschossen wurde, dafür zeigen viele kein Verständnis. Darunter auch Floridas Senator Marco Rubio, der bereits seit einigen Jahren für ein härteres Vorgehen in Bezug auf derartige Flugobjekte plädiert. "Unsere Regierung wusste mindestens zwei Tage, bevor es geschah, dass ein Spionageballon des chinesischen Militärs dabei war, in den Luftraum über den kontinentalen USA einzudringen", twitterte Rubio. Sie habe jedoch nichts dagegen unternommen und auch der Kongress sei zu spät unterrichtet worden.

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Auch über das nun über Alaska abgeschossene, offenbar noch unbekannte Flugobjekt wird Wut geäußert. Nach einer geheimen Unterrichtung seitens der Regierung über die Vorgänge am Himmel in Amerikas Norden äußerte sich Alaskas Senatorin Lisa Murkowski: "Als Alaskanerin bin ich so wütend. Ich möchte eigentlich andere Wörter verwenden. Aber das werde ich nicht. Mir scheint, die klare Botschaft an China lautet: 'Wir haben freie Fahrt über Alaska.'"

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Das riskante Umdenken der Biden-Regierung

Was die Abschüsse beider Flugkörper aber zeigt: Die Biden-Regierung scheint sich entschieden zu haben, beim Thema unbekannte Flugobjekte einen Strategiewechsel vorzunehmen. Offenbar will man es nach Jahren nicht mehr bei mysteriös anmutenden Veröffentlichungen von Bildmaterial belassen.

Statt die Öffentlichkeit über außerirdische Spione spekulieren zu lassen, nimmt Biden nun in Kauf, dass die USA und er selbst zumindest für eine gewisse Zeit überrumpelt dastehen.

In einem Land, das in seiner Geschichte als Supermacht praktisch nie auf eigenem Territorium angegriffen wurde, wiegen solche öffentlich werdenden Verwundbarkeiten durch globale Konkurrenten und ganz besonders durch China noch schwerer. Die Abschüsse bedeuten auch, dass die Gefahren eskalierender Konfrontationen mit China zunehmen. Ein Risiko, das Biden nun offenbar ebenfalls bereit ist einzugehen.

Die Zeit des Wegduckens scheint endgültig vorbei zu sein. Die eigenen offensichtlichen Schwachstellen offenzulegen und zugleich derart offensiv anzugehen, spricht dafür, wie ernst die Erkenntnisse über die sich seit Jahren entwickelnde Bedrohungslage nun genommen werden. Hinzu kommt der innenpolitische Druck, gegen China vorzugehen. Selbst innerhalb der eigenen Regierung wird wohl gefordert, sich mehr um Pekings Ambitionen zu kümmern.

William Burns, Direktor des US-Geheimdienstes CIA, sagte vor einigen Tagen, dass die Ambitionen des chinesischen Präsidenten Xi Jinping gegenüber Taiwan nicht unterschätzt werden sollten. Die "Neue Zürcher Zeitung" schrieb vergangene Woche, dass Burns und der nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan sich ein schnelles Ende des Ukraine-Kriegs wünschen, um sich mehr der Bedrohung aus China widmen zu können. Vermutlich wird Alaska nicht der letzte Vorfall in Sachen vermeintlicher Ufos gewesen sein.

Verwendete Quellen
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