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Donald Trump soll Friedensnobelpreis erhalten – meinen die das ernst?


Nordkorea-Verhandlungen
Friedensnobelpreis für Trump – meinen die das ernst?

Von Fabian Reinbold, Washington

Aktualisiert am 03.05.2018Lesedauer: 4 Min.
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Donald Trump beim Auftritt in Michigan: "Nobel"-Rufe aus dem Publikum.Vergrößern des Bildes
Donald Trump beim Auftritt in Michigan: "Nobel"-Rufe aus dem Publikum. (Quelle: Joshua Roberts/reuters)

Für seine Nordkorea-Offensive fordern US-Abgeordnete den Friedensnobelpreis für Trump. Was steckt dahinter? Und was hat der US-Präsident wirklich erreicht?

Das muss man sich mal einen Augenblick lang vorstellen: Der Friedensnobelpreis, die wohl prestigeträchtigste Auszeichnung der Welt, soll an Donald Trump gehen.

Warum das die richtige Wahl wäre, haben 18 US-Abgeordnete jetzt in einem Brief an das norwegische Nobelpreiskomitee dargelegt. Sie schlagen Trump wegen seines Beitrags zum Abbau der Spannungen mit Nordkorea vor. Dessen Politik von "Frieden durch Stärke" habe Pjöngjang an den Verhandlungstisch getrieben.

Trump? Als Friedensnobelpreisträger? Der Mann, der Mexikaner pauschal als Verbrecher und bestimmte Länder als "Dreckslöcher" bezeichnete, Muslimen die Einreise verbieten wollte, und jetzt drauf und dran ist, ein Atomabkommen mit dem Iran aufzukündigen?

Die Vorstellung, die vielen irrsinnig vorkommen dürfte, hat in Washington eine gewisse Dynamik entfaltet. Der Brief der Abgeordneten ist bereits der vierte Akt in der Polit-Aufführung "Ein Friedensnobelpreis für Donald Trump", die seit einigen Tagen zu bestaunen ist.

"No-bel! No-bel!"

Den Auftakt machte der Senator Lindsey Graham, ein Parteifreund, aber auch reger Kritiker des Präsidenten. Unter dem Eindruck des historischen Treffens von Kim Jong Un und Südkoreas Präsidenten Moon Jae In hatte er am Freitag gesagt: Wenn der erhoffte Wandel in Nordkorea wirklich eintrete, verdiene Präsident Trump den Friedensnobelpreis. Da Graham das auf dem Sender Fox News kundtat, war das Thema in der Trump-freundlichen Öffentlichkeit schon einmal gesetzt.

Der zweite Akt folgte am Samstag. Der Präsident hielt im Bundesstaat Michigan eine Rede. Als er über Nordkorea sprach, gab es "No-bel! No-bel!"-Rufe im Publikum. Ob sie spontan von Fox-News-Zuschauern kamen oder inszeniert waren, ist bis heute unbekannt. Klar wurde hingegen, dass Trump mächtig geschmeichelt war, etwas ungläubig das Wort "Nobel" wiederholte und dann sagte: "Danke, sehr nett."

Der dritte Akt wurde in Seoul aufgeführt, wo Südkoreas Präsident am Montag gefragt wurde, ob er selbst den Friedensnobelpreis verdient habe, sollte es zu einem Friedensvertrag mit Nordkorea kommen. Seine Antwort: Nicht er, sondern Trump habe den Preis verdient. Trump dankte ihm am Dienstag.

Was hinter dem Brief steckt

Jetzt also der Brief. Initiator ist der republikanische Abgeordnete Luke Messer. Was ihn wohl motiviert hat? Der Mann aus Indiana muss um seine Wiederwahl fürchten. Im parteiinternen Vorwahlkampf konkurriert er mit zwei anderen Republikanern im Wettstreit darum, wer am stärksten auf Trump-Linie liegt. Der Brief dürfte ihm dabei helfen. Auch weitere Abgeordnete, die aus der Partei von Trump-Freunden herausgefordert werden, finden sich unter den 18 Unterzeichnern. Andere sind wiederum besonders Trump-treue Abgeordnete. Alle wollen sie im November wieder gewählt werden. Der Brief nach Norwegen hat also eine überragende innenpolitische und innerparteiliche Motivation.

Doch das Thema ist gesetzt. Abgeordnete dürfen Vorschläge unterbreiten, auch wenn die Frist für die kommende Auszeichnung bereits abgelaufen ist. Trump ist in jedem Fall sichtlich geschmeichelt. Er würde damit mit Barack Obama gleichziehen, seinem Vorgänger, an dem er sich so gern reibt. Der bekam den Preis 2009 vor allem dafür, dass er nach den George-W.-Bush-Jahren einen anderen Ton gegenüber der islamischen Welt anschlug. Geleistet hatte Obama noch nicht viel und empfand den Preis selbst eher als Bürde.

Und was hat Trump geschafft?

Seine unkonventionelle Nordkorea-Politik und seine Bereitschaft, sich mit Kim zu treffen, haben vieles ins Rollen gebracht. Er schickte in einer Geheimmission den CIA-Chef und jetzigen Außenminister Mike Pompeo nach Pjöngjang. Das historische Treffen zwischen Kim und Moon am Freitag hätte ohne Trump wohl nicht so schnell stattgefunden.

Trumps Verdienste

Trump konnte die UN hinter verschärfte Sanktionen versammeln und sein Druck auf China hat gewirkt, das zuvor weiterhin unter Missachtung aller UN-Sanktionen Handel mit dem Nachbarn im Norden betrieben hatte. Das gilt quer durch alle politischen Lager als Verdienst Trumps. Der Umstand nötigte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Respekt ab. Bei ihrem allgemein eher unterkühlten Besuch im Weißen Haus lobte sie Trump dafür ausdrücklich.

So weit, so bemerkenswert. Doch was folgt daraus? Kims Angebot, das Atomwaffenprogramm einzustampfen, klingt großartig – zu großartig, unken selbst Trumps eigene Berater. Tatsächlich hat Nordkorea in der Vergangenheit ähnliche Zusagen gemacht – und anschließend immer wieder gebrochen. Im Jahr 1992 unterzeichnete der Norden ein Denuklearisierungsabkommen mit dem Süden, 1994 eines mit den USA, 2005 folgte ein drittes, mit den USA und den Nachbarstaaten.

Die beiden neuen Faktoren in dieser schwierigen Geschichte heißen Kim Jong Un, der Ende 2011 die Macht übernahm, und Donald Trump, dessen ganz eigener Stil von Drohungen und Charme Anfangserfolge verzeichnen konnte.

Trump selbst hatte Diktator Kim nach den Beschimpfungen der letzten Monate zuletzt als "sehr offen" und "sehr ehrenhaft" bezeichnet. Der US-Präsident wirkt bisweilen am Fortschritt berauscht, etwa in dem Tweet zum möglichen Ort eines Treffens mit Kim.

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Ob Kim und Trump allerdings das Gleiche meinen, wenn nun von "Denuklearisierung" die Rede ist, darf man bezweifeln. Experten rechnen nicht damit, dass Kim sein Arsenal aufgeben wird. Ebenfalls gibt es die Sorge, dass Trump die Erwartungen so hoch geschraubt hat, dass er um fast jeden Preis einen Deal wollen könnte. "Die Frage, wie Trump einen guten Deal von einem schlechten unterscheiden kann, stellt sich immer dringlicher", heißt es bei der Denkfabrik Brookings Institution.

Diese Sorge spitzte ein Kolumnist der "Washington Post" jetzt zu. In einem humorvoll gemeinten Text entwarf er eine fiktive Dankesrede Trumps zum Erhalt des Nobelpreises: Darin lobt Trump seine Leistungen in allen Bereichen über alle Maßen. In Anspielung auf die gegenseitigen Beschimpfungen im vergangenen Jahr zwischen ihm und Kim sagt Trump: "Er hat seine Atomwaffen zwar noch nicht aufgegeben, aber er hat zugesagt, mich nicht weiter als senil zu beschimpfen. Im Austausch habe ich zugesagt, ihn nicht anzugreifen und ich habe Kalifornien an Nordkorea abgetreten."

Verwendete Quellen
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