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Iran-USA-Konflikt: "Nicht nur Donald Trump hat einen Fehler gemacht"


Iran-Konflikt
Nicht nur Trump hat einen Fehler gemacht

  • Gerhad Spörl
MeinungVon Gerhard Spörl

Aktualisiert am 07.01.2020Lesedauer: 4 Min.
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US-Präsident Donald Trump: Einen Krieg wollen weder die USA noch der Iran. Doch müssen die Beteiligten aufpassen, nicht ungewollt in einen Konflikt hineinzuschlittern, meint unser Autor.Vergrößern des Bildes
US-Präsident Donald Trump: Einen Krieg wollen weder die USA noch der Iran. Doch müssen die Beteiligten aufpassen, nicht ungewollt in einen Konflikt hineinzuschlittern, meint unser Autor. (Quelle: UPI Photo/imago-images-bilder)

Die Lage im Nahen Osten ist angespannt. Ein Krieg scheint so wahrscheinlich wie lange nicht. Doch Krieg ist nicht das einzige Szenario für die Region, meint unser Autor.

Der Nahe Osten ist schon lange eine explosive Region. An friedliche Zeiten kann ich mich nicht erinnern. Der Arabische Frühling, der sich von Tunis aus blitzschnell verbreitete, schien eine neue Phase einzuleiten, liegt aber lange zurück – 2010 war das. So schnell können sich Hoffnungen im Nichts auflösen.

Kriege und Bürgerkriege sind in dieser Weltgegend Normalität. Sie erhalten Tiefenschärfe durch religiöse Gegensätze. Schiiten gegen Sunniten gegen Wahhabiten gegen Juden. Momentan führt Saudi-Arabien Krieg im Jemen und in Syriens Dauerkrieg ist kein Ende abzusehen. Auch der Irak ist nach wie vor ein Pulverfass und zu allem Überfluss will die Türkei jetzt in Libyen eingreifen.

Die USA sind Kriegspartei unter Kriegsparteien

Schon lange sind die USA in Nahost keine vermittelnde Weltmacht mehr, sondern Kriegspartei unter Kriegsparteien. Die letzte explosive Phase begann 2003 mit der Invasion im Irak. Und nicht zufällig entschloss sich Präsident Donald Trump nach den orchestrierten Tumulten vor der US-Botschaft in Bagdad dazu, General Ghassem Soleimani durch eine Drohne töten zu lassen.


Die USA haben viele Versuche unternommen, die Region zu befrieden. Mit militärischer Gewalt im Irak und in Libyen, mit dem Aufkündigen alter Bande zu Autokraten wie Husni Mubarak in Ägypten. Mehrere US-Präsidenten glaubten daran, sie könnten die Demokratie im Nahen Osten verbreiten. Schmerzlich mussten sie einsehen, dass sie zwar Saddam Hussein und Muammar al-Ghaddafi wegreißen konnten, damit aber für ein Vakuum sorgten, in das zum Beispiel der IS einströmen konnte. So wurde eine ohnehin komplizierte Lage noch komplizierter.

Trump veränderte die strategische Lage im Nahen Osten

Verhängnisvolle Fehler unterliefen jedem US-Präsidenten, von George W. Bush bis Barack Obama. Donald Trump wollte eigentlich deren Kriege beenden und keinen neuen entfachen. Erst im Juni sagte er militärische Angriffe auf den Iran im letzten Augenblick ab, weil das Risiko zu groß war. Dieses Mal schätzte er die Lage offenbar so dramatisch ein, dass er den iranischen Anführer der Auslandsmilizen umbringen ließ.

Nicht erst Trump machte im Iran die Wurzel allen Übels aus. Unterschiedlich ist nur, was aus dieser Einsicht erfolgt. Obama entschloss sich zu einem komplizierten Vertragswerk, das den Bau einer iranischen Atombombe verzögert hätte. Doch Trump ließ den Deal bald darauf platzen. Dann veränderte er die strategische Lage im Nahen Osten, indem er ganz auf Israel und auf Saudi-Arabien setzte. Ursprünglich diente das neue Dreierbündnis dazu, Amerika militärisch aus der Region herauszulösen. Und jetzt?

Eskalation ist im Nahen Osten immer zu befürchten

Es gibt viele Experten, die nach Ereignissen wie dem Mord am iranischen General Soleimani voraussagen, was sich daraus entwickeln wird, ja entwickeln muss. In Wahrheit ist es so, dass im Nahen Osten Eskalation immer zu befürchten ist. Aber auch das Gegenteil ist nicht unmöglich. Vielleicht schlägt der Iran in den nächsten Tagen zurück, vielleicht erst später. Oder es passiert gar nichts, weil eigentlich weder der Iran noch die USA auf einen Krieg aus sind. Oder beide Parteien wollen ihn zwar vermeiden, treiben aber wie Schlafwandler in einen Krieg hinein. Schwach zu erscheinen würde jedem Führer in dieser Region innenpolitisch schaden, weshalb er am Ende zu Reaktionen gezwungen sein könnte, die er eigentlich vermeiden wollte.

Amerika ist wieder stärker im Nahen Osten vertreten, als es Trump ursprünglich vorhatte. Das Pentagon entsendet 3.500 Soldaten der 82. Luftlandedivision in den Irak und bereitet sich darauf vor, noch viel mehr Soldaten im Ernstfall dorthin zu verlegen. Damit sind die Amerikaner mit allen Risiken erneut in großer Zahl dort, wo sie eigentlich schon bald gar nicht mehr sein wollten.

Trump will im Wahljahr Schlagkraft beweisen

Die Dinge liegen jetzt nur noch bedingt in der Hand Donald Trumps, der, genau wie die Gegenseite, zu maßloser Rhetorik neigt. Das zeigt seine Symbolik mit der Zahl 52: 52 Amerikaner hatte der Ajatollah-Iran 1979 als Geiseln in der US-Botschaft genommen, 52 kulturelle oder religiöse Ziele droht er anzugreifen, wenn der Iran zurückschlagen sollte.

Warum geht Trump so weit? Weil der Iran es darauf anlegt. Die Provokationen des letzten halben Jahres gingen von Teheran aus. Und natürlich geht Trump auch so weit, weil er im kommenden Wahlkampf Schlagkraft beweisen möchte. Die substanzlose Annäherung an Nordkorea hat sich als Flop erwiesen. Das soll sich nicht wiederholen.

Trump hat selbe Strategie wie einst Clinton

Im übrigen verhält sich Trump ähnlich wie Bill Clinton vor ihm. Zwar mag das Impeachment seinen Lauf nehmen, aber hat sich der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika trotzdem um Weltpolitik zu kümmern. Clinton beschloss, mitten in der Lewinsky-Krise, mit der Nato in die jugoslawischen Erbfolgekriege einzugreifen. Trump greift verschärft im Nahen Osten ein, obwohl er vom Impeachment wenig zu befürchten hat.

Gut möglich, dass der neue Konflikt zwischen den USA und Iran nicht weiter eskaliert. Genauso gut ist es möglich, dass sich der Konflikt verschärft und irgendwann entlädt. Im Nahen Osten muss man mit allem rechnen. Und kann sich auf nichts verlassen.

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