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Putins Ukraine-Krieg: Joe Biden erhöht Druck auf Deutschland


Zwischen zwei Abgründen
Wie Biden Druck auf Deutschland macht

  • Bastian Brauns
Von Bastian Brauns, Washington

Aktualisiert am 09.03.2022Lesedauer: 5 Min.
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Cool bleiben: Joe Biden läuft auf schmalem GratVergrößern des Bildes
Cool bleiben: Joe Biden läuft auf schmalem Grat. (Quelle: imago-images-bilder)

Eiskalt setzt Joe Biden im Ukraine-Krieg Wladimir Putin die Pistole auf die Brust, ohne dabei verbal zu eskalieren. Warum er damit auch Druck auf die Bundesregierung ausübt.

Wäre der Roosevelt Room im Weißen Haus ein Western-Saloon, wäre Joe Biden an diesem Dienstag als Clint Eastwood ans Rednerpult getreten. Siegessicher, dabei aber nicht arrogant, sondern mit dem Understatement eines Routiniers, kündigte der US-Präsident seinen neuesten Plan gegen Putin an: den Komplett-Boykott von russischem Öl und Erdgas durch die USA.

Kriege sind keine Western. Umso beeindruckender aber wirkt es derzeit, was Joe Biden in der Öffentlichkeit für die Vereinigten Staaten und die Verbündeten leistet. Konsequent zeigt er Härte, ohne die Situation dabei eskalieren zu lassen.

Einerseits darf Biden die Invasion eines souveränen Landes nicht unbeantwortet lassen. Andererseits darf er die Welt nicht in eine atomare Katastrophe führen. Wie schwer das rhetorisch und auch operativ ist, lässt sich derzeit jeden Tag beobachten.

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So oft sich Joe Biden beim Sprechen auch verheddern mag. So wackelig er bisweilen wirkt, wenn er die paar Schritte zu seinem Helikopter im Garten des Weißen Hauses läuft, so sicher scheint der US-Präsident sein Land und die Alliierten während des russischen Krieges in der Ukraine auf diesem extrem schmalen Grat zwischen Katastrophe und Rettung zu führen. Wie gelingt ihm das?

Wie Biden zeigt, dass Obama recht hatte

Die politische Show gehört erkennbar auch in Kriegen dazu. Biden gibt sich dabei betont gelassen, fliegt am Wochenende nach wie vor mit seiner Frau Jill in den Heimat-Bundesstaat Delaware. Danach setzt er alle paar Tage sehr gezielte und gut abgestimmte Stiche, die er klar und deutlich kommuniziert – an den Kreml, die Alliierten und das eigene Volk.

"Russland ist eine Regionalmacht, die einige ihrer unmittelbaren Nachbarn bedroht, aber nicht aus Stärke, sondern aus Schwäche." Diese Worte des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama galten Wladimir Putin und bis heute sind sie hochumstritten. Denn sie sollen den Kremlchef erst recht zu seinem aggressiven Verhalten gereizt haben.

Tatsächlich waren solche herabwürdigenden Sätze von dem heute amtierenden Joe Biden bislang nicht zu hören. Bei ihm klingt es subtiler, ist aber faktisch noch schmerzhafter. Dabei zeigt Biden zugleich, dass Obama sogar recht behalten sollte.

Die historische Sanktionsmaschinerie des Westens und zahlreicher weiterer Staaten wie Japan oder Südkorea läuft immer heißer. Und Putin spürt, dass sein Land gegen diese wirtschaftliche Übermacht im 21. Jahrhundert kaum noch etwas ausrichten kann.

Druck auf Deutschland wächst

Was Biden am Dienstag beinahe triumphierend im Weißen Haus verkündete, gehörte in diese Kategorie: "Ein Rubel ist heute weniger wert als ein amerikanischer Penny", sagte Biden und er wiederholte es noch mal: "Ein Rubel. Weniger. Als ein amerikanischer Penny." Der Rubel-Kurs liegt in der Tat inzwischen bei 0,0077 US-Dollar. Seit Beginn von Putins Krieg hat die russische Währung 50 Prozent an Wert eingebüßt.

Die Wucht von Bidens neuester Sanktionsstufe wirkte vor diesem Hintergrund noch viel heftiger: Die USA werden ab sofort weder Öl noch Erdgas oder Kohle mehr aus Russland einführen. Gemessen am Gesamtexport des rohstoffreichen Landes scheinen diese fünf bis zehn Prozent der Amerikaner gering. In absoluten Zahlen aber ist es ein weiterer bitterer Schlag ins Kontor des Kremls. Zur Kompensation nimmt Biden selbst Verhandlungen über Öllieferungen mit dem verfeindeten Venezuela auf.

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Geschickt erhöht Biden damit bei allem Verständnis für die europäischen und insbesondere die deutschen Abhängigkeiten sowohl den Druck auf Russland als auch auf die Alliierten.

Nicht nur der US-Präsident, auch die Bundesregierung und Bundeskanzler Kanzler Olaf Scholz wissen, dass ein Importstopp bei einem weiteren brutalen Vorrücken der russischen Armee gegen ukrainische Zivilisten immer schwerer zu vermeiden sein wird. Auch weil sich zeigt, dass die Sanktionen wirken, zumindest ökonomisch.

Russland rutscht immer weiter ab

Die Ratingagentur Fitch stufte noch am selben Tag von Bidens Ankündigung Russlands Staatsschulden-Rating von "B" auf "C" weiter herab. Das ist der sogenannte Junk-Bereich, in dem nicht mehr investiert werden sollte. Denn der Zahlungsausfall Russlands soll "unmittelbar bevorstehen", laut Fitch.

Hinzu kommt, dass noch zahlreiche weitere westliche Unternehmen ihren vorläufigen Rückzug aus Russland beschlossen haben. Darunter: McDonalds, Coca-Cola, PepsiCo, Starbucks und die Luxusuhrenmarke Rolex. "Großunternehmen ziehen sich komplett aus Russland zurück, ohne dass wir sie darum gebeten haben", so Biden. Er will vermitteln, dass sich die ganze Welt gegen Putin wendet. Nicht nur die politische, auch die wirtschaftliche.

Die Reaktionen Russlands darauf wirken hingegen fast hilflos. Zwar gibt es immer neue Meldungen für ein zunehmendes Engagement Chinas. Wie schnell und in welchem Umfang das geschehen kann, ist aber umstritten. Der Kreml kündigte nun an, zahlreiche Rohstoffexporte an Länder, die Russland feindlich gesinnt seien, bis Ende des Jahres zu beenden. Die Drohung, den Erdgas-Transit durch die Pipeline Nord Stream 1 zu kappen, war da bereits ausgesprochen. Als Folge des Rückzugs von westlichen Unternehmen fordern russische Politiker inzwischen die Verstaatlichung von deren Betriebsstätten.

Während das Geld aus Russland flieht, pumpen die USA weitere finanzielle Hilfen in die Ukraine. "Deshalb werden wir das mutige ukrainische Volk weiterhin unterstützen, während es für sein Land kämpft", sagte Biden. Er fordere den US-Kongress auf, ein Zwölf-Milliarden-Dollar-Hilfspaket für die Ukraine zu verabschieden.

Erster Streit im westlichen Bündnis

Wackelig wirkte die Biden-Administration dann aber doch noch. Der Grat zwischen den Abgründen aus nuklearer Apokalypse und Verteidigung der Demokratien wurde noch schmaler als ohnehin schon. Auch wenn derzeit nicht klar ist, wie es zu dem Vorgang kam: Wegen der seit Tagen möglichen, aber umstrittenen Lieferung von polnischen Kampfflugzeugen des Typs MIG-29 an die Ukraine erscheint der Westen erstmals seit Ausbruch des Krieges nicht ganz so geeint.

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Das polnische Außenministerium hatte, laut US-Angaben, im Alleingang eine sofortige Übersendung der Kampfjets an die USA zu deren Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Deutschland angeboten. Der Logik nach hätten die USA dann diese Jets an die Ukraine liefern können. Der Pressesprecher des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby, beeilte sich, diesen Vorschlag der Polen als wohl "nicht haltbar" zurückzuweisen. Dennoch arbeite man weiter daran, die damit einhergehenden "schwierigen logistischen Herausforderungen" zu lösen.

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Gut möglich, dass auch die deutsche Bundesregierung hier sofort Einspruch eingelegt hat. Würden die MIG-29 von deutschem Boden in den ukrainischen Luftraum starten, so eine nicht unberechtigte Sorge, könnte Russland dies als Beteiligung eines Nato-Mitglieds am Krieg werten. Kirby formulierte es so: Dieses Vorhaben wecke "ernsthafte Bedenken für das gesamte Nato-Bündnis".

Die alten sowjetischen Kampfjets, die von ukrainischen Piloten ohne zusätzliches Training im Kampf gegen die russische Luftwaffe geflogen werden könnten, wirken wie zu heiße Kartoffeln, die von Nato-Partner zu Nato-Partner weitergereicht werden. Hauptsache, keiner im Westen verbrennt sich. Biden jedenfalls bleibt cool und wird wohl bald eine Lösung verkünden.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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