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Wahlpleite in NRW: "Es fehlen inhaltliche Ansagen der SPD"


Comeback nach NRW-Wahl
"Schwarz-Gelb könnte Modell für den Bund werden"

t-online, Stefan Rook

15.05.2017Lesedauer: 4 Min.
Koalieren sie bald wieder im Bund? Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der Vorsitzende der FDP, Christian Lindner.Vergrößern des BildesKoalieren sie bald wieder im Bund? Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der Vorsitzende der FDP, Christian Lindner. (Quelle: dpa-bilder)
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Die CDU hat die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen für sich entschieden und auch die FDP ist nach den Wahlen in NRW und Schleswig-Holstein im Aufwind. Von einem "Schulz-Effekt" kann keine Rede mehr sein. t-online.de hat mit Professor Stefan Marschall über die NRW-Wahl und deren Auswirkungen gesprochen.

t-online.de: Was denken Sie war ausschlaggebend für den sensationellen Sieg der CDU in Nordrhein-Westfalen, der "Herzkammer der Sozialdemokratie"? War Hannelore Kraft so schwach oder Armin Laschet so stark?

Professor Stefan Marschall: Die Themen spielten eine hauptsächliche Rolle und das hat ausgestrahlt auf die Wahrnehmung der Personen. Am Ende war Hannelore Kraft in den Sympathiewerten immer noch stärker als Armin Laschet, doch die Kompetenzwerte ihrer Regierung gingen in den Keller. Das hat maßgeblich dazu beigetragen, dass sie die Wahl verloren hat.

Kann man sagen, dass Kraft im Wahlkampf auf die falschen Themen gesetzt hat?

Es war seitens der SPD eher ein personalisierter Wahlkampf. Man hatte den Eindruck, dass die SPD sehr stark auf die Person Hannelore Kraft setzen und die Themen dabei nicht in den Mittelpunkt stellen wollte. Die CDU hingegen hat es geschafft, die Themen sehr stark zu profilieren und zwar die heiklen Themen – beispielsweise Bildung, Innere Sicherheit und Verkehr. Auf dieser Grundlage sind Themen in den Mittelpunkt gerückt, bei denen die Landesregierung nicht gut aussah, bei denen es eine gefühlte Problematik gab und das hat der SPD maßgeblich geschadet.

Wie erklären Sie sich den spektakulären Aufschwung der FDP in NRW und auch in Schleswig-Holstein? Was könnte der Aufschwung auf Bundesebene bedeuten?

Das liegt zum einen an den Spitzenkandidaten Wolfgang Kubicki und Christian Lindner. Beide sind sehr profilierte und sehr prominente, teilweise auch populäre Politiker-Persönlichkeiten und haben Stimmen auf sich gezogen. Zudem gab es ein gegenseitiges Aufschaukeln. Eine Woche zuvor war die FDP in Schleswig-Holstein erfolgreich. Das hat zusätzlichen Schwung für die FDP in NRW gegeben. Für die Bundestagswahl bedeutet es, dass Lindner als erfolgreicher Wahlsieger in das Rennen geht, sodass die FDP mit sehr viel Energie und sehr viel Zuversicht auftreten wird.

Und was bedeutet der Wahlausgang für Angela Merkel und für ihre Strategie im Bundestagswahlkampf?

Zumindest ist Merkel durch diese Wahl nicht geschädigt worden. Ganz im Gegenteil. Mit Armin Laschet wurde ein Kandidat gewählt, der Merkel in ihren politischen Ansichten sehr nahe steht. Insofern ist ihre Position in der Partei gestärkt worden. Es gab für ihre Politik keinen Gegenwind aus NRW – ganz im Gegenteil. Der „Schulz-Effekt“ hat sich hier erneut nicht materialisiert. Ihr Gegenkandidat wurde durch das Wahlergebnis deutlich geschwächt. Insofern steht Merkel nach der Wahl besser da als vor der Wahl.

Was muss Martin Schulz nach der dritten Wahlpleite in Folge ändern?

Die SPD muss zunächst eine ganz harte Analyse dieser Wahlen durchführen. Es sind noch vier Monate bis zur Bundestagswahl. Das heißt, die Messe ist noch nicht gelesen. Bis dahin muss nach einer Fehleranalyse eine Profilierung der SPD stattfinden. Es fehlen einfach inhaltliche Ansagen der SPD und die müssen in der nächsten Zeit entwickelt werden.

Könnten Schulz die drei Landtagswahl-Niederlagen sogar noch helfen, um bei der Bundestagswahl gegen Schwarz-Gelb und für eine Ampel-Koalition mit den Grünen und der wiedererstarkten FDP zu werben?

Ich glaube nicht, dass man das, was in NRW passiert ist, als hilfreich für Martin Schulz bezeichnen kann. Er hat sich sehr stark mit dieser Wahl identifiziert. Ob Schwarz-Gelb quasi als Horrorvision bis zur Bundestagswahl aufgebaut werden kann, da habe ich meine Zweifel. Wenn diese Option in NRW gut anläuft und die ersten Entscheidungen getroffen werden, könnte sogar das Gegenteil der Fall sein. Es könnte ein Modell für den Bund werden. Deutlich ist geworden, dass die rot-rot-grüne Option schwierig ist. Nebenbei hat die FDP eine ganz klare Absage an eine Ampel-Koalition erteilt und insofern ist dieses Modell auch auf der Bundesebene für die FDP womöglich nicht attraktiv.

Welche Auswirkungen erwarten Sie nach diesen drei Landtagswahlen? Wird im Bundestagswahlkampf aggressiver vorgegangen werden? Was für einen Ton können wir in den kommenden Monaten erwarten?

Eine Lehre aus NRW ist, dass Wahlkampf einen Unterschied machen kann. Durch die Profilierung von Themen und durch das Ansprechen bestimmter Probleme, bestimmter Zusammenhänge und Sachverhalte können Wähler durchaus bewegt werden und zwar massiv. Wir haben in NRW erlebt, wie sich in den letzten Wochen noch Stimmungen und dann auch Stimmen gedreht haben. Das wurde auch auf Bundesebene wahrgenommen. Wahlkampf kann sich lohnen, Wahlkampf macht einen Unterschied. Es geht im Wahlkampf ebenfalls darum zu polarisieren und Probleme aufzuzeigen. Insofern wird mit einem deutlich aggressiveren Wahlkampf zu rechnen sein, als wir ihn beispielsweise 2013 oder vor allem 2009 hatten.

Das heißt, Sie erwarten keinen stark populistischen Wahlkampfton wie er von der einen oder anderen Seite befürchtet wurde?

Populistisch würde ja bedeuten, es wäre ein Wahlkampfton, der sich gegen die Eliten richtet. Ich glaube, es wird um die Sache gehen. Es wird um bestimmte Themen und Probleme gehen. Jede Partei wird versuchen, ihre Themen nach vorne zu bringen. Die anderen Parteien werden versuchen, die entsprechenden Probleme und Defizite der Gegner zu markieren. Ich glaube nicht, dass es zwingend populistisch wird. Jedenfalls nicht in dem Sinn, dass man gegen Eliten und gegen die etablierten Parteien vorgeht. Das wird durch die AfD sicherlich geliefert werden, aber nicht den Wahlkampf generell bestimmen. Es wird darum gehen klarzumachen, wo die Unterschiede zwischen den Parteien liegen. Gerade die Parteien in einer Großen Koalition haben eine Schwierigkeit das aufzuzeigen. Wir werden daher wahrscheinlich sehen, dass die Große Koalition in den nächsten Monaten nicht mehr so ganz harmonieren wird.

Vielen Dank für das Gespräch Professor Marschall.

Das Interview führte Stefan Rook.

Stefan Marschall ist Professor für Politikwissenschaft an der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf. Er hat unter anderem das Lehrbuch "Das Politische System Deutschlands" verfasst und ist der Kopf hinter dem "Wahl-O-Mat" der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) – einem Frage-und-Antwort-Tool, das zeigt, welche zu einer Wahl zugelassene Partei der eigenen politischen Position am nächsten steht.

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