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Das Leid der SPD im Osten: "Zum Mitregieren verdammt"


"Zum Mitregieren verdammt"
Das Leid der SPD im Osten

dpa, Simone Rothe

18.09.2017Lesedauer: 3 Min.
Eine Wahlkampfveranstaltung der SPD auf dem Nikolaikirchhof in Leipzig (Sachsen).Vergrößern des BildesEine Wahlkampfveranstaltung der SPD auf dem Nikolaikirchhof in Leipzig (Sachsen). (Quelle: Jan Woitas/dpa-bilder)
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In Ostdeutschland sitzt die SPD überall in der Regierung. Doch die vermeintlich gute Lage der Sozialdemokraten im Osten entpuppt sich schnell als Trugschluss. Mehr als Mitregieren ist oft nicht drin.

Als einzige Partei ist die SPD in den bunt zusammengesetzten Koalitionsregierungen aller fünf ostdeutschen Länder sowie in Berlin vertreten. In der Bundeshauptstadt stellen die Sozialdemokraten ebenso wie in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern die Ministerpräsidenten. Also eine gute Ausgangsposition für die SPD-Wahlkämpfer im Endspurt bis zur Bundestagswahl am kommenden Sonntag?

Ja und nein, sagen Politikbeobachter und Sozialdemokraten. Regieren sei Segen und Fluch zugleich, der Osten quasi zweigeteilt. "Die Regierungspartei, die den Chef stellt, hat eindeutig einen Vorteil", meint der Vizevorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider. Der 41-Jährige tritt in Thüringen erneut als Spitzenkandidat an. Dort ist die SPD in einer ganz besonderen Rolle:

Erstmals in ihre Geschichte ist sie seit Ende 2014 Juniorpartner einer mehr als doppelt so starken Linken in einer rot-rot-grünen Koalition. Schneider: "Es ist schwer, unser Profil herauszuarbeiten und nicht Teil eines Koalitionsmischmaschs zu sein."

Im Osten immer schwächer

Der Jenaer Politikwissenschaftler Torsten Oppelland sieht die SPD in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt in einer fundamental anderen Situation als in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Berlin. "Dort bildet sie die Mitte des Parteienspektrums ab." Zudem könne sie mit dem Amtsbonus ihrer Regierungschefs punkten. In den drei erstgenannten Ländern seien die Sozialdemokraten hingegen seit langer Zeit "zum Mitregieren verdammt", resümiert Sachsen-Anhalts Parteichef Burkhard Lischka.

Eine Umfrage von Infratest dimap für den MDR, bereits Ende Juni veröffentlicht, verhieß der SPD in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt bei der Sonntagsfrage mit im Schnitt 12 Prozent nichts Gutes. Sie lag bei der Momentaufnahme - neuere Umfragen liegen für diese Länder nicht vor - hinter CDU, Linke und AfD. Die AfD sorge im Osten für einen polarisierten und ruppigen Bundestagswahlkampf, berichten Schneider und Mecklenburg-Vorpommerns SPD-Vize Julian Barlen. "Es gibt eine Verrohung, die von der AfD kommt", sagt Schneider.

Nach Zahlen des Bundeswahlleiters sanken die SPD-Ergebnisse bei Bundestagswahlen in Ostdeutschland in den vergangenen zwei Jahrzehnten stark - deutlicher als in Westdeutschland. Von 31,5 Prozent 1994 in Ostdeutschland blieben bei der Bundestagswahl 2013 noch 17,9 Prozent - im Westen waren es vor vier Jahren dagegen 27,4 Prozent SPD-Stimmen.

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Mehrheitsbeschaffer statt Volkspartei

Woher kommt diese Diskrepanz - einerseits ist die SPD als Regierungspartei im Osten unverzichtbar, andererseits sinkt der Zuspruch der Wähler? Politikwissenschaftler Oppelland sieht die Sozialdemokraten beim Mitregieren nicht nur im Bund, sondern auch in Teilen Ostdeutschlands in einem Dilemma. "Sie ist in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt Königsmacher, ohne selbst König werden zu können."

Die Sozialdemokraten hätten quasi die Rolle als Mehrheitsbeschaffer - die üblicherweise kleinere Parteien wie die FDP oder die Grünen ausfüllten. "Ihrem Selbstverständnis als Volkspartei wird sie damit nicht gerecht." Anders ist es in der SPD-Hochburg Mecklenburg-Vorpommern, wo die CDU traditionell der kleinere Koalitionspartner ist. "Die solide gewonnene Landtagswahl 2016 gibt Selbstvertrauen, macht den SPD-Mitgliedern den Rücken gerade", sagt Parteivize Barlen.

Eingeklemmt zwischen Linken und AfD

Aber auch die Nordlichter leiden unter einem Defizit, das alle SPD-Landesverbände beschreiben. Die Zahl der Ostdeutschen mit SPD-Parteibuch ist nicht groß: Etwa 3800 sind es nach eigenen Angaben in Thüringen, 3400 in Sachsen-Anhalt und knapp 2900 in Mecklenburg-Vorpommern - weniger als mancher Unterbezirk im Westen hat. Schneider spricht von einem harten Pflaster für SPD-Wahlkämpfer im Spannungsfeld zwischen einer starken Linken und einer ruppigen AfD. Barlen nennt es "Wahlkampf unter erschwerten Bedingungen".

Hinzu kommen hausgemachte Probleme: In Thüringen wurde am Tag nach der Wahlkundgebung mit SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz SPD-Innenminister Holger Poppenhäger entlassen - weil die Gebietsreform als wichtigstes Koalitionsprojekt stockt.

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