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Triell-Talk bei "Anne Will": "Kampf gegen Steuerhinterziehung funktioniert nicht"


"Anne Will" zum Triell
"Da hat sich die Ohrenfarbe der Krawattenfarbe angenähert"

Eine TV-Kritik von Peter Luley

Aktualisiert am 13.09.2021Lesedauer: 4 Min.
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Jens Spahn: Der Gesundheitsminister trommelte bei "Anne Will" für CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet.Vergrößern des Bildes
Jens Spahn: Der Gesundheitsminister trommelte bei "Anne Will" für CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet. (Quelle: Jürgen Heinrich/imago-images-bilder)

Mit Blitzumfragen und Stimmungsbericht vom Studiogelände: Bei Anne Will wurde die TV-Debatte der Kanzlerkandidaten wie ein Sportwettkampf ausgeschlachtet. Für Erdung sorgte eine Politikwissenschaftlerin.

Anne Will war not amused. Da hatte sie gerade die Ergebnisse einer repräsentativen Blitzumfrage zum Halbzeitstand des TV-Dreikampfs bekanntgegeben – 39 Prozent der befragten 1.500 Menschen fanden Olaf Scholz am überzeugendsten, 24 Prozent Armin Laschet und 25 Prozent Annalena Baerbock –, als die Politikwissenschaftlerin Ursula Münch der ganzen Aufregung erst mal gehörig die Luft abließ: "Ich glaube nicht daran, dass diese Trielle so viel ändern", erklärte sie, "die Leute haben doch schon ihren Voreindruck." Dann sei es ja "sehr gut, dass wir das anderthalb Stunden angeschaut haben und jetzt auch noch drüber reden", gab die Moderatorin leicht pikiert zurück.

Die Gäste

  • Jens Spahn (CDU), Gesundheitsminister
  • Malu Dreyer (SPD), Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz
  • Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen), Fraktionsvorsitzende im Bundestag
  • Robin Alexander, Stellvertretender Chefredakteur der "Welt"
  • Ursula Münch, Politikwissenschaftlerin

Ursula Münch aber ließ sich nicht beeindrucken und erlaubte sich sogar Kritik an der Gestaltung des von ARD und ZDF ausgerichteten Triells: Sie hätte sich einen anderen Einstieg gewünscht, die anfänglichen "technischen Fragen" zu Koalitionsoptionen hätten die Zuschauer überfordert. Und dann lieferte sie doch noch eine pointierte Zusammenfassung der Auftritte: Während Armin Laschet "dem Auftrag aus München und Nürnberg, mit Angriffsmodus hineinzugehen, durchaus gerecht geworden" sei, wisse Annalena Baerbock inzwischen, dass es "nicht mehr um die Kanzlerkandidatur" gehe, und habe entsprechend "weniger verkrampft" agiert. Und der derzeitige Umfragen-Liebling Olaf Scholz? Der habe etwas gezeigt, wofür er dem angriffslustigen Konkurrenten Laschet geradezu dankbar sein könne: "Er war ja richtig lebendig!" Da musste auch Malu Dreyer herzlich lachen.

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Ganz andere Worte für diese aggressive Phase des Triells, in der es neben dem Dauerbrenner Linkskoalition auch um die jüngsten Durchsuchungen im Finanzministerium gegangen war, fand CDU-Vize Jens Spahn: Bei Scholz habe sich "die Ohrenfarbe der Krawattenfarbe angenähert", so der Gesundheitsminister, weil Laschet da "einen wunden Punkt getroffen" habe. Und er setzte noch einen drauf: Vor zwei, drei Tagen habe es noch geheißen, die Parteivorsitzende Saskia Esken solle als SPD-Vertreterin zu "Anne Will" kommen, und sie sei auch auf dem Gelände, er habe sie "an der Pommesbude getroffen". Seine Schlussfolgerung in Richtung Malu Dreyer: "Sie verstecken sie erfolgreich." Das wies die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin als "eigentlich ziemlich unverschämt" zurück und warf im Gegenzug Laschet vor, beim Thema Razzia "mit Halbwahrheiten gespielt" zu haben. Es werde schließlich nicht gegen den Finanzminister selbst ermittelt.

Video | SPD-Kanzlerkandidat Scholz überzeugt
Quelle: Glomex

Spahn: "Kampf gegen Steuerhinterziehung funktioniert nicht"

Löblich, dass die Redaktion an dieser Stelle einen kurzen Einspielfilm parat hatte, der informierte, worum es bei den Ermittlungen gegen die Zoll-Spezialeinheit Financial Intelligence Unit (FIU) geht: den Verdacht, dass die FIU Geldwäscheverdachtsmeldungen von Banken in Millionenhöhe nicht ordnungsgemäß an die Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet hat. "Welt"-Journalist Robin Alexander hatte bereits zuvor darauf hingewiesen, dass Laschet bei seinen Vorwürfen an Scholz verwechselt hatte, dass dessen Ministerium nicht die Fachaufsicht, sondern lediglich die Rechtsaufsicht über die Spezialeinheit ausübt. Für Jens Spahn war dennoch klar: "Der Kampf gegen Steuerhinterziehung funktioniert nicht", und dazu müsse Scholz sich Fragen gefallen lassen.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt wiederum fand bemerkenswert, dass sich "ausgerechnet" Armin Laschet, der doch gerade ein Urteil zur unrechtmäßigen Räumung des Hambacher Forsts kassiert habe, so engagiert zu Fragen der Rechtsstaatlichkeit äußere. Sie hätte sich dazu zunächst eine Entschuldigung von ihm gewünscht. Außerdem widersprach sie der Einschätzung Robin Alexanders, Annalena Baerbock habe sich durch Fokussierung auf Klimaschutz und Rassismus darauf beschränkt, ihre Kernklientel "so richtig in Stimmung zu trommeln", aber die grünen Kanzleramtsambitionen längst aufgegeben. Klimaschutz und Rassismus seien "keine Spezialthemen", sondern relevant für die gesamte Gesellschaft, so Göring-Eckardt. So habe sie "null Verständnis" dafür, dass Armin Laschet sich nicht klar von Rechtsausleger Hans-Georg Maaßen distanziere. Der ehemalige Verfassungsschutzpräsident gehöre eben "zur Bandbreite der Union", erklärte ein gequälter Jens Spahn.

Nach einer überflüssigen Schalte zur Leiterin des ARD-Hauptstadtstudios, Tina Hassel, die einen Stimmungsbericht vom Studiogelände in Berlin-Adlershof beisteuerte ("da wurde teilweise höhnisch gelacht"), konnte Ellen Ehni, Chefredakteurin WDR-Fernsehen, mit den endgültigen Zahlen zum Zuschauerurteil aufwarten.

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Alexander: Scholz' Position trifft den "deutschen Zeitgeist"

Über die Gesamtdistanz des Triells fanden demnach 41 Prozent der Befragten Olaf Scholz am überzeugendsten, 27 Prozent Armin Laschet und 25 Prozent Annalena Baerbock. Keine erdrutschartigen Veränderungen also zum Halbzeitstand – und eine Bestätigung für die These, der Vizekanzler von der SPD inszeniere sich erfolgreich als Angela Merkel 2.0.

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Ja, fanden Robin Alexander und Ursula Münch. Scholz' "Zentrumsposition, die auch wirklich moderat ist", treffe eben den "deutschen Zeitgeist", so der "Welt"-Journalist.

Es sei doch kein Wunder, dass nach der "gewissen Sozialdemokratisierung der Unionspolitik", die Angela Merkel betrieben habe, ein paar Wähler, die ihretwegen zur Union gegangen seien, auch wieder zurückwanderten, befand die Politikwissenschaftlerin.

Verwendete Quellen
  • "Anne Will" vom 12.9.2021
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