Personaldebatte Jetzt kann der CDU nur noch eines helfen
Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Die CDU ist dabei, die SPD nachzuahmen: Zwei Vorsitzende in drei Jahren hat sie abserviert und jetzt wollen die Mitglieder über den Laschet-Nachfolger entscheiden. Aber wer bitte soll es sein?
Armin Laschet erweist seiner Partei einen großen Gefallen, vielleicht seinen letzten. Er bleibt, was er ist, und das ist gut so – nicht unbedingt für ihn, aber für die CDU.
Man kann sich unschwer denken, dass der Impuls, den Bettel hinzuschmeißen, ziemlich mächtig in Laschet gräbt. Besonders dann, wenn Markus Söder von sich gibt, dass die Union den unverzeihlichen Fehler beging, ihm persönlich einen Kandidaten vorzuziehen, den das Volk nicht wollte.
Söder ist Söder. Immer muss er wenigstens andeuten, wenn nicht aussprechen, wie toll er ist – seine Strategie, seine Weitsicht. Klüger ist er als alle anderen, vor allem hinterher.
Wer könnte Laschet nun beerben?
Würde Laschet, müde und mürbe wie er ist, seine Ämter heute schon abgeben, würde sich zeigen, dass in der CDU gähnende Leere herrscht. Wer will ihn beerben? Friedrich Merz, ja tatsächlich, wittert Morgenluft, giftet Söder zu Recht an, und erhofft sich im dritten Anlauf, was ihm zweimal verwehrt blieb. Neuanfang oder Aufbruch sieht anders aus.
Norbert Röttgen hebt beide Arme ganz hoch, damit ihn niemand übersieht. Vorzüglicher Fachmann. Einzelgänger. Hat hinreichend bewiesen, dass er als Nummer 1 überfordert ist, siehe Nordrhein-Westfalen. Diese Erfahrung sollte zum Abwinken genügen.
Jens Spahn würde gerne sagen, dass er sich wirklich alles zutraut, den Parteivorsitz sowieso und das Kanzleramt natürlich auch. Das richtige Alter hat er. Über Erfahrung in der Regierung und in der Pandemie verfügt er. Dass er sich momentan nicht aufdrängt, kann an Verschiedenem liegen: Entweder an seiner Loyalität zu Laschet, was ehrenhaft wäre und deshalb wenig wahrscheinlich ist. Oder an seiner Vorsicht, bloß nicht zu früh "hier bin ich" zu schreien. Oder an seiner Selbsteinschätzung, dass er nicht kann, was er will.
Ich vermute, dass er zu lange überlegt und zu lange auf den richtigen Moment wartet, um seine Kandidatur anzukündigen. Wer aber in solchen Situationen nichts wagt, nichts in die Waagschale wirft, den bestraft das Leben. Denn damit führt er vor, dass ihm sein Ich wichtiger ist als alles andere, vor allem als seine Partei.
Geübt im Verschleiß ihrer Vorsitzenden
Da sich spätestens nach Laschet Leere auftut, ist die CDU drauf und dran, die SPD zu imitieren. Groß ist der Impuls, alle abzuräumen, die Laschet die Kanzlerkandidatur besorgten. Diese Generalinventur schließt Volker Bouffier und Wolfgang Schäuble ein, die Söder in die Schranken wiesen und Laschet den Weg ebneten. Aber wohin soll das führen?
Erst AKK, dann Armin Laschet: Innerhalb von drei Jahren verschleißt die CDU zwei Vorsitzende, die auf Angela Merkel folgen sollten. Darin hat die SPD Übung, nicht aber die CDU, der nach Macht und nicht nach Opposition gelüstet. Fehlt jetzt nur noch, dass die Mitglieder über den nächsten Vorsitzenden entscheiden dürfen, denn merkwürdigerweise scheint es keine Frau zu geben, die sich zutraut, was sich Merz / Röttgen / Spahn jederzeit zutrauen und Söder mehr noch als alle zusammen.
Auch inhaltlich fehlt es an Substanz
Gähnende Leere herrscht in der CDU auch, was die politische Substanz angeht. Wer Kanzler ist, den prägen die Weltprobleme von Klimaschutz über Europa bis zum Verhältnis zu China. Kanzler müssen Krisen können und Nerven behalten. Das füllt sie aus. Aber was lässt sich an Ideen und Zielen mit der CDU verbinden? Die schwarze Null, ja, verdienstvoll, aber in der Pandemie verdampft. Und sonst?
Die CSU ist die Liebhaberin des Trommelfeuers. Was sie vertritt, vertritt sie laut und lärmend. Aber wofür steht sie noch mal? Für die Maut! Für die Mütterrente! Und sonst?
Egal wer die CDU demnächst in der Opposition führen darf: Er muss tun, was Angela Merkel so perfekt vorgemacht hat, nämlich von anderen Parteien abkupfern, was Erfolg verspricht. Erfolg verspricht die gelungene Kombination aus Marktwirtschaft und Ökologie; kann man an der FDP sehen, an der SPD und an den Grünen sowieso. Erfolg versprechen Erfahrung und Kompetenz, Ernsthaftigkeit und Sachbezogenheit. Kann man an Olaf Scholz ablesen, aber auch an Robert Habeck und an Christian Lindner. Dazu empfehlen sich Konservatismus und Liberalität; konnte man an Armin Laschet sehen.
Am besten für Deutschland wäre ein Kandidat, der es gewohnt ist, groß zu denken und groß zu handeln. Nicht Söder-mäßig im Baumarkt aus Fertigteilen zusammengeschraubt, sondern verbunden in einer Person, die Machtwillen mit einer großen Sache verbindet. Deutschland voranbringen und auch Europa. Ein Bündnis mit Amerika für die Auseinandersetzung mit China. Nichts Neues eigentlich, aber gebündelt in einem Vorhaben, das mehr ist als Formelkram.
Die CDU braucht Zeit, um sich zu sammeln und anders zu definieren. Armin Laschet sorgt dafür. Seine Partei muss die Zeit, die ihr bleibt, nur auch nutzen.