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"Anne Will" | Gerhard Baum: Reichsbürger "wollen unsere Demokratie zerstören"


"Reichsbürger"-Diskussion bei "Anne Will"
Baum: "Sie wollen unsere Demokratie zerstören"

Von t-online
Aktualisiert am 12.12.2022Lesedauer: 4 Min.
Der ehemalige Bundesinnenminister Gerhard Baum bei "Anne Will": Er sieht die Reichsbürger als Gefahr für die Demokratie".Vergrößern des BildesDer ehemalige Bundesinnenminister Gerhard Baum bei "Anne Will": Er sieht die Reichsbürger als Gefahr für die Demokratie". (Quelle: IMAGO/Jürgen Heinrich)
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Wie gefährlich ist die "Reichsbürger"-Szene — und wurde sie konkret vor einer Razzia gewarnt? Darüber diskutierten bei "Anne Will" Politiker mehrerer Parteien.

Es war eine der größten Razzien der deutschen Geschichte: Am 7. Dezember wurden in elf deutschen Bundesländern (sowie in Österreich) 25 Personen, darunter auch Offiziere sowie eine Richterin, verhaftet. Der Vorwurf: die Gründung einer terroristischen Vereinigung und die Planung von terroristischen Akten. Die Verdächtigen, allesamt aus dem Dunstkreis der sogenannten "Reichsbürger" stammend, sollen einen Militärputsch und einen Staatsstreich in Deutschland geplant haben. Bei "Anne Will" stand am Sonntagabend zunächst die Frage nach dem tatsächlichen Gefahrenpotenzial im Zentrum, ehe in der Diskussion auch grobe strukturelle Probleme innerhalb öffentlicher Institutionen thematisiert wurden.

Die Gäste

  • Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin des Innern und für Heimat
  • Herbert Reul (CDU), Innenminister in Nordrhein-Westfalen
  • Janine Wissler (Die Linke), Parteivorsitzende
  • Gerhart Baum (FDP), Bundesinnenminister a. D.
  • Florian Flade, Reporter

Reul: "Es waren Leute, die wissen, wie man das macht"

Für Bundesinnenministerin Nancy Faeser steht fest: "Es gibt eine ernstzunehmende Bedrohungslage durch diese terroristische Vereinigung und es ist gut, dass wir hart zugreifen konnten", erklärte sie. "Wir sehen zum einen eine Vorbereitung auf mögliche Umsturzfantasien. Der genaue Plan war, dass man in den Bundestag eindringen und sich mit Waffengewalt den Abgeordneten gegenüberstellen wollte". Man müsse dies sehr ernst nehmen, die Gefahr sei real — aber man habe es sehr gut im Griff gehabt.

Auch für Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul ist die Lage eindeutig: "Das waren mehr als Spinnereien. Es waren Leute dabei, die wissen, wie man das macht und die Waffen haben." Man habe auf die Bedrohungslage korrekt reagiert, neu sei diese allerdings nicht: "Dass es diese Milieus gibt und was sich da tut, da haben wir 2019 bereits darauf hingewiesen".

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Journalist Flade: "Gemordet haben sie trotzdem"

Geht es nach dem Journalisten Florian Flade, müsse man differenzieren. "Der Generalbundesanwalt wirft den Leuten die Gründung einer terroristischen Vereinigung vor, nicht einen unmittelbaren Anschlag. Das ist etwas anderes. Ich finde es komisch, bei der Diskussion um die Gefährlichkeit immer von diesem Endziel auszugehen. Terroristische Vereinigungen bekommen ihr Ziel in der Regel nie. Die RAF hat nicht ihr sozialistisches Utopia bekommen und der NSU nicht sein Viertes Reich. Gemordet haben sie trotzdem".

Die Zusammensetzung der Gruppe analysierte der Reporter so: "Da sind Elemente dabei, die sind antisemitisch. Da ist sehr viel aus verschwörungsideologischen Milieus dabei, aus der Q’Anon-Bewegung. Da sind Leute dabei mit sehr gebrochenen Biografien. Leute, die sich während der Corona-Pandemie radikalisiert haben. Die haben zusammengefunden und sind geeint durch das Element der Staatsfeindlichkeit".

Baum: "Sie wollen unsere Demokratie zerstören"

FDP-Mann Gerhart Baum erklärte: "Was sich vor unseren Augen abspielt, sind Straftaten." Zwar gäbe es Anzeichen, dass terroristische Akte geplant waren. "Aber dass sie unser Staatsgefüge mit einem Staatsstreich ins Wanken bringen, das sehe ich nicht. Selbst, wenn sie stärker werden sollten."

Baum weiter: "Sie wollen unsere Demokratie zerstören. Damit sind sie nicht allein. Da gibt es eine große Gemengelage, die wächst. Der Verfassungsschutz beobachtet sie mit großer Sorge. Das sind Leute, die gehen nicht mehr zur Wahl oder wählen die AfD, halten unsere Demokratie für eine Diktatur. Sie sind aus unserem demokratischen System ausgewandert und deshalb sind sie gefährlich. Weil sie etwas zerstören wollen, was uns ausmacht: unsere Identität, unser Grundgesetz."

Der Rechtsextremismus sei die größte Herausforderung für die innere Sicherheit, so Baum: "Die Gefahr ist, dass die Mitte infiziert wurde. Der FDP-Mann weiter: "Eines unterscheidet sich von der RAF: die Akzeptanz in der Bevölkerung. Die Akzeptanz für rechte Ideen ist in Deutschland immer sehr viel größer gewesen als für Links. Hier gibt es Leute, die fangen an, das Volk zu erreichen. Das macht mir Sorgen."

Eine weitere kritische Stimme über den Umgang mit rechtsradikalen Bewegungen im Land war an diesem Abend Linke-Politikerin Janine Wissler. "Ich hoffe, dass das jetzt ernster genommen wird. Ich finde es wichtig, dass man sich die Netzwerke anschaut. Gerade was den Umgang von rechten Chatgruppen in der Polizei umgeht. Diese Netzwerke, gerade auch in Sicherheitsbehörden: Die zu sehen, die aufzuklären und konsequent dagegen vorzugehen, das fehlt mir. Da hatte ich den Eindruck, dass die Innenminister in den Ländern vieles eher kleingeredet haben und da nicht rückhaltlos aufgeklärt haben".

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Dann sprach sie ein brisantes Thema an: "Es gab in den letzten Tagen Berichte, dass es so gewesen sein könnte, dass einzelne vor der Razzia gewarnt wurden. Sollte es so gewesen sein und Beweismaterial nicht aufzufinden sein, ist das ein Problem". Die Razzia sei ein offenes Geheimnis gewesen, so die Politikerin. Journalist Flade bestätigte dies. "Wir wussten, dass diese Razzien kommen werden — knapp zwei Wochen vorher. Durch Kontakte und durch Recherchen. Wir sind nicht von einer Behörde oder einem Ministerium eingespannt worden".

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Reul relativierte die Bedenken von Wissler: "Die Ergebnisse sprechen im Moment dafür, dass alle angetroffen wurden und überrascht waren". Faeser erklärte indes, dass — sollten tatsächlich vorab Informationen verbreitet worden sein – dies nicht gewollt gewesen wäre.

Scharfe Kritik übte Reul an Wissler, als diese von einem Problem des Wegschauens sprach. "Da liegen Sie nun wirklich total daneben. Auch wenn Sie es zehnmal erzählen, das ist ein grober Unsinn. Es gibt einzelne Täter. Wir haben 50.000 Beschäftigte bei der Polizei, wär ja komisch, wenn da überhaupt keiner drin wäre", so der CDU-Mann. Faeser erklärte, man wolle jeden Fall untersuchen, mahnte aber auch: "Unter Generalverdacht sollte man niemanden stellen".

Verwendete Quellen
  • daserste.de: "Anne Will" vom 11. Dezember 2022
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