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Boris Pistorius und die Bundeswehr: Wie viele Milliarden wird er brauchen?


Neuer Verteidigungsminister
Jetzt könnte es richtig teuer werden


Aktualisiert am 19.01.2023Lesedauer: 3 Min.
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Erster Tag im Amt: Boris Pistorius ist jetzt Deutschlands neuer Bundesverteidigungsminister. (Quelle: reuters)

Schon gibt es erste Forderungen, das Sondervermögen für die Bundeswehr zu erhöhen. Doch bereits bei dem aktuellen Paket steht dem neuen Verteidigungsminister eine große Aufgabe bevor.

Eva Högl ist eine Frau, die gern Großes fordert. In diesen Tagen war es wieder so weit. Högl, die Wehrbeauftragte des Bundestages und damit oberste Kontrolleurin des Verteidigungsministeriums, preschte mit einer Idee vor: "Man bräuchte 300 Milliarden Euro, um in der Bundeswehr signifikant etwas zu verändern."

Eigentlich sollte der Betrag nur bei 100 Milliarden Euro liegen, so groß ist das Sondervermögen für die Bundeswehr. Und so hat es auch der Kanzler im Februar 2022 angekündigt. Es ist Geld für eine bessere Ausrüstung der Truppe, das investiert werden soll in Panzer, Munition, Hubschrauber und Boote. Keine Schlagzeilen über schief schießende Gewehre mehr, wenn nun in Europa ein Krieg tobt. Soweit der Plan.

15 Milliarden weniger – nur durch die Inflation

Doch kurz nach Bekanntwerden der Forderung von Högl wurde klar: Boris Pistorius wird neuer Verteidigungsminister. Er ist nun der Mann, der eine Menge Geld verwaltet, um die Truppe zu modernisieren. Und der darüber entscheiden muss, ob die 100 Milliarden reichen. Oder ob er mehr Geld braucht.

Die Diskussion darum könnte schon in den nächsten Wochen losbrechen. Vor allem, weil die Inflation an dem Finanzpaket nagt. Denn damit hat der neue Verteidigungsminister ein großes Problem.

Durch die grundsätzliche Verteuerung klettern nicht nur die Preise von Lebensmitteln und Waren im Einzelhandel, sondern eben auch von Rüstungsgütern. Und die 100 Milliarden Euro werden weniger wert.

Wie viel genau, das hängt von mehreren Faktoren ab. Aktuell liegt die Inflation bei etwa zehn Prozent. Der Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, Christian Mölling, sagte dem ARD-Hauptstadtstudio: "Von den ursprünglich 100 Milliarden würden 2027 nur noch 85 Milliarden da sein, ohne dass etwas anderes passiert ist als die Inflation." Was heißt das für die Sicherheit des Landes, wenn die Bundeswehr nicht so gut ausgerüstet werden kann, wie es ursprünglich geplant war? Das große Versprechen des Kanzlers, es droht Schrammen zu bekommen.

Einige Anschaffungen werden erst in etlichen Jahren ausgeliefert

Geplant ist, dass die 100 Milliarden gestaffelt in den nächsten Jahren ausgegeben werden. Für 2023 sind etwa 8,5 Milliarden Euro einkalkuliert, das restliche Geld soll dann in den Jahren darauf investiert werden. Parallel dazu gibt es den normalen Verteidigungshaushalt von etwas über 50 Milliarden Euro. Die Organisation für die Aufrüstung der Truppe liegt nun bei Boris Pistorius, dem neuen Verteidigungsminister.

Die Bestellung ist jedoch kompliziert, weil die Lieferzeiten lang sind und auf die Auslieferung einiger Panzer und Hubschrauber Jahre gewartet werden muss. Vieles kann gar nicht sofort beschafft werden, was die Kalkulation mit der hohen Inflation zusätzlich verkompliziert.

Die Preissteigerungen machen einige Kalkulationen aus dem Frühjahr bereits zunichte: Wo mit einer bestimmten Summe geplant war, muss nun geschaut werden, ob man die Rüstungsprojekte überhaupt zum ursprünglich anvisierten Preis noch bekommt.

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Ein Wettlauf gegen die Zeit hat begonnen

Nur einige Einkäufe gelten aktuell als sicher. Beispielsweise die Nachfolger des "Tornado" für die Luftwaffe, ein US-Tarnkappen-Jet mit dem Namen F35, werden sicher kommen. Anders sieht es bei der Marine aus. Dort werden mögliche zusätzliche Fregatten vorerst nicht bestellt. Zu volatil ist die Gesamtlage.

In der Opposition fürchtet mancher bereits, die Industrie könnte auch künstlich die Preise in die Höhe treiben, die 100 Milliarden seien ein verlockendes Angebot, etwas draufzuschlagen. Gemeinsam mit der realen Inflation würde dies den Verteidigungsminister in eine Art Zangengriff bringen.

Die Lösung könnte sein, so vermuten Haushaltsexperten im Bundestag: möglichst schnell bestellen und einkaufen lassen. "Was man an Geräten dastehen hat, das ist dann sicher", sagt ein Insider. Das Tempo bei den Beschaffungen soll erhöht werden, ein Wettlauf gegen die Zeit.

Scharfe Kritik, sogar aus der Ampelkoalition

Entscheidend für die Qualität der Ausrüstung wird, wie sich die Inflation weiter entwickelt. Stabilisiert sich der Wert, wie er es in den jüngsten Wochen getan hat, könnte der Schaden überschaubar sein. Steigt die Inflation jedoch weiter an, wird die Ausrüstung der Bundeswehr darunter leiden.

CDU-Chefhaushälter Christian Haase sagte bereits im Dezember: "Die 100 Milliarden Euro sind aktuell deutlich weniger wert als im Frühjahr 2022 unterstellt. Zudem verteuert der starke Dollar Beschaffungsvorhaben mit USA-Bezug. Hierauf müssen Antworten sowohl in der mittelfristigen wie auch der langfristigen Beschaffungsplanung gefunden werden." Nun mahnt die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), in Richtung des neuen Ministers Pistorius: "Gegenüber den Parlamentariern erwarten wir eine offenere Kommunikation."

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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