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Wahlrechtsreform: Kleinerer Bundestag kann für CSU gefährlich werden


Wahlrechtsreform
Für die CSU kann der kleinere Bundestag gefährlich werden

Von dpa, afp
Aktualisiert am 17.03.2023Lesedauer: 3 Min.
imago202064892Vergrößern des BildesDie Ampelkoalition will das deutsche Wahlrecht reformieren. (Symbolfoto) (Quelle: Thomas Gödde/imago images)
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Die Ampel-Fraktionen im Bundestag haben am Freitag das Wahlrecht reformiert. Die Opposition läuft Sturm gegen das Gesetz. Was ändert sich konkret?

Die Vorarbeiten dauerten lange, dann gab es noch Änderungen in letzter Minute, nun hat die Ampel-Koalition ihre große Wahlrechtsreform beschlossen. Am Freitag passierte das Gesetz mit den Stimmen der Regierungsparteien den Bundestag.

Ziel der Reform ist es, eine Regelgröße des Bundestags von 630 Sitzen sicherzustellen – derzeit hat das Parlament 736 Mitglieder. Was ändert sich nun im Parlament? Der Überblick.

Warum ist der Bundestag derzeit so groß?

Grund sind die Überhang- und Ausgleichsmandate. Ein Überhangmandat entsteht, wenn eine Partei mehr Wahlkreise gewinnt, als ihr laut Zweitstimmenergebnis Sitze im Bundestag zustehen. Bisher ziehen alle Wahlkreisgewinner in den Bundestag ein.

Allerdings soll die Zusammensetzung des Parlaments trotzdem das Ergebnis laut Zweitstimmen, mit denen die Parteien gewählt werden, korrekt abbilden. Deshalb gibt es im Falle von Überhangmandaten für die anderen Parteien Ausgleichsmandate.

Was ändert sich nun?

Die Ampelkoalition will, dass es keine Überhangmandate mehr gibt – und damit auch keine Ausgleichsmandate. Die Bundestagssitze sollen komplett anhand der Mehrheitsverhältnisse bei den Zweitstimmen vergeben werden. Das Parlament soll damit immer 630 Mitglieder haben.

Nach der Bundestagswahl werden laut Gesetz wie bisher auch die den Parteien zustehenden Bundestagssitze auf die Bundesländer umgerechnet. Im einzelnen Land kommen dann zunächst die erfolgreichen Wahlkreiskandidaten der Partei zum Zuge. Sind danach noch Mandate zu vergeben, kommen die Kandidierenden auf der Landesliste an die Reihe.

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Und wenn eine Partei mehr Wahlkreise gewinnt, als ihr laut Zweitstimmen Sitze zustehen?

Für die Wahlkreisgewinner jeder Partei gibt es ein Ranking – wer die meisten Stimmen bekommt, steht ganz oben. Nach diesem Ranking werden die Bundestagsmandate verteilt. Wenn die Partei mehr Wahlkreise gewinnt, als ihr laut Zweitstimmenverteilung Sitze zustehen, schauen die Wahlkreissieger in die Röhre, die besonders wenige Stimmen bekommen haben. Eine Ausnahme soll es nur für parteiunabhängige Direktkandidaten geben: Wenn sie die meisten Erststimmen im Wahlkreis auf sich vereinen, kommen sie auf jeden Fall in den Bundestag.

Kritikern der neuen Regelung ist die Koalition etwas entgegengekommen: Im ersten Entwurf sollte der Bundestag bei 598 Mitgliedern gedeckelt werden; das entsprach der jetzigen Regelgröße laut Bundeswahlgesetz. Nun sind es 630. Die Anhebung wird damit begründet, dass sich so die Wahrscheinlichkeit erhöhe, "dass Wahlkreisbewerber, auf die die meisten Erststimmen entfallen, einen Sitz erhalten".

Die Ampel-Fraktionen halten es zudem für unwahrscheinlich, dass ein Wahlkreis am Ende gar keinen Bundestagsabgeordneten hat. Sie verweisen darauf, dass in der Regel mehrere Abgeordnete aus einem Wahlkreis kommen.

Was ändert sich noch?

Neu in der jüngsten Version des Entwurfs ist die Abschaffung der sogenannten Grundmandatsklausel. Sie besagt, dass auch eine Partei mit weniger als fünf Prozent der Zweitstimmen in Fraktionsstärke in den Bundestag kommt, wenn sie mindestens drei Direktmandate gewinnt. Im ersten Reformentwurf sollte dies beibehalten werden – nun streicht die Ampel die Klausel.

Verabschiedet hat sich die Koalition hingegen von dem Vorhaben, die bisherige Zweitstimme, mit der die Parteien gewählt werden, an erste Stelle auf den Wahlzettel zu setzen und Hauptstimme zu nennen. Die bisherige Erststimme sollte Wahlkreisstimme heißen. Stattdessen bleibt es nun bei den bisherigen Begrifflichkeiten und der althergebrachten Reihenfolge.

Wie hätte sich die Reform auf den aktuellen Bundestag ausgewirkt?

Bei der Bundestagswahl 2021 holte die SPD 206 Mandate, die CDU 152, die CSU 45, die Grünen 118, die FDP 92, die AfD 83 und die Linke 39 Mandate. Der SSW als Partei der dänischen Minderheit gewann einen Sitz. Der Wahlrechtsforscher Robert Vehrkamp von der Bertelsmann Stiftung hat ausgerechnet, welche Folgen es gehabt hätte, wenn das neue Recht schon damals angewandt worden wäre.

Dann sähe die Sitzverteilung so aus: Die SPD hätte 188 Mandate, die CDU 138, CSU 38, Grüne 107, FDP 83, AfD 75, SSW 1.

In Bayern hätten nach der neuen Regelung sieben Wahlkreisgewinner keinen Platz im Bundestag bekommen, in Baden-Württemberg zehn, in Brandenburg drei, in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Berlin je zwei sowie im Saarland einer. Fünf Wahlkreise wären demnach im Bundestag nicht vertreten.

Welche Kritik gibt es?

Die Union stört sich an der Möglichkeit, dass Wahlkreissieger ohne Bundestagsmandat bleiben. Insbesondere die CSU, die viele Direktmandate gewinnt und daher von Überhangmandaten profitiert, sieht einen Verstoß gegen das Grundgesetz.

Die Linke wiederum ist seit der Bundestagswahl 2021 nur aufgrund der Grundmandatsklausel in Fraktionsstärke im Parlament. Die Abschaffung dieser Klausel kritisiert sie daher scharf. Der Wegfall könnte aber auch der CSU gefährlich werden: Sie erhielt bei der Wahl 2021 bundesweit nur 5,2 Prozent der Stimmen. Fiele sie unter fünf Prozent, wäre sie nicht mehr im Bundestag, und zwar unabhängig davon, in wie vielen bayerischen Wahlkreisen ihre Direktkandidaten auf Platz eins landen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen AFP und dpa
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