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Deutschlandtag der Jungen Union: Söder bleibt eine Gefahr für Merz


Söder gegen Merz
Einer räumt ab – und grinst

Von Sara Sievert

Aktualisiert am 22.10.2023Lesedauer: 4 Min.
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75. Deutschlandtag der Jungen UnionVergrößern des Bildes
Friedrich Merz auf dem Deutschladtag der Jungen Union: er muss sie von sich überzeugen (Quelle: Moritz Frankenberg/dpa/dpa-bilder)

Beim Deutschlandtag der Jungen Union ist am Samstag Schaulaufen. Friedrich Merz und Markus Söder bringen sich in Stellung. Einer der beiden begeistert den Partei-Nachwuchs besonders.

Das Scheinwerferlicht schwingt durch die abgedunkelte Halle. Die Junge Union (JU) klatscht. Aus den Boxen dröhnt Lady Gaga: "I live for the applause" (Ich lebe für den Applaus). So feiern sie hier in Braunschweig an diesem Samstag die Ankunft des CSU-Parteivorsitzenden Markus Söder. Als er durch die Menge in Richtung Bühne schreitet, grölen sie seinen Namen "Markus, Markus, Markus!".

Söder grinst.
Als hätte er es bestellt.

An diesem Samstag findet auf dem Deutschlandtag der JU in Braunschweig das traditionelle Schaulaufen statt. Es gilt: Wer in der Union führen will, der braucht die Unterstützung der Jungen. In keiner anderen Partei sind sie so mächtig wie bei CDU und CSU. Die meisten Parteigranden, Friedrich Merz, Hendrik Wüst oder Markus Söder, sind JU-Gewächse.

Wenn es also um die Frage geht, wer bei der kommenden Bundestagswahl Kanzlerkandidat der Union wird, wird es eine wichtige Rolle spielen, hinter wem die Junge Union steht. Zwei der potenziellen Anwärter sind gekommen, um zu begeistern, um die Delegierten von sich zu überzeugen: Friedrich Merz und Markus Söder.

Merz tritt staatsmännisch auf - das kommt nur bedingt an

Der CDU-Vorsitzende macht den Anfang. Kurz vor seiner Rede hatte der israelische Botschafter, Ron Prosor, gesprochen. Die Stimmung ist entsprechend ernsthaft. Im Publikum wehen Israel-Fahnen. Merz gibt dem Moment die Zeit, bevor er anfängt.

Er verurteilt den Angriff der Hamas auf Israel als "barbarischen Terror".
"Es gibt keinen und es wird keinen Zweifel daran geben, wo wir stehen", sagt Merz.

Der Parteichef bedankt sich bei der JU. Lobt sie für die pro-israelische Initiative. Dann hält Merz einen Moment inne, bevor er von seinem Besuch an einer jüdischen Schule erzählt. Die Menschen seien besorgt. "Sie sind zu Hause im geschützten Raum, in der Schule im geschützten Raum und dazwischen: Angst." Merz presst die Lippen zusammen. "Geht auf diese Menschen zu und sagt ihnen, dass wir alles tun, damit sie in diesem Land leben können", sagt er. Dann bricht ihm die Stimme weg. Seine Augen sind feucht. Er ist den Tränen nahe, braucht einen Moment um sich zu fangen.

Anschließend folgt das, was man eine staatsmännische Rede nennen kann. Merz spricht über gewonnene Wahlen und gute Umfragen - aber prahlt nicht. Er bietet Olaf Scholz weiter die Zusammenarbeit an – aber sagt nichts, davon, dass der Kanzler die Koalition platzen lassen soll. Er kritisiert die Ampel – bleibt allerdings auf der Sachebene.

Es ist ein ernsthafter Auftritt, mit dem Merz sich für höhere Ämter empfiehlt. Der seriös ist. Für den er in Berlin gewiss gelobt würde. Der jedoch hier, beim Deutschlandtag der Jungen Union, deplatziert wirkt. Der Applaus für den Parteivorsitzenden hält sich in Grenzen, von Jubelrufen ganz zu schweigen.

Söder hält die Bierzelt-Rede und räumt damit ab

Und Söder? Der entscheidet sich für die Bierzelt-Rede.

Zwar beginnt auch der CSU-Vorsitzende mit ernsthaften Tönen zu Israel. Allerdings schwingt er vergleichsweise schnell um zu den üblichen Themen, allen voran die Ampel-Krise. Es dauert dann nur wenige Minuten, bis Söder die ersten Jubelrufe bekommt.

"Die Ampel ist die schlechteste Bundesregierung, die Deutschland je hatte", ruft er.

Er arbeitet sich am Kanzler ab, nennt die FDP ein "Salatblatt" in der Koalition und verspottet die feministische Außenpolitik von Annalena Baerbock. Man müsse sich mal vorstellen, wie Baerbock mit der Kulturministerin Claudia Roth durch die Steppe in der Mongolei wandert, um dann die Frauen dort mit ihren Theorien zu belehren, spottet Söder. Das Publikum tobt. Lautes Gelächter und Jubelrufe gehen durch die Halle. Ein JUler sagt im Anschluss bei der Aussprache: Söder habe "mehr Humor als die heuteshow".

Söder grinst jetzt noch breiter, er lebt für den Applaus.

Was funktioniert besser?

Am Ende nützt es Merz nichts, eine Kanzler-Rede vor dem falschen Publikum zu halten. Er vergisst dabei eine wichtige Regel: die Mobilisierung. Er wird diese jungen Leute noch brauchen. Eigentlich weiß der Parteichef, wie wichtig die JU bei Wahlkämpfen ist. Wenn er sie für eine Kanzlerkandidatur und anschließende Bundestagswahl hinter sich wissen will, muss er sie zuerst begeistern.

Ohnehin hat sich die JU in jüngster Zeit von Merz distanziert. Die Jungen fühlen sich nicht mehr eingebunden. Und Merz soll ihre Arbeit auf der anderen Seite inhaltlich oft für unzureichend halten, so heißt es aus seinem Umfeld. Der Auftritt wäre eine Chance gewesen, sie wieder für sich zu begeistern. Schließlich waren die Bierzelt-Reden einer der Kerngründe dafür, dass die JU vor nicht allzu langer Zeit zum Fanblock von Merz gehörte. Diese Chance ließ Merz ungenutzt.

Söder hingegen weiß genau, was die JU hören will. Er liefert. Und bleibt damit eine große Gefahr für Merz.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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