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Sylt-Vorfall: Politiker reagieren entsetzt auf rassistische Party-Meute


Politiker-Reaktionen auf Sylt
"Ein Zeichen der Wohlstandsverwahrlosung"

Von t-online, lec

Aktualisiert am 24.05.2024Lesedauer: 5 Min.
Ein Gast der Diskothek "Pony" auf Sylt: In einem viralen Video zeigt der Mann ungeniert den Hitlergruß.Vergrößern des BildesScreenshot aus dem Sylt-Video: Auf der Insel haben Gäste einer Bar lautstark "Ausländer raus" gegrölt. (Quelle: Screenshot)
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Auf Sylt ist es zu einem rassistischen Vorfall gekommen. In einem Lokal brüllen zahlreiche augenscheinlich junge Erwachsene Parolen wie "Ausländer raus" und "Deutschland den Deutschen".

Rassistische Gesänge zum Party-Hit "L'amour Toujours" von Gigi D'Agostino auf der Nordseeinsel Sylt haben bundesweit Empörung ausgelöst. In der kurzen Sequenz, die in sozialen Medien verbreitet wurde, sind junge Menschen tanzend vor dem Club Pony zu sehen. Der Vorfall ereignete sich offenbar am Pfingstwochenende.

In der nur wenige Sekunden langen Aufnahme, die seit Donnerstag in den sozialen Medien viral geht, grölen junge Männer und Frauen zur Melodie des Party-Hits "Ausländer raus" und "Deutschland den Deutschen". Das Video zeigt außerdem, wie ein Mann mit seinen Fingern auf der Oberlippe einen Hitlerbart andeutet.

Video | Auf Sylt: Urlauber skandieren Nazi-Parolen
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Quelle: t-online

Der Staatsschutz ermittelt wegen Volksverhetzung und des Verwendens verfassungswidriger Kennzeichen. Das Pony im Nobel-Urlaubsort Kampen distanzierte sich in der Nacht von den Gästen und kündigte Konsequenzen an. Die Betreiber des Lokals erklärten auf Instagram zu dem Video, sie seien "tief schockiert". "Wir distanzieren uns von jeder Art von Rassismus und Diskriminierung." Auch zahlreiche Politiker äußerten sich zu dem Vorfall.

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Politiker reagieren entsetzt

Bundesinnenministerin Nancy Faeser verurteilte den Vorfall. "Wer Nazi-Parolen wie 'Deutschland den Deutschen – Ausländer raus' grölt, ist eine Schande für Deutschland", sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Es stelle sich die Frage, "ob wir es hier mit Menschen zu tun haben, die in einer wohlstandsverwahrlosten Parallelgesellschaft leben, die die Werte unseres Grundgesetzes mit Füßen tritt." Die Frage sei auch, welches hasserfüllte Klima solche Leute dazu ermutige, sich so abgrundtief rassistisch in aller Öffentlichkeit zu äußern.

"Hier darf es keinerlei schleichende Normalisierung geben", forderte die Ministerin. Rassisten müssten neben möglichen strafrechtlichen Konsequenzen überall – im Freundeskreis, bei der Arbeit, im Sport – lauten Widerspruch erfahren. "Es ist wichtig, den Mund aufzumachen und gegenzuhalten gegen solchen Menschenhass", rief Faeser zur Zivilcourage auf.

Ein Sprecher des Innenministeriums sagte, es sei wichtig, dass die schleswig-holsteinische Polizei ermittle, auch müsse die Echtheit des Videos geprüft werden. "Klar ist jedenfalls: Was man da sehen und hören kann, ist zutiefst rassistisch, ist zutiefst menschenverachtend." Der Sprecher betonte, der Inhalt des Videos widerspreche allem, wofür Grundgesetz und Menschenwürde stünden.

Bundeskanzler Scholz: "Parolen sind eklig"

Bundeskanzler Olaf Scholz bezeichnete die Parolen als "eklig". "Sie sind nicht akzeptabel", schrieb er auf X.

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"Ausländerfeindliche Parolen widersprechen allem, wofür das Grundgesetz steht", sagte der Bundesjustizminister Marco Buschmann der Deutschen Presse-Agentur in Berlin am Freitag. "Wer so etwas grölt, hat nichts aus der Geschichte gelernt."

Strafrechtlich relevante Äußerungen müssten entsprechende Konsequenzen haben. Entsprechende Ermittlungen obliegen den zuständigen Behörden, wie Buschmann sagte. "Zugleich ist klar: Das Strafrecht alleine ist nicht die Lösung aller gesellschaftlichen Probleme. Wir alle sind gefordert, Tag für Tag für die Werte des Grundgesetzes einzutreten und zu werben und plumpe Parolen als solche zu entlarven."

Mitglieder der Landesregierung verurteilen Vorfall

Auch Mitglieder der schleswig-holsteinischen Landesregierung äußerten sich entsetzt. Integrationsministerin Aminata Touré (Grüne) sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): "Das ist kein dummer Jungenstreich, sondern schlimmstes Nazi-Gegröle erwachsener Leute auf offener Bühne. Widerwärtig und ekelhaft. Schämen sollten sie sich! Jetzt müssen strafrechtliche Ermittlungen folgen".

Bildungsministerin Karin Prien (CDU) sagte: "Die Bilder dieser Party, auf der ausländerfeindliche Parolen gegrölt wurden, widern mich an". Die Bilder seien "ein Zeichen von Wohlstandsverwahrlosung". In Schleswig-Holstein sei kein Platz für Ausländerfeindlichkeit. "Ich freue mich, dass die Bar, in der diese Videos gemacht wurden, die Polizei bei den Ermittlungen unterstützt und den Grölenden Hausverbot erteilen will."

Antidiskriminierungsbeauftragte: "Das ist blanker Rassismus"

Auch die unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, verurteilte den Vorfall mit rassistischem Gegröle scharf. "Diese unverhohlene 'Ausländer-raus-Stimmung' erleben wir auch in unserer Beratung, Menschen werden diskriminiert und herabgewürdigt", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.

"Das ist blanker Rassismus, der sich immer weiter in alle Milieus und Altersgruppen hineinfräst und offen ausgelebt wird", erklärte Ataman. "Die Bilder stammen offenbar nicht aus einer Nazikneipe, sondern einer Nobelbar in Sylt. Rassismus darf aber in Deutschland nie wieder zum Normalfall werden." Sie begrüßte die Aufnahme polizeilicher Ermittlungen. "Das darf nicht folgenlos bleiben."

Ähnlich äußert sich auch CSU-Generalsekretär Martin Huber. Er fordert die Menschen, die auf der Nordseeinsel rassistische Parolen gegrölt haben, dazu auf, sich freiwillig bei den Behörden zu melden. "Die Personen in dem Video sollten sich stellen", sagte er am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. "Der Vorfall auf Sylt ist schockierend und widerwärtig." Wer solche ausländerfeindlichen Parolen rufe und feiere, müsse belangt werden. "Es macht fassungslos, dass so viele Menschen in aller Öffentlichkeit ihre Ausländerfeindlichkeit zur Schau stellen und niemand eingreift", sagte Huber.

"Das ist widerlich und unerträglich"

Die Antirassismusbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, sagte, das Video sei ein Fall für die Polizei und die Strafgerichte. "Gäste eines Sylter Promi-Clubs zeigen hemmungslos offen und ohne Scham rechtsextreme und rassistische Parolen gegen Eingewanderte und ihre Nachkommen. Das ist widerlich und unerträglich."

Es mache fassungslos, dass keiner der Gäste einschreite und die Aussagen ächte, betonte Alabali-Radovan. "Es zeigt deutlich, dass Rechtsextremismus und Rassismus sich durch alle gesellschaftlichen Gruppen ziehen und eben kein sogenanntes Randphänomen sind – sie reichen bis tief ins bürgerliche Milieu."

Diese gefährliche Ideologie, die bestärkt worden sei durch verhetzende und enthemmte Debatten in den letzten Jahren, zersetze den Zusammenhalt der Gesellschaft. "Dem müssen wir uns entschlossen mit aller Kraft entgegenstellen."

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SPD-Fraktion will Vorfall im Parlament behandeln

Die SPD-Fraktion im Landtag von Schleswig-Holstein kündigte derweil an, den Vorfall im Innen- und Rechtsausschuss behandeln zu wollen. Anfang des Jahres habe es bereits Vorfälle in Pahlen und Schenefeld gegeben.

"Ich bin nach wie vor der Auffassung: Das sind keine harmlosen Suff-Aktionen, sondern Fälle für den Staatsanwalt", erklärte der Sprecher der SPD-Fraktion für innere Sicherheit, Niclas Dürbrook. "Solche Parolen haben in Schleswig-Holstein nichts verloren. Man braucht nicht allzu viel Empathie, um nachvollziehen zu können, welche Wirkung solche Aktionen auf Menschen mit Migrationshintergrund haben können."

Nicht der erste Vorfall im Zusammenhang mit Party-Song

Es ist nicht das erste Mal, dass es im Zusammenhang mit dem Song "L’amour Toujours" zu rassistischen Ausfällen gekommen ist. In Niederbayern ermittelte die Polizei nach einem möglichen Vorfall bei einem Faschingszug im Januar. Bei der Veranstaltung in Stulln (Landkreis Schwandorf) habe eine Gruppe von Zuschauern "Ausländer raus" skandiert, als von einem Wagen das Lied von Gigi D'Agostino gespielt wurde, sagte ein Zeuge örtlichen Pressevertretern.

Zuvor hatten ähnliche Vorfälle unter anderem in Landsberg am Lech in Oberbayern Ermittler auf den Plan gerufen. Dort sollen mehrere Menschen auf einem Zugwagen zu dem Lied ebenfalls "Ausländer raus" skandiert haben. Die Polizei ermittelte wegen des Verdachts der Volksverhetzung und suchte nach Zeugen. Auch in Schleswig-Holstein nahm die Staatsanwaltschaft Ermittlungen auf. Laut Polizei war dort am 17. Januar eine Anzeige eingegangen, nachdem in einer Diskothek zu dem Lied Besucher "Ausländer raus" gesungen hätten. Der Vorfall soll sich am 7. Januar ereignet haben.

Verwendete Quellen
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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