"Ja, wir kriegen das hin" Linnemann glaubt an Einigung im Streit um Richterwahl

Die Einigung im Koalitionsstreit über die Richterwahl scheint greifbar. Der CDU-Generalsekretär zeigt sich zuversichtlich.
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hat sich zuversichtlich für eine Beilegung des Koalitionsstreits um die geplatzte Verfassungsrichterwahl gezeigt. "Ja, wir kriegen das hin", sagte Linnemann dem "Tagesspiegel".
Wichtig sei, "dass wir nun in der Koalition hinter den Kulissen und in aller Ruhe zu einer breit getragenen Lösung kommen." Auf die Frage, wie die aussehen könne, antwortete er: "Genau darüber werde ich jetzt nicht öffentlich sprechen."
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Linnemann: CDU hat sich nicht beeinflussen lassen
Am 11. Juli war die Wahl zweier neuer Richterinnen und eines Richters für das Bundesverfassungsgericht kurzfristig von der Tagesordnung des Bundestags abgesetzt worden. Zwar hatte die Union die SPD-Kandidatin für Karlsruhe, die Juraprofessorin Frauke Brosius-Gersdorf, im Richterwahlausschuss mit nominiert und die Unionsfraktionsführung hatte sich für ihre Wahl ausgesprochen. In der Unionsfraktion gab es aber Widerstand, so dass die Fraktionsspitze die mit der SPD verabredete Unterstützung letztlich nicht mehr garantieren konnte.
Linnemann räumte im "Tagesspiegel" ein, auf die Vorbehalte gegen die Kandidatin in der Unionsfraktion "hätte schneller reagiert werden müssen". Vorwürfe, wonach die Abgeordneten sich von einer Kampagne gegen Brosius-Gersdorf hätten beeinflussen lassen, bezeichnete er als "Mär", die er strikt zurückweise.
Mehrheit lehnt Rückzug ab
Die SPD sieht für eine Lösung des Streits weiter die Union in der Pflicht. "Bei der Wahl zum Bundesverfassungsgericht bestehen wir weiter auf den Verabredungen mit der Union und fordern endlich Verlässlichkeit ein. Der Umgang mit dieser Wahl hat Spuren hinterlassen", sagte SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Dabei spricht sich eine Mehrheit der Deutschen gegen einen Rückzug von Frauke Brosius-Gersdorf als Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht aus. Laut einer Forsa-Umfrage für den "Stern" lehnen 57 Prozent der Befragten die Rücktrittsforderungen führender Unionspolitiker ab, nur 24 Prozent befürworten einen freiwilligen Verzicht der Rechtsprofessorin. Besonders überraschend: Auch unter den Anhängern von CDU und CSU ist die Ablehnung mit 59 Prozent deutlich, lediglich 23 Prozent unterstützen den Vorschlag aus der eigenen Partei.
Linke will Vorschlagsrecht für Verfassungsrichter
Bei den Wählern von SPD (82 Prozent), Grünen (84 Prozent) und Linken (74 Prozent) ist die Ablehnung noch klarer, während AfD-Wähler mehrheitlich (55 Prozent) für einen Verzicht plädieren. Auch zwischen den Geschlechtern zeigen sich Unterschiede: Frauen sprechen sich mit 60 Prozent besonders deutlich für eine Aufrechterhaltung der Kandidatur aus, bei Männern liegt die Zustimmung dafür bei 54 Prozent.
Linken-Chef Jan van Aken warf der Koalition derweil mangelnde Fortschritte bei der Lösung des Konflikts vor. "Inhaltlich sind die Union und die SPD keinen Millimeter weiter als am 11. Juli", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Van Aken erneuerte zudem die Forderung seiner Partei nach einem Vorschlagsrecht für Verfassungsrichter, das die Linke als Gegenleistung für die Unterstützung von Richterkandidaten der schwarz-roten Koalition fordert.
"Für uns ist es wichtig, dass das alte Modell für das Vorschlagsrecht zur Richterwahl – drei Vorschläge von der Union, drei von der SPD, je einer von Grünen und FDP – neu diskutiert wird, entsprechend den neuen Kräfteverhältnissen im Bundestag und im Bundesrat", sagte der Linken-Chef.
- Nachrichtenagentur dpa
- Vorabmeldung des "Stern"