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Rennen um CDU-Vorsitz: Stehende Ovationen für Merz – Kramp-Karrenbauer ist selbstkritisch


Rennen um den CDU-Vorsitz
Stehende Ovationen für Merz – Kramp-Karrenbauer ist selbstkritisch

Von dpa, pdi

Aktualisiert am 28.11.2018Lesedauer: 4 Min.
Friedrich Merz, Kandidat für den CDU-Bundesvorsitz: Merz ist neben Spahn und Kramp-Karrenbauer ein Kandidat für den CDU-Bundesvorsitz.Vergrößern des BildesFriedrich Merz, Kandidat für den CDU-Bundesvorsitz: Merz ist neben Spahn und Kramp-Karrenbauer ein Kandidat für den CDU-Bundesvorsitz. (Quelle: dpa-bilder)
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Das Rennen um den CDU-Vorsitz geht auf die Zielgerade. Im Zentrum der Debatte: Wie kommt die Union zurück zur alten Stärke? Merz will sich von der SPD absetzen, Kramp-Karrenbauer gibt sich selbstkritisch.

Zehn Minuten redet Friedrich Merz auf der Bühne, da stehen sie plötzlich von ihren Stoffstühlen auf, ganz viele der rund 2000 CDU-Mitglieder in der Kongresshalle in Böblingen. Der Wettkampf um die Nachfolge von CDU-Chefin Angela Merkel geht in den Endspurt. Und Kandidat Merz schaltet in den Angriffsmodus. Am Dienstagabend warnt er vor einer Sozialdemokratisierung der Union - eigentlich ein Kampfbegriff mancher CDU-Gegner. "Wir müssen doch nicht alle Positionen übernehmen, die die Sozialdemokraten richtig finden", ruft er der Basis zu. Er tänzelt dabei von einem Fuß auf den anderen, ballt die Fäuste, gibt sich kämpferisch. Im konservativen Ländle kommt das gut an. Merz erntet viel Applaus. Es wirkt stellenweise wie ein Heimspiel für den Konservativen.

Diesmal also Böblingen, im Herzen Baden-Württembergs - einstige Bastion der Konservativen, ehemaliges Stammland der CDU. "Die CDU lebt - und das Herz der CDU schwebt heute in Böblingen", ruft Landeschef Thomas Strobl zu Beginn euphorisch in die Menge. Die fünfte Regionalkonferenz findet in dem Land statt, in dem die Christdemokraten 2011 nach 58 Jahren die Macht dramatisch verloren. Mittlerweile ist man Juniorpartner der Grünen. Der Kampf um die Nachfolge von Erwin Teufel hinterlässt 2004 einen tiefen Riss im Südwest-Landesverband – mit derzeit rund 65.000 Mitgliedern der zweitgrößte nach dem NRW-Verband.

Am Nachmittag schauen die drei aussichtsreichsten Kandidaten, CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer, Gesundheitsminister Jens Spahn und eben Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz in Stuttgart der Landtagsfraktion der CDU vorbei, um für sich zu werben – nacheinander, je eine halbe Stunde. "Das ist heute ein großer Tag für Baden-Württemberg", freut sich Fraktionschef Wolfgang Reinhardt. Die Debatte sei ein "richtiger Muntermacher" für die Union.

Kramp-Karrenbauer räumt Versagen der CDU ein

Alle drei Kandidaten rufen immer wieder zur Geschlossenheit auf. Man brauche weniger Streit und mehr gute Debatten, erklärt Spahn. Kramp-Karrenbauer sagt, der politische Gegner sitze nicht in den eigenen Reihen. "Für mich gibt es nur ein Lager – und das Lager heißt CDU." Die Partei müsse am Tag eins nach dem Parteitag geschlossener und stärker sein.

Angesichts der Stimmverluste der Union und des Erstarkens der AfD sprach CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer von einem "Versagen" ihrer Partei. Sie sagte, die Menschen und auch Mitglieder hätten das Gefühl gehabt, dass die Partei Sorgen und "berechtigte Ängste" nicht genug aufgegriffen habe. "Dann dürfen wir uns auch nicht wundern, wenn sich genau diese Menschen Parteien suchen, von denen sie zumindest den Eindruck haben, dass sie sich darum kümmern", sagte Kramp-Karrenbauer. "Das ist das Versagen der letzten Jahre, wenn man von einem Versagen reden will. Hier müssen und hier werden wir besser werden."

Auch Merz erinnert an die Wahlverluste der CDU. "Wir können und müssen uns dem Trend mit aller Kraft entgegenstellen." Dazu gehöre, dass die CDU offen zugebe, dass sie in den vergangenen Jahren "unbequeme Fragen" der Gesellschaft nicht mehr im ausreichenden Maß aufgenommen habe. Die CDU habe viele Menschen mit ihren Sorgen und Befürchtungen ein Stück weit alleine gelassen.

Kramp-Karrenbauer sagte, sie übe auch Selbstkritik in dieser Frage, "weil ich ja in den letzten Jahren auch Teil des Ganzen war". Eine Partei bestehe immer nicht nur aus einer Vorsitzenden oder einem Vorsitzenden, sondern habe eine Gesamtheit und Führungsgremien – "und ich habe dazugehört und ich bekenne mich auch dazu", sagte die frühere saarländische Regierungschefin. Die Menschen hätten sich stets darauf verlassen, dass die CDU das Land stark gemacht und Verantwortung übernommen habe.

Stimmverluste der Union

Kramp-Karrenbauer hatte jüngst Kritik von Merz harsch zurückgewiesen, die CDU habe die Wahlerfolge der AfD – zugespitzt gesagt – "mit einem Achselzucken" zur Kenntnis genommen. Solche Behauptungen seien "ein Schlag ins Gesicht" für alle in der CDU, die gegen die AfD gekämpft hätten. Am Dienstag fügte sie bei einem Besuch der Stuttgarter CDU-Landtagsfraktion hinzu: "Wenn man bestimmte Personen oder bestimmte Führungskreise mit diesem Vorwurf belegen will, dann muss man Ross und Reiter nennen. Merz entgegnete auf Kramp-Karrenbauers Forderung: "Das werde ich deswegen nicht tun, weil ich keine pauschalen Vorwürfe erhoben habe."

Merz warnte in Böblingen vor einer Sozialdemokratisierung der Partei. "Wir müssen doch nicht alle Positionen übernehmen, die die Sozialdemokraten richtig finden", sagte er. Die Frage sei, ob die CDU auch in Zukunft eine Partei sein wolle, die liberalen, konservativen und auch sozialen Überzeugungen Platz gebe. Kanzlerin Merkel war vom konservativen Flügel in der Vergangenheit wiederholt vorgeworfen worden, die Partei nach links gerückt zu haben.

Merz verwies auf deutliche Stimmenverluste der Union bei der Bundestagswahl sowie den Landtagswahlen in Bayern und Hessen. "Wir können und müssen uns dem Trend mit aller Kraft entgegenstellen." Die CDU-Positionen seien nicht mehr deutlich genug gewesen.

"Moderner Patriotismus"

Merz kritisierte erneut die Rentenpolitik der großen Koalition und sprach sich für eine grundlegende Steuerreform aus. Leistung müsse sich wieder lohnen, sagte er und erhielt viel Applaus. Er plädierte zudem für eine offene, faire und kontroverse Diskussion im Wettstreit um den CDU-Vorsitz. "Nicht jede abweichende Meinung ist gleich eine Kritik an einer Person."


Gesundheitsminister Jens Spahn als dritter der aussichtsreichsten Kandidaten für den Parteivorsitz sprach sich für einen "modernen Patriotismus" aus. Auch er sagte, die CDU habe viel Vertrauen verloren. Die Partei müsse wieder breitere und kontroversere Debatten führen. Wirtschaftlich gehe es Deutschland so gut wie noch nie, dennoch gebe es viel Unsicherheit – auch darüber, ob die Politik genügend tue, um den Wohlstand zu sichern.

Die Entscheidung über den CDU-Vorsitz fällt beim Parteitag am 7. Dezember in Hamburg. Die langjährige CDU-Chefin Merkel tritt nicht wieder an. Kanzlerin will sie weiter bleiben. Nach Böblingen folgen Regionalkonferenzen in Düsseldorf an diesem Mittwoch, in Bremen am Donnerstag und zum Abschluss am Freitag in Berlin.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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