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Virologin Pietsch: "Rechne mit rasanter Verbreitung der neuen Corona-Mutation"


TV-Kritik "Anne Will"
Virologin: "Rechne mit rasanter Verbreitung der Mutation"

Eine TV-Kritik von David Heisig

Aktualisiert am 01.02.2021Lesedauer: 5 Min.
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Corinna Pietsch, Leiterin des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Leipzig, zu Gast bei Anne Will im Ersten Deutschen Fernsehen.Vergrößern des Bildes
Corinna Pietsch, Leiterin des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Leipzig, zu Gast bei Anne Will im Ersten Deutschen Fernsehen. (Quelle: Jürgen Heinrich/imago-images-bilder)

Quo vadis Deutschland in der Pandemie? Welche Perspektiven haben Gesellschaft, Industrie, Handel und Politik? Wie sehen Strategien in der Corona-Bekämpfung aus? Fragen, die Anne Will ihrer illustren Runde in der aktuellen Sendung stellte.

Niemand kann die Corona-Lage aktuell umfassend beurteilen. Das zeigte auch die vergangene Gesprächsrunde bei Anne Will. Die Zahl der Neuinfektionen sinkt, Impfstoffe werden zugelassen, die Hoffnung auf ein normales Leben wächst. Es grassieren aber auch Virus-Mutanten, es herrscht Streit zwischen EU und Impfherstellern und auf dem Kontinent diskutiert man über Grenzschließungen. Hoffnung auf schnelle Rückkehr zu mehr Normalität machte Wills Runde nicht.

Die Gäste

  • Corinna Pietsch, Leiterin des Instituts für Virologie am Uniklinikum Leipzig
  • Brigitte Meier, Bayerische Unternehmerin
  • Stephan Weil (SPD), Niedersächsischer Ministerpräsident
  • Peter Altmaier (CDU), Bundeswirtschaftsminister
  • Clemens Fuest, Präsident des ifo Instituts

Die Positionen

Die Virologin Pietsch musste in der Runde die Spielverderberin sein. Man könne bundesweit nur von einer Stagnation der Inzidenzen sprechen. Die besseren Zahlen ergäben sich dadurch, dass der Rückgang der hohen Infektionswerte in den ostdeutschen Bundesländern den Schnitt drückte. Der Einfluss der ansteckenderen Mutanten fließe hier noch gar nicht ein, weil diese noch nicht genug verbreitet seien. "Das Ganze kann sich eben rasant vervielfältigen", so Pietsch. "Ich rechne damit."

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Meier stellte das nicht in Frage. "Wir haben Corona immer sehr, sehr ernst genommen", so die Münchner Einzelhändlerin. Daher habe man Kundenströme reduziert, auf Hygiene und Maske gesetzt. Dennoch: 220.000 Unternehmen im Handel seien geschlossen. "Ich fordere, dass wir jetzt mit sehr, sehr vorsichtigen Maßnahmen wieder an den Start gehen können. Sofort."

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Altmaier meinte, er verstehe das. Das Aber folgte auf den Fuß. "Die ersten Maßnahmen, die wir ergriffen haben, waren leider nicht so wirksam, dass es was gebracht hätte. Die Infektionszahlen mussten weiter runter." Öffnung der Geschäfte am 15. Februar? Da konnte weder der Minister noch der niedersächsische Landesvater Weil zu viel Hoffnung machen. Fuest betonte, man müsse unbedingt einen Jo-Jo-Effekt vermeiden. Gleichzeitig forderte er den Ausbau der flexiblen Maßnahmen: mehr Tests, mehr Masken, mehr Homeoffice. "Warum wird noch nicht flächendeckend an Schulen getestet?", fragte der Ökonom.

Die Aufreger des Abends

Meiers Reaktion war eindeutig: "Das bringt mir gar nix!" Sie ergänzte: "Ich höre jetzt seit Monaten eine Mischung aus "das wissen wir nicht“ oder auch ganz konkreten Aussagen." Wie etwa die von Gesundheitsminister Jens Spahn aus dem September 2020, man hätte nach dem Kenntnisstand (im September 2020) den Einzelhandel im Frühjahr nicht schließen müssen. Ihre Forderung war klar.

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"Der Staat muss da jetzt mal liefern." Bei einer Inzidenz von 100 – in München, aktuell sind es dort um die 60 – müsste das Gesundheitsamt am Tag etwa 250 Kontakte nachverfolgen. Das müsse doch machbar sein. Will hakte ein. Es sei skandalös, "wie wenig wir wissen."

Altmaier musste da klein beigeben. Der Virus sei neu. Wo Menschen handelten, würden Fehler gemacht. Richtig überzeugte das nicht. Also betonte auch er, eine kurzfristige Öffnung bringe den Unternehmen nichts, wenn man sofort nach vier bis sechs Wochen wieder die Maßnahmen verschärfen müsse. "Richtige Planbarkeit bekommen wir tatsächlich nur, wenn wir niedrige Inzidenzen haben", so Pietsch. "Zehn oder weniger."

Die Zahl des Abends

Das war eher ein Zahlensystem. Das entstammte dem niedersächsischen Modell, das Weils Regierung erarbeitet hat und nun in der Bund-Länder-Debatte zur Diskussion stellen will. Es koppelt Öffnungen in Stufen an Inzidenzen.

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So besagt Stufe vier etwa, dass bei einer Inzidenz von 50-100 Grundschul- und Abschlussklassen in den Wechselunterricht gehen. In Stufe drei (Inzidenz 25-50) kommt es beispielsweise wieder zu Präsenzunterricht, die Gastronomie darf öffnen. In Stufe zwei (Inzidenz 10-25) öffnen Theater, dürfen sich wieder zehn Personen aus zwei Haushalten treffen. Weil betonte, dass seien keine Versprechen, da man sich die Dynamik der Infektionen anschauen müsse. Es sei aber ein Gefühl "wie es sein kann". Fuest ergänzte, ein systematischer Plan sei immer gut. Man müsse jedoch die Gefahr der dritten Welle im Auge behalten. Pietsch fand die geplanten Werte im Maßstab zu hoch.

Die Sache mit dem Impfstoff

Will zog die Aussage der Bundeskanzlerin heran, man habe politisch bei der Impfstoffbeschaffung "das Menschenmögliche getan". Fuest sah das nicht so: "Der Hauptfehler war, dass man möglichst billig sein wollte." So fehle es immer noch an ökonomischen Anreizen an die Hersteller für schnellerer Lieferung, etwa durch Zahlung von Prämien. Weil betonte, am Geld könne es nicht gescheitert sein. "Was wir jetzt brauchen ist Verbindlichkeit", so der Niedersachse. Will brachte da – an Altmaier gerichtet – die Idee der Notwirtschaft für die Impfstoffherstellung ins Spiel. Indem man etwa Pharmaunternehmen verpflichtete, frei Produktionskapazitäten auf die Herstellung von Vakzinen umzustellen.

Der Minister lehnte das kategorisch ab. Zum einen arbeite Biontech zum Beispiel "völlig freiwillig" aktuell schon mit einem anderen Hersteller gemeinsam. Zum anderen sei die komplette Herstellungskette zu komplex, um einen Überblick zu haben, welche Unternehmen beteiligt seien. Will war entsetzt und bestand darauf, dass der CDU-Mann als verantwortlicher Minister das doch wissen müsse. Der wand sich raus, schob Jens Spahn als Gesundheitsminister die Ereigniskarte in den Schuh. Fuest sprang dem Minister bei. Planwirtschaftliche Regelungen seien abwegig.

Der Faktencheck

Doch wie sieht die deutsche Wirtschaft die kommenden Wochen und Monate aus? Laut des aktuellen Geschäftsklimaindexes des Münchener ifo Instituts hat sich die Stimmung verschlechtert. Er liegt aktuell bei 90,1 Punkten gegenüber 92,2 im Dezember.

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Die befragten Unternehmen beurteilen die Lage schlechter und gehen mit pessimistischeren Aussichten in die nächste Zeit. Vor allem im Dienstleistungssektor ist der Faktor merklich gesunken, sind Einschätzungen nach unten korrigiert worden. Der Auftragsbestand ist – etwa im Bereich Transport und Logistik – bei den Unternehmen schwächer. Auch im Handel ist der Indikator im negativen Bereich und weist auf den stärksten Rückgang seit April 2020 hin.

DIW: Wirtschaft wird schrumpfen

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sieht im ersten Quartal dieses Jahres ein Schrumpfen der Wirtschaft. Demnach wird das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um drei Prozent sinken. Claus Michelsen, Konjunkturchef des DIW sieht als optimistischste Variante das Ende des Lockdowns Ende Februar und ein allmähliches Aufheben der Einschränkungen als Garant für anziehenden Wachstum. Dabei sind einige Vorzeichen nicht so schlecht.

Die Exportnachfrage ist nicht eingebrochen, weil sich die Nachfrage nach deutschen Produkten günstig entwickelt hat. Laut des Bundeswirtschaftsministeriums hatte sich der wirtschaftliche Aufholprozess bis Ende letzten Jahres fortgesetzt und 96 Prozent des Vorjahresniveaus erreicht. Vor allem im vierten Quartal liefen die Geschäfte wieder besser. Eben die Warenexporte und Investitionen im Bausektor waren laut Statistischem Bundesamt Stütze der Wirtschaft. Die Chefvolkswirtin der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) sieht in den BIP-Zahlen eine gute Nachricht in einer schwierigen Zeit. Allerdings steigt nach und nach auch in der Industrie die Zurückhaltung, vor allem in der Automobilbranche. Vieles hänge von den weiteren Entwicklungen im Lockdown ab.

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