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Neue Regierung: "Ampel fehlt Zauber des Anfangs"


Presse zur Amtsübergabe
"Der Ampel fehlt der Zauber des Anfangs"

Von dpa, lw

Aktualisiert am 08.12.2021Lesedauer: 5 Min.
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Neue Bundesregierung: Am Mittwoch traten die Bundesministerinnen und -minister offiziell ihre Ämter an. (Quelle: reuters)
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Vor welchen Herausforderungen steht die neue Regierung? Und wie wird sich Olaf Scholz als Kanzler schlagen? Die deutschen Medien äußern hohe Erwartungen. Ein Überblick.

Die erste rot-grün-gelbe Bundesregierung ist im Amt und kann mit ihrer geplanten Erneuerung Deutschlands loslegen. Olaf Scholz (SPD) hat das Amt der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) übernommen. Zudem wurden die 16 Ministerinnen und Minister vereidigt. Damit endet Merkels Ära nach 16 Jahren.

Wie beurteilt die Presse den Antritt der Ampelkoalition?

"Augsburger Allgemeine": "Ganz egal, ob man Olaf Scholz nun für den richtigen Kanzler hält oder nicht: Dieser 8. Dezember war ein guter Tag für Deutschland. Nach einem hitzigen Wahlkampf und inmitten einer dramatischen Krise, in der die Nerven blank liegen, findet friedlich und beinahe geräuschlos ein Machtwechsel statt. Ohne Pathos, ohne Triumphgeheul. Höchst unterschiedliche Parteien überwinden politische Gräben, um gemeinsam einen neuen Anfang zu wagen. Die Abgewählten übergeben die Verantwortung in Würde. Und (fast) das ganze Parlament zollt der scheidenden Kanzlerin Anerkennung für 16 Jahre an der Spitze der Regierung.

"Frankfurter Allgemeine Zeitung": "Vor dem Mann, der die SPD aus der Knechtschaft der Großen Koalition und dem 'Mist' der Opposition führte, verneigen sich jetzt sogar jene, die ihn nicht als Parteivorsitzenden wollten und ihm die Kanzlerkandidatur nur überließen, weil sie diese als aussichtslos ansahen. Doch wie lange wird die Wirkung des Wunders anhalten? Trotz der Harmonie und der Aufbruchstimmung (...) fehlten Scholz schon bei der Kanzlerwahl mindestens 15 Stimmen.

Zwar behauptet Kühnert, die Abweichler stammten nicht aus den Reihen der SPD. Aber beweisen kann er das nicht. Und auch fehlende Unterstützung von FDP und Grünen ließe schon an Tag eins die Frage aufkommen, wie geschlossen diese Koalition hinter ihrem Kanzler steht. Davon aber wird abhängen, ob auch Scholz 'Großartiges bewegen' kann, wie er es seiner Vorgängerin attestierte."

"Nürnberger Zeitung": "Was die Bilanziers am Ende der Kanzlerschaft von Olaf Scholz wohl sagen werden? Die Frage kommt nur auf den ersten Blick zu früh. Scholz, der es wohl tatsächlich schafft, einen noch nüchterneren politischen Auftritt als Merkel zu pflegen, tritt mit großem Anspruch an."

"Mannheimer Morgen": "Der vierte sozialdemokratische Kanzler Deutschlands wird so oder so keine sonderlich progressive Rolle im neuen Regierungsgefüge einnehmen. Sein Versprechen heißt Stabilität. Solide Renten haben für ihn einen politisch höheren Wert als etwa ein einschneidendes Handeln in der Klimapolitik. Die Reformkraft der Bundesregierung werden vorerst Grüne und FDP entfalten müssen. Veränderungswille hier, Sicherheitsdenken da.

Kanzler Scholz wird das Land in eine Zukunft moderieren, in der große Linien kaum formuliert werden können, solange die Pandemie kaum kontrollierbar alle Bereiche des Lebens dominiert. Es ist ein Aufbruch in engen Grenzen. Scholz und seine Regierung sind vom ersten Tag an nicht zu beneiden."

"Der neue Tag", Weiden: "'Freundlichkeit im Umgang' steht nicht unbedingt in der Stellenbeschreibung für den Spitzenjob in einer Regierung. Doch auch die Politikerin Merkel war immer um respektvollen Dialog und Ausgleich bemüht, auch wenn manchmal vielleicht etwas mehr klare Kante hilfreich gewesen wäre. Das Wort 'Mensch' beschreibt in der jiddisch-englischen Umgangssprache eine ehrenhafte Person mit Integrität. Von daher ist Deutschland 16 Jahre lang gut damit gefahren, dass ein 'Mensch' im Bundeskanzleramt die Zügel in den Händen hatte. Wehmut ist jetzt fehl am Platze. Aber ein bisschen Dankbarkeit darf sein."

"Frankenpost", Hof: "Mit der Ampel sind Hoffnungen verbunden. Sogar vom größten Modernisierungsprogramm der vergangenen Jahrzehnte ist die Rede. Kanzler (klingt doch noch ungewohnt) Olaf Scholz und seine frische Ministerriege setzen Maßstäbe. Und er möchte über die jetzige Legislaturperiode hinaus regieren. Dahinter dürfte der Wunsch stecken, dass er für all die Reformen letztlich das Lob einfährt."

"Pforzheimer Zeitung": "Ein Kanzler, der weder zum öffentlichkeitswirksamen Basta neigt, noch dazu, sich allzu wichtig zu nehmen, kann Deutschland nur guttun. Grüne und FDP werden für genug Wirbel sorgen. Dass der Ampel dennoch der Zauber des Anfangs fehlt, liegt nicht an den neuen Regierenden, sondern an der Corona-Pandemie, die alles andere in den Hintergrund drängt. Doch so sehr die Corona-Krise nach Tatkraft verlangt, so sehr gilt das auch für Klimawandel, Digitalisierung und Bildungsoffensive, für EU-Geholper, den Ost-West-Konflikt und China. Der Ampel bleibt keine Zeit, sich aufzuwärmen, sie springt ins kalte Wasser. Das birgt Risiken. Kann aber auch belebend sein".

"Mitteldeutsche Zeitung", Halle: "Scholz will, dass Europas größte und weltweit viertgrößte Volkswirtschaft nicht an Einfluss, Respekt, Macht und Ansehen verliert. Er will klug von Merkels Erbe profitieren und dazu ein eigenes politisches Vermögen aufbauen. Er weiß, was sich sowohl internationale Verbündete als auch ein großer Teil der eigenen Gesellschaft wünschen: jene Verlässlichkeit und Stabilität, die sie mit Merkel erlebt haben. Er hat diese Sehnsucht vieler Institutionen und Bürger im Wahlkampf besser verstanden als Merkels Union. Aber damit ist die Herausforderung für ihn doppelt so groß: Er darf die Hoffnungen auf Kontinuität nicht enttäuschen und muss zugleich die Erwartungen an den Aufbruch durch seine neue Ampel-Koalition erfüllen."

"Stuttgarter Nachrichten": "Olaf Scholz hat es schwer. Als Bundeskanzler startet er inmitten der Coronapandemie. Das aktuell dringendste Thema, deren Eindämmung, lenkt das Regierungshandeln wie auch die öffentliche Wahrnehmung über die Maße ab von den voraussichtlich größten Herausforderungen seiner Kanzlerschaft. Die liegen in der Klima-, der Außen- und der Sozialpolitik.

Klare Prioritäten setzen, seine ungewohnt bunte Koalition zusammenhalten, ohne haushaltspolitisch dem Abenteurertum anheimzufallen und die Bevölkerung für die Zumutungen gewinnen, die mit den großen Herausforderungen seiner Kanzlerschaft verbunden sind – kleiner ist die Aufgabe nicht, die Scholz nun angeht. Ihm ist sie zuzutrauen. Und nachdem Gesundheitsminister Karl Lauterbach den Sieg über die Pandemie schon in Aussicht gestellt hat, sei der neuen Regierung frei nach Ex-Bundespräsident Theodor Heuss zugerufen: Nun siegt mal schön!"

"Heilbronner Stimme": "So geht Demokratie: Die abgewählte Regierung wird mit Applaus verabschiedet und wünscht der neuen ein glückliches Händchen. Das wird Olaf Scholz als neunter Kanzler der Bundesrepublik Deutschland brauchen. Die erste Ampel-Koalition in der Geschichte des Landes hat sich zwar überraschend schnell und harmonisch gefunden. Doch das ist keine Garantie dafür, dass die teils gewaltigen politischen Unterschiede der ungleichen Partner im harten Regierungsalltag nicht aufbrechen. Als Kanzler muss Scholz dafür sorgen, dass nicht gestritten, sondern regiert wird."

"Frankfurter Rundschau": "Wer glaubt, dass der real existierende Kapitalismus die Probleme unserer Zeit bewältigen kann, wenn wir ihn nur sozusagen an eine neue Stromquelle anschließen, wird das Fortschrittsversprechen der Ampelkoalition freudig und zuversichtlich zur Kenntnis nehmen. Wer aber mit guten Gründen der Ansicht ist, dass auch das System selbst einer tiefgreifenden Transformation bedarf, um den Namen "ökologisch-sozial" zu verdienen, sollte sich von dieser Regierung nicht allzu viel erwarten. Der Fortschritt, heißt es, sei eine Schnecke. Das Dumme ist, dass das Kriechen nicht die Gangart darstellt, mit der die notwendigen Veränderungen zu erreichen sind."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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