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Tagesanbruch: Was AKK und Trump gemeinsam haben


Was heute wichtig ist
Was die CDU-Vorsitzende mit Donald Trump gemeinsam hat

  • Peter Schink
MeinungVon Peter Schink

Aktualisiert am 11.03.2019Lesedauer: 6 Min.
Meinung
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Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

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CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer.Vergrößern des Bildes
CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer. (Quelle: ap-bilder)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

Florian Harms weilt eine Woche im Urlaub. Den hat er sich mehr als verdient. So starte ich stellvertretend in die Woche, mit dem kommentierten Überblick über die Themen des Tages:

WAS WAR?

Es ist erstaunlich, was da in Brüssel zu hören war. Man hätte der Kanzlerin das gar nicht zugetraut. Erstmals ließ Angela Merkel so etwas wie eine konkrete Vision von Europa erkennen, nach langem Zögern. "Ich bin dafür, dass die Kommission eines Tages so etwas wie eine europäische Regierung ist", sagte die Kanzlerin. "Und ich bin dafür, dass der Rat so etwas ist wie eine zweite Kammer. Und ich bin dafür, dass das Europäische Parlament für die europäischen Zuständigkeiten eintritt."

Leider sind diese Sätze nicht die deutsche Antwort auf die EU-Reformvorschläge des französischen Präsidenten Emmanuel Macron von vergangener Woche. Sie stammen aus einer Rede der Kanzlerin vor dem EU-Parlament im November 2012, als es um die Rettung des Euro ging. Damals war Merkel visionär und durchsetzungskräftig. Heute schweigt sie.

Geantwortet hat stattdessen an diesem Sonntag die neue CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer. Sie schreibt in einem Gastbeitrag in der "Welt am Sonntag", die Stärke Europas erwachse für sie aus der "Sicherung der Grundlagen unseres Wohlstands". Dazu will Kramp-Karrenbauer einen gemeinsamen Klimaschutz, ein EU-Innovationsbudget, einen Binnenmarkt für Banken. Und schreibt auch gleich explizit, was sie nicht will: "Europäischer Zentralismus, europäischer Etatismus, die Vergemeinschaftung von Schulden, eine Europäisierung der Sozialsysteme und des Mindestlohns wären der falsche Weg."

Warum diese negative Abgrenzung in einem Text über Europa? Es ist ihre Antwort auf Macron. Ein klares Nein. Die Formulierungen haben es in sich. So bleibt Kramp-Karrenbauer bei ihrer Absage an einen europäischen Mindestlohn sogar hinter dem Koalitionsvertrag der großen Koalition zurück. Dort hat die Koalition beschlossen, sich in Europa einzusetzen für, Zitat: "einen Rahmen für Mindestlohnregelungen sowie für nationale Grundsicherungssysteme".

Als Visionärin für Europa will sich Kramp-Karrenbauer offenbar nicht empfehlen. Ihr Text liest sich eher wie ein CDU-internes Strategiepapier. Wenn Kramp-Karrenbauer von einem "Europäischen Zentralismus" spricht und sich gegen Macron abgrenzt, zielt sie damit auf die eigenen Anhänger und deren Stimmung. Gefährliches Terrain. Denn sie begibt sich damit gleichzeitig in unmittelbare sprachliche Nähe zur AfD. Deren Vorsitzender Alexander Gauland formulierte in der "Welt" vergangene Woche den gleichen Vorwurf: "Sämtliche Vorschläge Macrons sind zentralistisch, staatsfixiert, bürokratisch".

Mit Kramp-Karrenbauer darf man sich jetzt also vor einem "Europäischen Zentralismus" fürchten. Laut Duden ist Zentralismus "das Streben nach Konzentration aller Kompetenzen bei einer zentralen obersten Instanz". Das hat in Europa niemand gefordert. Auch nicht Macron. Doch Worte schaffen Wahrheiten. Framing nennt man das neudeutsch. Mit solchen Abgrenzungen, Simplifizierungen und Feindbildern lässt sich Politik machen. Im Zweifelsfall auch gegen Europa.

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Kramp-Karrenbauer weiß auch, Stimmungen werden im besten Fall zu Wählerstimmen. Das gilt nicht erst seit Donald Trump.

Europa hat das nicht verdient. Die Europäische Union hat eine Perspektive bitter nötig. Da darf man von der künftigen Kanzlerkandidatin mehr erwarten als Abgrenzungsversuche.

Alle Berliner durften von diesem Wochenende mehr erwarten. Weil das Abgeordnetenhaus erstmals allen Arbeitnehmern der Stadt den Weltfrauentag als zehnten gesetzlichen Feiertag gönnte, genossen die Berliner ein langes Wochenende. Nun ist die Hauptstadt endlich nicht mehr alleiniges Schlusslicht bei der Zahl der Feiertage. Ziel erreicht.

Berlin darf sich freuen, die Frauen weniger. Echte Gleichberechtigung herzustellen gleicht einer Sisyphosaufgabe. Und braucht mehr als einen Weltfrauentag. So haben in den USA 28 Nationalfußballerinnen ihren eigenen Verband verklagt. Sie sind dort zwar deutlich populärer als ihre männlichen Kollegen. Aber der Verband zahlt Ihnen nur etwa ein Viertel der Prämien, die ihre männlichen Kollegen erhalten. Dafür muss er sich nun vor Gericht verantworten.

Ein anderes unfreiwillig komisches Beispiel lieferte die Filiale einer großen deutschen Immobilienfirma. Deren Vorstand sprach zum Weltfrauentag über weibliche Vorbilder. Dumm nur, dass dieser rein männlich besetzt ist und sich vermeintlich werbewirksam auf einem Foto präsentierte. Die fünf Männer kamen offenbar noch nicht einmal auf die Idee, wo das Problem liegen könnte. Und das genau ist die Herausforderung.

Die Reihe ließe sich unendlich fortsetzen. Meine Kollegen haben das zum Anlass genommen mit Justizministerin Katarina Barley über das Thema zu sprechen. Die SPD-Politikerin hat Ideen, wie die Gleichberechtigung voran getrieben werden kann. Welche, das lesen Sie in diesem wirklich aufschlussreichen Interview.


WAS STEHT AN?

Heute jährt sich zum achten Mal der Atom-GAU von Fukushima. Die Folgen der Katastrophe sind bis heute kaum absehbar. In Deutschland hat das Ereignis zum Atomausstieg geführt und die Energiewende beschleunigt. Und die Menschen in der Region? Sie leiden heute vor allem unter Arbeits- und Perspektivlosigkeit.

Die katholischen Bischöfe treffen sich zur Deutschen Bischofskonferenz. Nachhaltiger Druck kommt diesmal von denen, die in der katholischen Kirche bislang wenig zu sagen haben: Der Katholischen Frauengemeinschaft. Sie wollen mit Unterschriften und einem Schweigemarsch zu längst überfälligen Reformen mahnen. Nötig wären sie. Unwahrscheinlich bleiben sie.

Und ja, in dieser Woche wird es im britischen Unterhaus wirklich ernst. Der voraussichtliche Fahrplan sieht so aus: Die britische Premierministerin Theresa May wird am Dienstag ein zweites Mal über ihr Brexit-Abkommen abstimmen lassen. Noch hofft sie auf Zugeständnisse aus Brüssel, die ihr eine Mehrheit verschaffen sollen. Unwahrscheinlich. Deshalb wird sie im Parlament wohl wieder scheitern. Der Fahrplan lautet dann: Am Mittwoch wird das Parlament darüber abstimmen, ob das Land die EU ohne Abkommen verlässt. Auch dafür gibt es voraussichtlich keine Mehrheit. Wenn das so kommt, bleibt den Abgeordneten der Donnerstag. Dann soll das Parlament über eine Verschiebung des EU-Austritts abstimmen. Problem verschoben, nicht aufgehoben.


WAS LESEN?

Architektur ist ja nach wie vor ein kreativer Prozess. Das Fertighaus gehört in dieser Kategorie bislang eher zu einer, na sagen wir, Fast-Food-Sorte. Das könnte sich demnächst ändern. Die BBC zeigt, wie faszinierend anders Fertighäuser in Zukunft sein können – sie lassen sich einfach aufklappen wie ein Taschenmesser. Die Idee der neuen Technologie: Überall dort, wo schnell Häuser gebraucht werden, könnte der Klappmechanismus Einzug halten. Sogar in Katastrophenfällen, nach Erdbeben oder Wirbelstürmen ließen sich die Häuser innerhalb weniger Stunden aufbauen. Und dabei sehen sie auch noch aus wie Architekturwunder.

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Und dann ist da noch die Geschichte von Johnny. Das Schicksal von Jonathan Heimes, genannt "Johnny", hat Millionen Menschen bewegt. Der Fan des Fußball-Klubs Darmstadt 98 kämpfte jahrelang gegen den Krebs. Er ließ sich nicht unterkriegen – und half mit seiner Initiative "DUMUSSTKÄMPFEN!" anderen krebskranken Kindern und Jugendlichen. Heute vor drei Jahren ist "Johnny" verstorben. Doch noch immer wird in seinem Namen Gutes getan. Sein Vater Martin Heimes hat meinem Kollegen Luis Reiß erzählt, wie er das Lebenswerk seines Sohns fortführt. Er sagt: "Jonathan hätte nie gewollt, dass wir hier sitzen und jeden Tag heulen. Er hat immer nach vorn geschaut – und das tun wir auch." Absolut lesenswert.

Was Pia (34) und Anne (44) zu erzählen haben, wird nicht oft öffentlich erzählt. Sie berichten von sadistischer Gewalt in ihrer Kindheit. Über Jahre. Ein Grauen, das schon beim Lesen schwer zu ertragen ist. Die beiden Frauen sagen: Wäre nur jemand aufmerksamer gewesen, hätte vieles verhindert werden können.


WAS AMÜSIERT MICH?

Eigentlich ist das Folgende gar nicht lustig. Amerikanische und chinesische Forscher machen nämlich eine neue Form der Spionage möglich. Sie konnten die Vibration von Festplatten nutzen, um Stimmen und Lieder in den Räumen zu identifizieren, in denen die Rechner standen. Das Verfahren wollen sie auf einer Sicherheitskonferenz im Mai nun der Weltöffentlichkeit präsentieren. Stellen Sie sich vor. Die Polizei steht vor Ihrer Tür und sagt: die Vibration ihrer Festplatte hat Sie überführt. Glauben würden Sie das nicht.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die Woche.

Ihr

Peter Schink
Stellvertretender Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Twitter: @peterschink

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