Bundesliga | FC Bayern: Harry Kane verhilft Leroy Sané zur Topform

Leroy Sané liefert beim FC Bayern endlich konstant Topleistungen ab. t-online erklärt seine Leistungsexplosion, und was Kane sowie ein Tritt in den Hintern damit zu tun haben.

Beim 3:0-Sieg des FC Bayern gegen den SC Freiburg erzielte Kingsley Coman zwei Tore (12., 85.) – und doch war der Spieler des Spiels zweifellos ein anderer: Leroy Sané. Der 27-Jährige hatte nämlich nicht nur – nach einem feinen Doppelpass mit Harry Kane – den zweiten Treffer für die Münchner erzielt (25.). Nein, der Nationalspieler war der alles überragende Mann auf dem Feld.

Unmittelbar vor dem Halbzeitpfiff krönte er seine Galavorstellung mit einer absoluten Weltklasseaktion: Er täuschte rechts an, tunnelte seinen Gegenspieler, zog links an ihm vorbei und zirkelte den Ball aus spitzem Winkel mit viel Wucht und Präzision anschließend unhaltbar unter die Latte. Ein Traumtor mit einem kleinen, aber entscheidenden Schönheitsfehler. Denn der Videoschiedsrichter verweigerte dessen Anerkennung aufgrund einer vorangegangenen, minimalen Abseitsstellung. Ein Ausrufezeichen hinter Sanés beeindruckende Leistung war es dennoch.

"Er hat sehr klar heute gespielt, mit ganz wenigen Ballverlusten, obwohl er ins Risiko gegangen ist. Er war sehr giftig in seinen Dribblings und seinen Laufwegen", fasste sein Trainer Thomas Tuchel hinterher bei DAZN zusammen und geriet regelrecht ins Schwärmen. "Er hat die körperlichen Voraussetzungen, die Spielfreude und wenn er klar im Kopf ist, kann er den Unterschied ausmachen", so Tuchel.

"Wenn er mit der Freiheit und der Lust spielt, dann macht er den Unterschied. Er kann auch vorangehen. Er muss das auch machen, weil er den Körper hat. Er ist körperlich eine Maschine, er kann die Liga dominieren."

Sané so konstant, effizient und gut wie

Und nicht weniger als das tut er momentan auch. Eine Ausnahmeerscheinung ist Sanés Ausnahmespiel gegen Freiburg in dieser Saison nämlich längst nicht mehr. Schließlich befindet sich der Nationalspieler seit deren Beginn in Topform. Sané präsentiert sich derzeit so konstant, effizient und gut wie nie. Gegen Freiburg erzielte er bereits seinen siebten Treffer im elften Pflichtspiel. Zum Vergleich: In der gesamten vergangenen Saison kam Sané auf 14 Treffer und zehn Vorlagen in 44 Pflichtspielen. In dieser Form ist Sané für die Bayern eigentlich unverzichtbar.

Die von Tuchel angesprochene physische Überlegenheit zeigte er schon in der Saisonvorbereitung im Trainingslager am Tegernsee. Dort ließ er seine Mannschaftskollegen bei den kräftezehrenden Sprintübungen übers gesamte Spielfeld jedes Mal derart weit hinter sich, dass die ihm dabei nur staunend hinterherschauen konnten. Die Arbeit, die Sané schon dort investierte, hat sich offenbar gelohnt – und zahlt sich für ihn und die Bayern aus.

Sané übernimmt endlich die Rolle, die sich die Klub-Verantwortlichen schon im Sommer 2020 erhofften, als sie für ihn 49 Millionen Euro Ablöse an Manchester City überwiesen. In ihm sahen sie nichts weniger als einen Nachfolger der beiden Klublegenden Franck Ribéry und Arjen Robben.

Tuchels symbolischer Tritt in den Hintern zeigt Wirkung

Sané konnte sein Potenzial zwar auch in den vergangenen drei Jahren immer mal wieder andeuten, aber nie konstant abrufen. Bis jetzt. Nachdem er unter seinem Vorgänger Julian Nagelsmann häufig durch Verspätungen beim Training oder sogar der Busabfahrt negativ aufgefallen war, wuchsen in München einmal mehr die Zweifel an ihm. Sané verlor zwischenzeitlich sogar seinen Stammplatz und selbst ein möglicher Verkauf im Sommer galt nicht mehr als ausgeschlossen.

Tuchel verpasste ihm dann gleich in seiner ersten Übungseinheit als Bayern-Chefcoach einen symbolischen Tritt in den Hintern. Es war offenbar ein Kickstart mit nachhaltiger Wirkung. "Wir haben einen Draht zueinander, es ist einfach so. Die Chemie stimmt", erklärte Tuchel das Geheimnis von Sanés Leistungsexplosion in dieser Saison.

Die wird auch bei den Kluboberen mit großem Wohlwollen registriert. "Wenn ich Leroy Sané seit Wochen anschaue, dann lacht einem das Herz im Leibe", sagte Ehrenpräsident Uli Hoeneß zuletzt am Rande des Oktoberfestbesuchs der Mannschaft vor zwei Wochen.

"Wenn man so einen Leroy Sané sieht, wie der auftrumpft, das ist schon klasse zu sehen", sagte nun Hoeneß' Nachfolger Herbert Hainer.

Auch Kimmich beeindruckt von Sané

"Momentan ist es schon beeindruckend, mit welcher Konstanz Leroy seine Leistungen auf den Platz bringt. Alle drei Tage ist er bei uns mit der beste Spieler. Er entscheidet die Spiele", sagte Teamkollege Joshua Kimmich vor dem Champions-League-Spiel in Kopenhagen (2:1). Sané habe "uns schon den einen oder anderen Sieg reingeschossen".

Es sei "außergewöhnlich schwer, ihn zu stoppen, so wie er jetzt drauf ist", bemerkte Kimmich: "Man merkt, dass er momentan eine Spielfreude an den Tag legt, die ansteckend ist. Ich hoffe, dass es noch lange anhält."

Auch gegen Freiburg setzte Sané seine Mitspieler wieder mit zahlreichen Hackentricks oder auch mal mit der Fußsohle, wie bei der Vorlage zu Leon Goretzkas Pfostentreffer (83.), immer wieder gekonnt und technisch anspruchsvoll in Szene.

Einen speziellen Grund benennen, warum es bei Sané in dieser Spielzeit so gut läuft, konnte Kimmich nicht. "Ich glaube, dass er den Aufwand immer schon betrieben hat. Leroy ist ein Spieler, der physisch sehr stark ist, der immer fit ist, der alle drei Tage spielt. Er hat auch in der Vergangenheit schon gezeigt, was er kann und es phasenweise auf den Platz bekommen."

Das Duo Kané macht Robbéry vergessen

Ein Faktor für Sanés Leistungsexplosion ist mit Sicherheit auch das Zusammenspiel mit Harry Kane. Gegen Freiburg legte der Sané bereits zum vierten Mal in dieser Saison perfekt auf. Sané profitiert ganz offensichtlich von dem Mittelstürmer, den Bayern in der vergangenen Saison noch vermisste.

Auch Kanes häufig sehr mannschaftsdienliche Interpretation seiner Rolle als Vollstrecker kommt Sané und seiner Spielweise offenbar deutlich mehr entgegen. Die beiden verstehen sich auf dem Platz und auch abseits davon auf der menschlichen Ebene bestens.

In den Jahren zuvor war das Zusammenspiel mit Lewandowski, der auf dem Platz deutlich dominanter und egoistischer auftrat, nicht ganz so gut und harmonisch. Nicht umsonst ist nun bereits von "Kané" als neuem Traumduo beim Rekordmeister die Rede. Gemeinsam machen Kane und Sané momentan sogar "Robbéry", wie Ribéry und Robben einst genannt wurden, bisweilen vergessen.

Freund kündigt Vertragsgespräche mit Sané an

"Dass er ein richtig guter Kicker ist, das wissen alle. Aber, dass er so in dieser Konstanz abliefert, das ist ungewohnt und macht natürlich großen Spaß", sagte Bayerns Sportdirektor Christoph Freund über Sané, "hoffentlich bleibt das noch lange so."

Sanés Vertrag gilt noch bis 2025. Mit Gesprächen über eine mögliche Verlängerung wollte er sich bewusst vor dieser Saison nicht belasten und stattdessen zunächst mit seiner eigenen Leistung in Vorleistung gehen. Bislang ist dieser Plan perfekt aufgegangen.

"In den nächsten Wochen werden wir sicher mal Gespräche führen", sagte Freund darauf angesprochen. "Natürlich ist er ein außergewöhnlich guter Spieler, für Bayern München ein Schlüsselspieler. Es wäre sicher schön, wenn er lange München bleiben würde." Dafür liefert Sané momentan Woche für Woche immer mehr und immer bessere Argumente. Das ist mit Sicherheit aber auch den anderen europäischen Topklubs nicht verborgen geblieben.