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Deswegen wird Butter immer teurer


Butterpreis steigt und steigt
"Lawine an Kosten, die bei Lieschen Müller landet"


Aktualisiert am 18.11.2022Lesedauer: 4 Min.
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Supermarkt-Produkte vergleichen: Wer sparen will, sollte nicht nur auf die Preisschilder schauen.Vergrößern des Bildes
Kunden im Supermarkt (Symbolbild): Die Inflation ist in Deutschland so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr. (Quelle: Benjamin Nolte/dpa-tmn)

An der Supermarktkasse wird das abstrakte Wort Inflation zu barem Geld: Ein Stück Butter kostet gerade bis zu 3,30 Euro. Wie kommt dieser horrende Preis zustande?

Zieht die Kassiererin im Supermarkt ein Stück Markenbutter über die Kasse, steht dort die Zahl 3,29 Euro. Ein gutes Beispiel für Inflation im Alltag. Denn die Preise für Butter sind dieses Jahr explodiert. Besonders unmittelbar nach dem Überfall Wladimir Putins auf die Ukraine schnellte der Verbraucherpreis für Butter rasant in die Höhe. Angaben des Statistischen Bundesamtes zufolge kostet Butter derzeit 56 Prozent mehr als noch zu Jahresbeginn.

Ein Ende ist noch nicht in Sicht: Der Milchindustrieverband (MIV) schätzt, dass die Preise für Milchprodukte sogar noch weiter steigen werden.

Es sind die ganz konkreten Auswirkungen der hohen Teuerung in Deutschland. Im Oktober lag die Inflationsrate laut erster Schätzung bei 10,4 Prozent. Die gesamte Wirtschaft ächzt unter der Last eines "Energiekrieges" und seinen Folgen, wie Finanzminister Christian Lindner im Gespräch mit t-online die Lage beschrieb. Die Kaufkraft der Deutschen sinkt, die Verbraucherpreise steigen, es droht eine Rezession.

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Die Verbraucher reagieren bereits auf die anziehenden Preise. Milchprodukte von etablierten Marken würden weniger zum regulären Preis gekauft, heißt es vom MIV. Stattdessen schlügen Käufer nur noch bei Aktionspreisen zu. Doch warum ist gerade der Butterpreis so hoch?

"Pleiten, Pech und Pannen"

In der Milchindustrie läuft es derzeit nicht rund. Die Anlieferungen von Milch an verarbeitende Molkereien gehen derzeit zurück, wie Eckhard Heuser, der Hauptgeschäftsführer des Verbands, im Gespräch mit t-online erklärt. Woran das liegt? "Pleiten, Pech und Pannen", sagt Heuser. Er führt die gesunkenen Milchanlieferungen auch auf die Dürresommer der vergangenen Jahre zurück – Auswirkungen des Klimawandels.

Der vergangene Sommer sei viel zu heiß gewesen. "Dadurch wurde das Futter schlecht – am Ende haben die Bauern weniger Milch produziert." Er verweist auf einen Marktbericht seines Verbandes, demzufolge ging die Anzahl deutscher Milchkuhbetriebe immer weiter zurück. Letztes Jahr existierten demnach noch circa 54.000 Milchkuhbetriebe in Deutschland. 2013 waren es knapp 80.000.

Damit nicht genug. Die Verarbeitung von Milch ist energieintensiv – und damit empfindlich durch die Gaskrise bedroht. Die Branche warnt die Politik: Molkereien gehörten zur "systemrelevanten Infrastruktur." Sie seien auf eine stabile Energieversorgung angewiesen, viele Betriebe hätten in der Vergangenheit auf Gas umgestellt.

Die Branche hat außerdem Probleme mit Betriebsmitteln. Dazu kommt, dass Verpackungen knapp würden, Lieferzeiten für Kartonagen beliefen sich auf mehrere Monate. Obendrein herrscht in der Logistik ein Fahrermangel, der die Spannung nicht mindert.

"Christian Lindner bekommt von jedem Kilo Butter 64 Cent ab."

All das trägt schon zu den hohen Preisen bei. Doch wie genau setzt sich der Preis eines Stücks Butter zusammen? Und wo entstehen gerade viele Mehrkosten? Nachfrage bei Eckhard Heuser. Er gibt ein Beispiel: Man nehme ein Päckchen Butter, das preislich derzeit bei 2,29 Euro pro 250 Gramm liegt. "Das heißt: Wenn Lieschen Müller vier Stückchen Butter kauft, muss sie dafür 9,16 bezahlen", rechnet Heuser vor. In dem Verkaufspreis enthalten sind sieben Prozent Mehrwertsteuer, denn auf Grundnahrungsmittel gilt der reduzierte Steuersatz.

"Christian Lindner bekommt also von jedem verkauften Kilo Butter 64 Cent ab. Der freut sich – denn geht der Butterpreis hoch, kriegt der Lindner mehr." Er rechnet weiter: Ziehe man also die Mehrwertsteuer vom Kilo Butter ab, verkaufe es sich für ungefähr 8,50 Euro netto.

Wer oder was wird von diesem Geld bezahlt? "Zum einen der Händler mit seiner Kühlung, seinen Personalkosten, seiner Marge und so weiter", sagt Heuser. In den 8,50 Euro sei außerdem der Transport enthalten, und zwar zum Zentrallager und Supermarkt. Heuser gibt zu bedenken, dass die Butter dabei auch hier durchgehend gekühlt werden muss – ein Kostenfaktor für die Logistiker. Und noch eine Station hat Anteil am Butterpreis: "Dazu müssen wir noch einmal ungefähr 5 Cent abrechnen für den 'Grünen Punkt'." Das sind die Entsorgungskosten für den Müll, den ein Päckchen Butter verursacht.


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"Wenn ein Milchbauer heute seinen Traktor anschmeißt, ist das dreimal so teuer wie früher."


Eckhard Heuser, Hauptgeschäftsführer des Milchindustrieverbands


Der Rest des Preises entfällt auf die Molkerei. Wie viel das genau ist, ließe sich nicht sagen – dieser Teil des Geschäfts unterliege "dem geheimen Wettbewerb." Alles andere wäre verboten, sagt Heuser, weil die Molkereien sonst Preisabsprachen treffen könnten. "Allerdings kann man sich die sogenannten Butterpreisnotierungen ansehen." Butterpreisnotierungen kommen zustande, indem sich der Handel und die Industrie an einen Tisch setzten und den Butterpreis ausweisen.

Deswegen kann mit dem aktuell bekannt gegebenen Wert weiter gerechnet werden: Die letzte Notierung für einen Kilo "geformter Markenbutter" ist mit einer Preisspanne 7,50-7,70 Euro angegeben. Zur Erinnerung: Über die Theke geht das Kilo Butter im Laden – abzüglich der Mehrwertsteuer – für 8,50 Euro. Heuser gibt zu bedenken: "Für die gesamte Lieferkette bleibt also nur ungefähr ein Euro. Da müssen die Transporte, die Kühlung, die Lagerung und die Gewinnmarge des Handels reinpassen."

"Das nennt sich leider Inflation"

Der Händler zahlt also 7,50 für ein Kilo geformter Butter. Das liegt vor allem an den Erzeugerpreisen, also den Preisen der Milchbauern. "Die sind gerade auf einer Rekordhöhe", sagt Heuser. Und dafür gibt es laut dem Milch-Lobbyisten zwei Gründe.

Ein Grund für die hohen Erzeugerpreise seien Preisrallys unter den Wettbewerben, die den Preis hochgeschaukelt hätten. Der andere Grund sei, dass beim Erzeuger selbst die Kosten durch die Decke gehen. "Für sie sind in der Vergangenheit die Futterkosten explodiert", sagt Heuser. Genauso sehe es bei den Ausgaben für Dünger und Kraftstoffe aus. "Wenn ein Milchbauer heute seinen Traktor anschmeißt, ist das dreimal so teuer wie früher."

Die Energiekrise mache sich ohnehin entlang der gesamten Lieferkette für ein Stück Butter deutlich bemerkbar. Heuser resumiert: "Entlang des Lieferweges hat es eine Lawine an neuen Kosten gegeben, die am Ende des Tages bei Lieschen Müller landet." Denn die Mehrkosten der Krise würden entlang der Lieferkette weitergereicht: "Das nennt sich leider Inflation."

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Eckhard Heuser am 27.10.2022
  • Auszug aus einem Marktbericht des Milchindustrieverbandes (MIV)
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