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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ausgerechnet die Altersvorsorge Trumps Bitcoin-Pläne sind hochriskant

Millionen Amerikaner könnten bald ungewollt in digitale Währungen investieren – als Teil ihrer Altersvorsorge. Wie viel Risiko steckt in Kryptoinvestments für die Rente?
Donald Trump will das System der Altersvorsorge in den USA grundlegend verändern. Mit einer neuen Verordnung plant der US-Präsident, Investitionen in Kryptowährungen, Gold und Private Equity für die Renten von Millionen Amerikanern zu ermöglichen.
Der Schritt würde nicht nur eine der wichtigsten Kapitalquellen der USA für den Kryptomarkt öffnen, sondern auch die Grenzen zwischen spekulativen Investments und langfristiger Vorsorge verschieben. Trumps Administration argumentiert, es gehe um mehr Auswahl, wirtschaftliche Freiheit und den Wohlstand der "everyday Americans" (Durchschnittsbürger). Kritiker sehen darin ein riskantes politisches Signal – und warnen vor den Folgen.
Trumps Pläne: Altersvorsorge goes Krypto
Bisher waren für US-amerikanische 400(k)-Pläne – die wichtigste Form der privaten Altersvorsorge – vergleichsweise konservative Finanzinstrumente vorgesehen, darunter aktiv gemanagte Aktienfonds, passiv verwaltete Indexfonds (ETFs) und Anleihenfonds. Künftig sollen nun auch Investments in Kryptowährungen, Edelmetalle wie Gold und Beteiligungen an nicht börsennotierten Unternehmen (Private Equity) zugelassen sein.
Eine entsprechende Executive Order ist in Vorbereitung – das berichtet die "Financial Times" unter Berufung auf mehrere mit der Sache vertraute Personen. Demnach soll die Anordnung noch in dieser Woche unterzeichnet werden.
Was ist ein 401(k)-Plan?
401(k)-Pläne sind in den USA eine der zentralen Säulen der privaten Altersvorsorge. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können dabei einen Teil ihres Bruttogehalts steuerfrei in Investmentfonds anlegen, die vom Arbeitgeber verwaltet oder vermittelt werden. Bislang fließen diese Beiträge fast ausschließlich in Fonds, die auf Aktien oder Anleihen basieren. Trump will diese Beschränkung nun aufheben. Auch eine sogenannte Safe-Harbour-Regelung ist Teil des Vorhabens. Sie soll die rechtlichen Risiken für die Anbieter minimieren, wenn sie private oder schwer handelbare Anlageklassen wie Krypto oder Private Equity in ihre Fonds aufnehmen.
Ein Milliardenmarkt mit Sprengkraft
Das Potenzial ist enorm: Der US-Rentenmarkt ist der größte private Rentenmarkt der Welt und umfasst rund 9 Billionen US-Dollar. Selbst wenn nur ein kleiner Prozentsatz davon in Bitcoin oder andere digitale Vermögenswerte fließt, könnte dies enorme Auswirkungen auf deren Akzeptanz und Kursentwicklungen haben.
Große Investmenthäuser wie Blackstone, Apollo oder Blackrock bringen sich bereits in Stellung. Sie hoffen auf milliardenschwere Neuanlagen – und haben entsprechende Partnerschaften mit großen Vermögensverwaltern wie Vanguard oder Empower geschlossen.
- Revolution im Finanzsystem: Trump regelt erstmals den digitalen Dollar
Auch Trumps familiäres Umfeld profitiert: Die Trump Media & Technology Group hat Medienberichten zufolge bereits über zwei Milliarden Dollar in digitale Währungen investiert und einen eigenen Stablecoin auf den Markt gebracht. Für Kritiker ist dies ein Hinweis darauf, dass wirtschaftliche Interessen und politische Entscheidungen in diesem Fall enger miteinander verknüpft sind, als es sonst bei Altersvorsorgefragen üblich ist.
Ausgerechnet die Altersvorsorge – politisches Kalkül?
Gleichzeitig unterstreicht der Vorstoß, wie stark der US-Präsident mit der Krypto-Industrie verbunden ist. Bereits im Wahlkampf 2024 hatte er sich als Fürsprecher für digitale Vermögenswerte positioniert und versprochen, die USA zur "Krypto-Hauptstadt der Welt" zu machen.
Dass nun ausgerechnet die Altersvorsorge als Vehikel für diese Vision dienen soll, zeigt die politische Sprengkraft dieser Pläne. Denn die Altersvorsorge gilt als ein besonders sensibler Bereich, in dem Sicherheit, langfristige Stabilität und Vertrauen zählen.
Kryptos für die Altersvorsorge auch in Deutschland denkbar?
Während Trump die in der vergangenen Woche unterzeichneten Kryptogesetze – allen voran den sogenannten Genius Act – als "die vielleicht größte Revolution in der Finanztechnologie seit der Entstehung des Internets" feiert, mahnen Verbraucherschützer in Deutschland eindringlich zur Vorsicht: Kryptoanlagen seien hochspekulativ und deshalb für die langfristige Geldanlage und den Vermögensaufbau nicht geeignet.
Auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sowie europäische Aufsichtsbehörden weisen seit Jahren auf die erheblichen Risiken der Anlageform hin. Die Begründung: Der Kryptomarkt ist besonders anfällig für starke Kursschwankungen – und weitgehend unreguliert. Totalverluste sind im Kryptomarkt keine Ausnahme.
Kurze Boomphasen, hohes Verlustrisiko
Laut den Experten der Verbraucherzentrale lassen sich viele Verbraucher von hohen Renditechancen blenden – vor allem in Zeiten, in denen Bitcoin und andere Coins stark im Wert steigen. So flossen nach der Zulassung des ersten Bitcoin-ETFs in den USA im Januar 2024 rund 36,9 Milliarden US-Dollar in den Markt.
- 4.000-Dollar-Marke in Sicht: Was hinter dem Höhenflug von Ethereum steckt
Seit den regulatorischen Weichenstellungen in den USA zeichnet sich eine Rallye bei sogenannten alternativen Coins wie Ethereum (ETH), Solana (SOL) und Ripple (XRP) ab. Doch die Geschichte hat gezeigt: Auf Boomphasen folgen oft tiefe Einbrüche. Wer in einer solchen Phase verkaufen muss, verliert schnell einen großen Teil des eingesetzten Kapitals.
Besonders kritisch sehen Verbraucherschützer die Masse an verfügbaren Kryptotoken. Laut Bison, der Kryptohandelsplattform der Stuttgarter Börse, existierten 2025 weltweit über 11.000 verschiedene Coins – die meisten davon mit kaum nennenswerter Marktkapitalisierung. Bitcoin allein macht etwa die Hälfte des Gesamtvolumens aus. Wer in kleine oder neue Coins investiert, trägt ein besonders hohes Risiko.
Sicherheitsrisiken: Hacking, Phishing, Verlust
Neben der Kursentwicklung ist auch die Aufbewahrung von Kryptowährungen mit erheblichen Risiken verbunden. Hackerangriffe auf Kryptobörsen oder -broker haben immer wieder zu hohen Verlusten geführt. Zu den bekanntesten Vorfällen zählen die Hacks der Plattformen Mt. Gox und Bitfinex.
Auch Phishing-Angriffe, bei denen Kriminelle Zugangsdaten stehlen, sind ein Problem. Wer Kryptowährungen selbst in einer digitalen Brieftasche (Wallet) verwahrt, muss sicherstellen, dass die Passwörter nicht in falsche Hände geraten oder verloren gehen. Andernfalls ist das Krypto-Guthaben unwiederbringlich verloren.
Warnung vor neuen Coins und dubiosen Angeboten
Kryptoinvestments bieten Chancen; das bestreiten auch Verbraucherschützer nicht. Wer früh eingestiegen ist, konnte mit Bitcoin und anderen Kryptowährungen bis heute hohe Renditen erzielen. Kryptowährungen können ein Mittel sein, das eigene Portfolio zu diversifizieren – also das Risiko zu streuen (mehr dazu hier). Auch der technologische Fortschritt spricht aus Sicht der Befürworter für digitale Vermögenswerte. Doch der Preis für diese Freiheit ist hoch:
- Kryptowährungen schwanken stark im Kurs – oft binnen weniger Stunden.
- Der Markt ist kaum reguliert, viele Projekte verschwinden nach kurzer Zeit wieder, andere lassen sich über Nacht nicht mehr handeln.
- Non-Fungible Tokens (NFTs) sind aus Sicht der Verbraucherzentralen keine geeignete Anlageform. Die digitalen Eigentumszertifikate sind oft nicht ausreichend rechtlich abgesichert, stark schwankend im Wert und anfällig für Plagiate oder Plattformausfälle.
- Sicherheitsprobleme wie Hacks, Phishing oder verlorene Wallet-Zugänge gefährden selbst langfristig angelegte Krypto-Bestände.
- Viele Krypto-Assets sind schwer bewertbar, illiquide, kaum vergleichbar oder mit hohen Gebühren verbunden.
Gehört Krypto in die Altersvorsorge?
Die Position deutscher Verbraucherschützer ist eindeutig: Wer für das Alter vorsorgen will, sollte auf Sicherheit, Transparenz und Regulierung setzen – nicht auf Hype, hohe Risiken und rechtliche Grauzonen. Kryptoanlagen mögen technologisch spannend sein, für die Altersvorsorge sind sie jedoch nach aktuellem Stand schlicht ungeeignet.
In Deutschland lautet die Empfehlung deshalb: Krypto sollte, wenn überhaupt, nur einen kleinen Teil der Altersvorsorge ausmachen – und selbst das nur bei gut informierten Anlegern, die sich der Risiken bewusst sind. Die Verbraucherzentrale rät zu einem Anteil von maximal 1 bis 5 Prozent am Gesamtportfolio – nicht als Baustein der Altersvorsorge, sondern als spekulativer Ergänzungsposten für Menschen mit hoher Risikotoleranz.
- ft.com: "Donald Trump set to open US retirement market to crypto investments" (Englisch, kostenpflichtig)
- bitcoinmagazine.com: "President Trump Plans to Open 401(k)s to Bitcoin, Crypto, Gold, and Private Equity: FT" (Englisch)
- verbraucherzentrale.de: "Kryptoanlagen: Was sind die Risiken?"
- harvestportfolio.com: "From Wallets to Wall Street: The Era of Income-Generating Bitcoin ETFs" (Englisch)
- handelsblatt.com: "Wie Trump an Amerikas Krypto-Revolution mitverdient"