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Digitaler Euro: Europa plant, was die USA verbieten wollen


USA sagen Nein, Europa sagt Ja
Der gefährliche Streit um digitales Staatsgeld


17.07.2025 - 13:01 UhrLesedauer: 5 Min.
Donald Trump auf einer Veranstaltung (Archivbild): Der USA-Präsident hat die Rolle Deutschlands bei der Lieferung der Flugabwehrsysteme betont.Vergrößern des Bildes
Donald Trump auf einer Veranstaltung (Archivbild): Der US-Präsident ist gegen die Einführung eines staatlich kontrollierten digitalen Dollars durch die US-Notenbank Fed. (Quelle: IMAGO/ARCHIE CARPENTER/imago-images-bilder)
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In Europa soll der digitale Euro kommen – doch die Warnungen werden lauter. Was Kritiker befürchten und warum sogar Donald Trump vor staatlichem Digitalgeld warnt.

In den USA wollen die Republikaner rund um Donald Trump den digitalen Dollar noch vor seiner Einführung stoppen. Ein entsprechender Gesetzentwurf, der sogenannte CBDC Anti-Surveillance State Act (kurz: Anti-CBDC Act), soll der US-Zentralbank verbieten, jede Form staatlich kontrollierter digitaler Zentralbankwährung einzuführen und Bürgerkonten zu verwalten. Die Angst: Mit staatlichem Digitalgeld könnten Regierungen Zahlungen überwachen, kontrollieren oder sogar unterbinden.

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Während die Vereinigten Staaten also rechtlich gegensteuern, arbeitet die Europäische Zentralbank längst an der Einführung eines digitalen Euro. Noch ist unklar, wie dieser genau aussehen wird – doch Kritik kommt inzwischen aus nahezu allen gesellschaftlichen Bereichen. Was hinter der Debatte steckt, welche Gefahren es wirklich gibt – und wie ein Kompromiss aussehen könnte.

Was der Anti-CBDC Act in den USA verhindern soll

In den Vereinigten Staaten formiert sich Widerstand gegen digitales Zentralbankgeld – im Fachjargon "Central Bank Digital Currency", kurz CBDC. Gemeint ist damit eine digitale Version des US-Dollars, die nicht von privaten Banken, sondern direkt von der US-Zentralbank (Fed) herausgegeben wird. Bürgerinnen und Bürger würden in diesem Modell ein Konto direkt bei der Notenbank führen und damit Zahlungen abwickeln – sicher, staatlich verwaltet und ohne private Zwischenhändler.

Genau das wollen konservative US-Politiker verhindern. Der im Repräsentantenhaus eingebrachte Anti-CBDC Act sieht vor, der US-Zentralbank jede rechtliche Grundlage für eine digitale Währung zu entziehen. Unterstützt wird der Gesetzentwurf von Donald Trump, der öffentlich davor warnt, eine solche Währung könne zur "totalen Kontrolle" über die Bürger führen.

Tatsächlich sind die Sorgen nicht aus der Luft gegriffen: Ein digitaler Dollar könnte technisch so gestaltet sein, dass Transaktionen zentral gespeichert, analysiert oder sogar blockiert werden. Auch die Möglichkeit negativer Zinsen – also einer direkten Schrumpfung des Guthabens – wäre prinzipiell denkbar. Für viele Gegner ein Eingriff in die finanzielle Selbstbestimmung.

Der digitale Euro: Wie weit die EZB schon ist

Während in den USA der Gesetzgeber über ein Verbot diskutiert, ist der digitale Euro in Europa längst in Arbeit. Die Europäische Zentralbank (EZB) treibt das Projekt mit Nachdruck voran. Ziel ist es, den Bürgerinnen und Bürgern der Eurozone künftig eine staatlich abgesicherte, digitale Zahlungsmöglichkeit anzubieten – zusätzlich zu Bargeld und bestehenden digitalen Bezahlsystemen.

Seit Oktober 2023 befindet sich das Vorhaben in der Vorbereitungsphase. Diese soll zwei Jahre dauern und klärt zentrale Fragen: Wie wird der digitale Euro technisch umgesetzt? Wer darf ihn herausgeben? Wie wird die Privatsphäre geschützt? Und wie lässt sich verhindern, dass Banken ins Hintertreffen geraten?

Welche Gefahren digitales Staatsgeld birgt

Viele Argumente gegen den digitalen Euro wirken auf den ersten Blick abstrakt – doch bei genauer Betrachtung zeigen sich konkrete Risiken, die bei einer falschen Ausgestaltung Realität werden könnten.

  • Überwachung: Zahlungen mit einem digitalen Zentralbankkonto könnten zentral erfasst und rückverfolgt werden – trotz EZB-Versprechen zu Datenschutz und Anonymität bleibt unklar, ob diese Schutzmechanismen dauerhaft bestehen.
  • Zensur: Auch wenn es in rechtsstaatlichen Demokratien unwahrscheinlich ist, könnte digitales Zentralbankgeld prinzipiell zur Zensur von Zahlungen und zur wirtschaftlichen Isolation Einzelner missbraucht werden, wie es in autoritären Staaten denkbar wäre.
  • Negative Zinsen: Ein digitales Guthaben bei der Zentralbank könnte theoretisch direkt mit Strafzinsen belegt werden, was einem Eingriff in das Eigentum der Sparer gleichkäme – im Gegensatz zu Bargeld, das sich solchen Maßnahmen entzieht.

All diese Szenarien müssen nicht eintreten, aber sie zeigen, dass die Einführung digitalen Zentralbankgeldes kein rein technisches Projekt ist, sondern ein tiefgreifender Eingriff in das Geld- und Finanzsystem.

Fest steht zumindest: Der digitale Euro soll kein Spekulationsobjekt sein wie Kryptowährungen und keine Zinsen abwerfen. Er wäre also reines Zahlungsmittel – für den Einkauf im Supermarkt genauso wie für Online-Transaktionen. Die EZB verspricht zudem, dass der digitale Euro das Bargeld nicht ersetzen, sondern ergänzen soll.

Doch diese Zusicherungen reichen vielen Kritikern nicht aus.

Breite Kritik aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft

Die Pläne der EZB stoßen in Europa auf Widerstand, und das aus ganz unterschiedlichen Richtungen.

  • In der Politik äußern konservative und liberale Stimmen Zweifel an der Notwendigkeit eines digitalen Euro. Sie befürchten eine schleichende Abschaffung des Bargelds, Einschränkungen der Privatsphäre und eine wachsende Abhängigkeit von staatlichen Zahlungssystemen.
  • Auch die Bankenbranche schlägt Alarm. Eine Studie im Auftrag der europäischen Bankenverbände EBF, EACB und ESBG kommt zum Fazit, dass dies Banken mit bis zu 30 Milliarden Euro belasten könnte – mit Folgen für ihre Kreditvergabe und ihre wirtschaftliche Stabilität.
  • Ökonomen befürchten sogenannte Bank Runs in Echtzeit. Wenn Menschen in einer Krise rasch ihre Bankkonten räumen und Guthaben zum sicheren digitalen Euro verschieben, könnte das den klassischen Bankensektor destabilisieren. Lesen Sie hier, wie ein Bank Run abläuft und welche dramatischen Folgen er haben kann.
  • Datenschützer und Bürgerrechtsorganisationen sehen die Gefahr eines umfassenden Überwachungsinstruments. Selbst wenn die EZB Anonymität bei kleineren Zahlungen zusichert, bleibt die technische Möglichkeit zur Nachverfolgung bestehen.
  • Viele Menschen äußern Zweifel – etwa an der Sicherheit digitaler Systeme oder an der langfristigen Verfügbarkeit von Bargeld.

Die gemeinsame Sorge all dieser Gruppen: Ein digitaler Euro könnte im Geldsystem die Balance zwischen Freiheit, Kontrolle und Vertrauen nachhaltig verschieben.

Wie ein Kompromiss aussehen könnte

Trotz aller Risiken und Kritikpunkte ist die Idee eines digitalen Euro nicht per se verfehlt. Digitale Zahlungen gehören längst zum Alltag. Doch die Infrastruktur dafür liegt derzeit oft in den Händen privater US-Konzerne wie Apple, Google oder PayPal. Ein digitales Zahlungsmittel unter staatlicher Aufsicht könnte mehr Unabhängigkeit, Sicherheit und Stabilität schaffen – vorausgesetzt, es wird verantwortungsvoll gestaltet.

Ein möglicher Kompromiss könnte so aussehen:

  • Der digitale Euro dient ausschließlich als Zahlungsmittel, nicht als Sparkonto.
  • Die EZB übernimmt nur die Infrastruktur, die Kontoführung erfolgt über regulierte Banken und Zahlungsdienstleister.
  • Der digitale Euro soll nicht programmierbar sein, sodass weder die EZB noch der Staat vorschreiben können, wann, wo oder wofür er ausgegeben wird – er bleibt damit so flexibel nutzbar wie Bargeld.
  • Durch Pseudonymisierung und minimal gespeicherte Daten soll der digitale Euro selbst bei Online-Zahlungen nicht auf einzelne Nutzer zurückverfolgbar sein.
  • Es gelten Betragsgrenzen, etwa 3.000 Euro pro Person, um Bankabflüsse ins digitale Zentralbankgeld zu vermeiden und Bank Runs entgegenzuwirken.
  • Bargeld bleibt gesetzlich geschützt und behält seinen Stellenwert.
  • Kleinbeträge können offline und anonym bezahlt werden, ähnlich wie mit Bargeld.

Alternativ oder ergänzend könnten privat herausgegebene, regulierte Stablecoins in den Zahlungsverkehr eingebunden werden. Diese digitalen Euro-Token wären an den echten Euro gebunden, würden der EU-Regulierung (MiCA-Verordnung) unterliegen und könnten durch Banken oder Fintechs bereitgestellt werden – unter staatlicher Aufsicht, aber ohne direkte Kontrolle durch die Zentralbank.

Damit bliebe die staatliche Souveränität im Zahlungswesen erhalten, ohne Bürgerinnen und Bürger unnötig zu bevormunden oder zu überwachen.

Verwendete Quellen

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