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Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Anlagetrend der Woche Donald Trump hat den Dollar abgeschossen

Der Dax boomt, die US-Börsen glänzen – und trotzdem verbrennen viele Anleger gerade Rendite. Ein unscheinbarer Faktor frisst still und heimlich die Gewinne auf.
Die Kapitalmärkte 2025 zeigen sich bisher in Hochform – oder in Aufruhr, je nachdem, wann und wo man hinschaut. Angesichts von Trumps geopolitischen Spielzügen und seiner streitbaren Zollpolitik war die erste Jahreshälfte alles andere als langweilig.
Besonders deutlich wurde das am US-Dollar, der sich nicht etwa festigte, sondern spektakulär ins Abseits manövrierte: Gegenüber dem Euro rutschte der Greenback auf den tiefsten Stand seit dreieinhalb Jahren. "Vor allem war es aber die schlechteste Performance des Dollars zum Euro seit Jahrzehnten", so die Experten vom Smartbroker in einer Auswertung.
Es fällt dann doch auf
Privatanleger kümmern sich selten um Wechselkurse. Zu komplex, zu weit weg vom Tagesgeschäft. Im persönlichen Portfolio fällt der starke Dollar aber doch negativ auf, wenn man eine große Orientierung Richtung USA hat. Denn der starke Dollar hat einen erheblichen Teil der bisherigen Rendite im Jahr 2025 aufgezehrt.
Abzulesen war dies auch im Zertifikatesektor, wo Bonuspapiere auf Nasdaq oder S&P 500 in US-Dollar ausgezahlt werden und dann die abstürzende Währung genauso ihre Spuren hinterlässt wie in einem ETF, der auf US-Dollar gerechnet wird.
2025 zeigte eindrucksvoll: Wer die Devise nicht kennt, zahlt drauf. In lokaler Währung sieht die Zwischenbilanz zwar glänzend aus: Der Dax legte über 20 Prozent zu, das beste erste Halbjahr seit 2007. Auch im Vergleich zum Euro Stoxx 50 mit plus acht Prozent oder den US-Indizes mit Gewinnen von vier bis sechs Prozent ein starkes Ergebnis.

Zur Person
Daniel Saurenz ist Finanzjournalist, Börsianer aus Leidenschaft und Gründer von Feingold Research. Mit seinem Team hat er insgesamt mehr als 150 Jahre Börsenerfahrung und bündelt Börsenpsychologie, technische Analyse, Produkt- und Marktexpertise. Bei t-online schreibt er über Investments und die Lage an den Märkten. Sie erreichen ihn auf seinem Portal feingoldresearch.de. Alle Gastbeiträge von Daniel Saurenz lesen Sie hier.
Über den großen Teich
Aus Euro-Sicht verwandelte sich der Blick über den Atlantik in ein Lehrstück für Währungsrisiken: Der Euro kletterte seit Februar um satte 15 Prozent auf 1,18 USD – ein Niveau, das zuletzt 2021 aufgerufen wurde. Die Folge: Die Gewinne in Dow, S&P und Co. verpufften im Umrechnungskurs. Statt Rendite blieb ein Minus von bis zu zehn Prozent.
Umgekehrt sieht's für US-Anleger rosig aus. Laut Daten der Börse München hat sich der Dax aus Dollar-Perspektive mit satten 30 Prozent verteuert – ein Geschenk, das man nicht alle Tage bekommt. Amerikaner haben in Europa also doppelt Spaß und auch deshalb wurde der Dax forciert bis in Richtung 25.000 Zähler gekauft.
Tanker dreht
Devisenmärkte können verglichen werden mit Tankern auf hoher See: Richtungswechsel sind selten, aber dafür nachhaltig. Einen vergleichbaren Schub beim Währungspaar EUR/USD gab es in den vergangenen 15 Jahren nur etwa dreimal. Auf solche Phasen folgten meist Verschnaufpausen oder Rücksetzer.
Aktuell handelt das Währungspaar zudem rund sieben Prozent über dem 200-Tage-Durchschnitt: Aus technischer Sicht ist dies sportlich und das Markt-Sentiment überhitzt. Die beliebteste Wette am Markt lautet aktuell "Dollar short" – also spekulieren auf einen weiter fallenden US-Dollar. Das, was alle tun, geht aber oft dann doch nicht auf.
Druck und Gegendruck
Fundamental stehen sich zwei Kräfte gegenüber: Auf der einen Seite der Dollar, gestützt durch hohe US-Zinsen, die aber aufgrund der strammen US-Verschuldung immer mehr zum Problem werden. Auf der anderen Seite der politische Druck aus Washington: Die Regierung wünscht sich einen schwachen Dollar, um die Exportwirtschaft anzukurbeln. US-Präsident Trump lässt daran kaum Zweifel, auch wenn er damit die Unabhängigkeit der amerikanischen Notenbank (Fed) testet.
Fed-Chef Jerome Powell dürfte genau deshalb nicht vorschnell liefern. Zwar signalisieren erste Notenbanker durchaus Bereitschaft zu Zinssenkungen, doch der politische Lärm aus dem Weißen Haus wirkt wie ein Bumerang. Denn wenn der Präsident zu oft auf die Notenbank zielt, wird Powell umso stärker auf seine Unabhängigkeit pochen. Die Türkei lässt grüßen.
Dollar-Comeback möglich?
Die Argumente für einen stärkeren Dollar sind bekannt und größtenteils eingepreist. Neue Impulse wären nötig, um die Euro-Rally weiter zu befeuern. Doch der Markt tut selten das Erwartbare. Gerade weil nun alle auf eine Euro-Rally setzen, könnte die Gegenbewegung bevorstehen. Der Dollar als Comeback-Kandidat? Nicht ausgeschlossen. Anleger, die das Währungsrisiko auf dem Zettel haben, könnten sich bald freuen, nur dieses Mal auf der anderen Seite des Atlantiks.
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